Von Huancaveli aus geht es weiter über die Hochfläche zum Konvent Santa Rosa. Hier wurden vor Jahrhunderten die Priester für ihren Einsatz im Amazonasgebiet geschult. Die letzte Andenetappe ist Oroya, eine Minenstadt in all ihrer Hässlichkeit. Dann geht es wieder hinunter nach Lima. Es ist eine "verrückte" Abfahrt, zunächst über einen 4800 m hohen Pass und dann in endlosen Kehren durch ein steiles Tal.

In Lima übernachten wir dann in einem Luxusschuppen, ehe Marion nach Hause schwebt. Ich selber bringe das Womo über die folgenden 6 Wochen nach Paraguay.

Dienstag, 12.05.2015 Bevor wir nach dem Frühstück endgültig aus der Stadt fahren können, gibt es noch einen Disput mit einigen Bauarbeitern. Wir stehen in einer Sackgasse und die haben quer über die Straße (in Richtung zur nächsten Straße) einen Kanal gegraben, um irgendwelche Kabel neu zu verlegen. Es rührt sie überhaupt nicht, dass wir sozusagen „gefangen“ sind und unseren Platz nicht verlassen können (der Kanal ist bereits zu tief, als das wir ihn queren können), ungerührt graben sie weiter. Es stört sie auch nicht, dass Hartmut einem der Bauarbeiter eine Schaufel entreißt und beginnt, den Kanal an einer Stelle wieder zuzuschütten, sie graben an anderer Stelle lustig weiter. Auch als nach 20 Minuten ein Touristenpolizeiauto des Weges kommt und uns zur Hilfe eilt, kümmert sie das nicht. Die Polizei muss erst recht energisch werden, ehe sie Hartmut beim Zuschütten des Kanals helfen. Es dauert dann immer noch 20 Minuten, ehe der Kanal soweit zugeschüttet ist, dass er für uns passierbar ist. Es ist schon lustig, die hatten den Auftrag bekommen, den Kanal zu graben aber nicht zu prüfen, ob die Straße dahinter frei ist. Das jedes Auto so über vielleicht Tage „gefangen“ war, kümmerte sie nicht. Der „Blaumilchkanal“ (von Ephraim Kishon ) lässt grüßen!!

Auch heute müssen wir eine lange Strecke bewältigen, bis wir nach Huancayo kommen. Auf relativ gut ausgebauter Straße fahren wir über eine weite Hochfläche. Hier werden Getreide und Kartoffeln angebaut. Gerste, Hafer und weißer und roter Amaranth wechseln sich ab. Besonders schön sind die roten Amaranthfelder, die in der Sonne leuchten.

Als wir nach Huancayo kommen, sind es noch 20 Kilometer leidlich fahrbare, und 6 Kilometer eigentlich nicht mehr akzeptable Straße, bis wir am Kloster „Convento Santa Rosa“ angekommen sind. Da sich die Klostertore eine halbe Stunde zuvor geschlossen haben, bleibt nur der ruhige Platz vor dem Kloster. 

Mittwoch, 13.05.2015 Der letzte Übernachtungsort vor Lima wird La Oroya sein. In der Umgebung von La Oroya werden Kohle und verschiedene Erze im großen Stil ab gebaut. Je näher wir der Stadt kommen, desto hässlicher wird die Umgebung. Überall sehen wir Zufahrtstraßen zu gerade noch erkennbaren Minen, wir fahren an Auffangbecken vorbei, deren Inhalt nicht gesund ausschauen. La Oroya liegt in einem engen Tal, und ist verkehrstechnisch eine Katastrophe, baulich so ziemlich das Hässlichste, was man sich vorstellen kann. Die Hosteria hat zwar ein Parquadero, liegt aber direkt an der einzigen Durchgangsstraße, durch die sich mit lautem Getöse der gesamte Verkehr, inclusive Schwerlastverkehr wälzt. Der Lärm ist unglaublich. Wir packen unsere Wertsachen, und flüchten in eines der hinteren Zimmer mit Bad, aber ohne Fenster. Hartmut hat sich den Magen verkorkst, und liegt wie ein Toter auf dem Bett. Er bekommt von mir noch eine Tablette verpasst, dann schläft er auch schon erschöpft ein.

 

Donnerstag, 14.05.2015 Da wir so schnell wie möglich nach Lima wollen (um dem nachmittäglichen Stau zu entgehen), fahren wir früh los. Die Strecke windet sich in endlosen Kurven durch ein extrem enges Tal. Durch den Schwerlastverkehr haben sich tiefe Spurrillen gebildet.Wir kommen uns vor, wie auf einer Langlauf-Piste. Während der Fahrt bewundern wir immer wieder die berühmt Eisenbahnstrecke, die von Lima aus, über La Oroya bis nach Huancayo führt. Die Strecke führt an steilsten Berghängen entlang, durchquert Tunnel, die Bahn überquert in einem Ort sogar ein Stück der Straße über eine überaus gebrechlich wirkende Stahlkonstruktion aus dem letzten Jahrhundert. Als wir nach Lima hineinfahren, freuen wir uns auf ein paar ruhige „Urlaubstage“ im gebuchten Luxushotel, mit Garage.

Leider stellen wir sofort fest, dass die zugesicherte Mindesthöhe ein fake ist. Wie hatten wir glauben können, mit unserem Fahrzeug in die Tiefgarage eines Hotels im Nobelviertel Miraflores fahren zu können??? Aber auf meine mehrfache Anfrage gestern in La Oroya bezüglich der Höhe (unser Womo ist fast 3 m hoch) wurde mir mehrfach mit „ausreichend“ geantwortet.Was soll man da noch sagen??

Letzte Rettung ist der Club Germania. Aber es dauert mehr, wie eine Stunde, bis ich die Damen vom Büro davon überzeugen kann, dass wir keine fahrenden Leute sind ,und keine bösen Absichten hegen. Madame Präsidentin ist leider verreist, und unsere Unterlagen sind nicht auf zu finden. Ich merke richtig, wie die kleinen Büromiezen ihre Macht auskosten, und mich zappeln lassen. Aber obwohl ich innerlich koche, gebe ich auch nicht so einfach klein bei. Schließlich dürfen wir immerhin um halb zehn auf das Gelände fahren. Die Nachtwächter kennen uns noch von letzten Mal, und begrüßen uns herzlich.

Wir sind beide so sauer, dass Hartmut am gleichen Abend im 5 Sterne Luxus-Schuppen „Country Club Lima Hotel“ ein Zimmer vorbestellt. So was soll uns nicht noch mal passieren. Dort können wir unser Womo gesichert abstellen.

Freitag, 15.05.2015 Wir machen uns auf den Weg zu unserem Luxus-Schuppen. Ich träume schon vom Garten, in dem ich zwei Tage nichts als Nichtstun verbringen möchte. Man soll sich nicht zu früh freuen: Das Hotel liegt an einer Hauptverkehrsverbindung, ein wenig nach hinten versetzt, hat statt eines eingezäunten Parkareals nur Parkplätze direkt vor der Tür (die aber durchaus bewacht werden), und nennt ein Spucknäpfchen als Garten sein eigen. Dort hält sich auch Niemand auf. Das Hotel ist ein Tagungshotel, teuer und gediegen in der Ausstattung (vergoldete Armaturen im Bad), sogar das Frühstück kostet Geld, für schlappe 20 Euro pro Nase darf man das Buffet stürmen. Wir sind platt. Kronleuchter und Blumenbuketts ohne Ende, aber kein Garten (Country Club Hotel). Nach hinten raus ist ein großes „Clubgelände“ mit diversen Animationen, einem großen Swimmingpool, überdachten Sportgeländen und (am Wochenende) voller Leute. Es gehört nicht zum Hotel und wir können zum ersten Mal in unserem Leben Caraoke mit Lifeband bewundern.

Nach der ersten Enttäuschung ergeben wir uns in unser Schicksal, und relaxen im Zimmer. Die letzten Fahrtage waren doch so anstrengend, dass es uns leicht fällt, einfach auf unseren vier Buchstaben zu hocken, und außer Lesen, Baden, ein paar Blusen waschen, Fernsehen und Telefonieren, nichts zu tun. Wir genießen das warme Bad, die vergoldeten Armaturen und den ganzen Luxus eines Edelhotels.

 

Samstag, 16.05.2015 Auch heute ist noch Faulenzen angesagt. Wir frühstücken zum Erstaunen der Security-Leute im Womo. Wir frühstücken eh nur bescheiden, wichtig ist einzig und allein die Kaffeequalität, und die ist bei uns im WoMo allemal besser! Auch heute ist unser Ruhebedürfnis größer, als der Drang nach Sighseeing. So trödeln wir uns durch den Tag, und laufen am Abend ein wenig durch die Gegend, um ein akzeptables Restaurant zu finden. Am Abend gibt es aauf dem Computer sogar noch einen Tatort, wie zu Hause!!!

 

Sonntag, 18.05.2015 Heute nun ist die letzte Gelegenheit, endlich die Altstadt von Lima etwas zu durchstreifen. Mit dem Taxi fahren wir zum Plaza Mayor in der Altstadt, und erleben dort die sonntägliche Wachablösung, inclusive Präsident, der auf der Treppe seiner Residenz das Geschehen verfolgt. Die Wachablösung ist eine einzige große Pferdeschau, sozusagen die Wiener Hofreitschule auf Südamerikanisch. Zusammengefasst: Tolle Pferde, tolle Rhythmen, fesche junge Männer in feschen Fantasieuniformen, riesiger Spaß.

Danach erkunden wir ein wenig die Gegend, gehen etwas essen, und besichtigen noch einige der herrlich ausgeschmückten Kirchen. Dann nehmen wir ein Taxi zurück ins Hotel. Der Abschiedstag für mich ist wirklich gelungen.

 

Montag, 18.05.2015 Heute heißt es Abschied nehmen, da ich den Heimflug antrete. Die Gründe sind vielfältig, Sehnsucht nach den Enkeln, eine längere Zahnbehandlung, usw... usw.... Hartmut wäre wohl mit geflogen, aber er muss das Auto jetzt nach Paraguay bringen. Von dort kann Hartmut ohne Fahrzeug ausreisen, und nach drei Monaten mit Fahrzeug wieder ausreisen. Das wäre in Peru oder Bolivien eben nicht gegangen. Weil der Autoverkehr in Lima mörderisch ist, und Staus auch unverhofft auftreten können, machen wir uns frühzeitig auf den Weg. Hartmut fährt mich mit dem WoMo zum Flughafen. Auf dem Parkplatz können wir sogar noch ein Mittagsschläfchen machen, und gemütlich einen Kaffee trinken. Dann muss ich los. Ich freue mich auf zu Hause, lasse meinen Gatten aber nur ungern allein ziehen. Wie er die nächsten 6 Wochen wohl klar kommt? wir werden es sehen. Hartmut holt einen Gepäckwagen, packt meine Sachen drauf, dann Abschiedsküsse, wir trennen uns, ich fliege, er fährt. Ab jetzt ist Hartmut auch für den schriftlichen Teil der Webseite zuständig.

Ich (Hartmut) fahre wieder zurück zum Club Germania und hoffe, dort übernachten zu können. Es sind 22 km bis dort hin, durch die Ruschhour dauert es trotzdem 1 ½ h, bis ich dort bin. Im Club gehe ich gleich hoch ins Sekreteriat, ich darf erneut über Nacht stehen. 

Von Lima aus werde ich die nächsten 6 Wochen alleine fahren, Ziel ist Paraguay, wo ich das WoMo für 3 Monate abstellen möchte.

Die 440 km bis Nazca fahre ich in einem Tag (die Panamericana ist hier sehr gut). Nach einem "Ausruhtag" (mit viel Internetarbeit) in Nazca fahre ich auf die Hochfläche Richtung Cusco. Eigentlich möchte ich die Strecke in zwei tagen "schaffen", aber die Straße dorthin wird partiell erneuert, was zu langen Wartezeiten führte. Deshalb wurden drei Tage daraus.

Die Hochfläche Richtung Cusco ist ganz schön hoch (so 4300 - 4500 m). Um so erstaunlicher ist es, dass ich plötzlich mehrere Fahrradfahrer treffe, die nicht nur die vielen Höhenmeter bewältigt haben müssen, sondern auch die Frosttemperaturen beim Zelten auf der Hochfläche.

Richtung Cusco gibt es zwei tolle Flusstäler mit wenig Verkehr auf der Straße und deshalb vielen Möglichkeiten, anzuhalten und die Landschaft zu genießen.

Cusco ist (neben Machu Picchu) das Touristenhighlight von Peru. Ich bleibe 4 Tage hier, dann geht es aber weiter nach Ollantaybambo, wo ich das Womo bei einem Hotel abstelle. Mit dem Zug fahre ich dann nach Aquas Caliente (für teures Geld) und mit dem Bus (auch für teures Geld) hoch nach Machu Picchu. Für teures Geld verbringe ich dann einen ganzen Tag in der Ruinenstadt. (mit hunderten von Fotos) und fahre abends mit dem Zug zurück nach Ollantaybambo.

Dienstag, 19.05.2015 Um den Club herum „tobt“ der Verkehr. Ich stehe auf dem Clubgelände im Lärmschatten von ein paar Häusern, trotzdem ist es recht laut: Ich bin deshalb froh, endlich aus diesem Stadtmoloch weg zu kommen.

Heute soll es wieder bis Nazca gehen, immerhin 440 km. Es ist diesig, er nieselt sogar etwas, ich komme zum ersten Mal in den Genuß des berüchtigten Lima-Nebels (erst zum Mittag klart es auf). Wieder geht es über die Panamericana gen Süden, vorbei an all den Ortschaften, die ich schon kenne. Erst kurz vor Nazca halte ich öfters an, um Bilder zu machen. So alleine fällt es mir doch leichter, die Fahrt immer wieder für Fotos zu unterbrechen, als wenn Marion neben mir sitzt. Um 17 Uhr bin ich wieder am Hotel San Marcelo, wo mich der Besitzer gleich mit der Frage begrüßt, ich habe die Wäsche vom letzten Mal nicht bezahlt. Ich widerspreche, ich hatte das Waschgeld zusammen mit dem Übernachtungsgeld einer Frau dort gegeben (alle anderen waren beim letzten Mal ausgeflogen). Die Nacht ist wunderbar ruhig, ich muss sagen, dass ich die kleineren Ortschaften viel mehr liebe, als die Stadtmoloche wie Lima.


Mittwoch, 20.05.2015 Und wirklich kommt die Frau am nächsten Tag voller Scham bei mir vorbei und gibt mir alles Geld vom letzten Mal zurück (immerhin ca. 42 €). Sie hatte überhaupt nicht damit gerechnet, das ich nochmal im Hotel auftauche und wollte alles Geld für sich selber einstecken. Ich reiche das Geld dem Hotelmanager weiter und erkläre ihm den Vorgang. Ich weiß nicht, ob er sie behält, ich selber würde eine so untreue Mitarbeiterin nicht weiter beschäftigen.

Um 10 Uhr rufe ich den Sohn Patrick an, Marin ist gerade eingetrudelt, der Flug ist prächtig verlaufen (Businesklasse ist eben keine Holzklasse). Den weiteren Tag über bleibe ich im Hotel (Webseite schreiben, Bilder richten), nachnmittags und abends gibt es dann noch den Musikgenuß der besonderen Art. Eine Musikband stellt ihre Anlage hinten im Hotel auf, viele Gäste kommen mit Anzügen und großen Autos ins Hotel und dann höre ich die ganze Zeit Karaokemusik vom schlimmsten. Zum Glück hört das ganze aber schon deutlich vor 9 Uhr abends auf und ich habe wieder eine ruige Nacht.


Donnerstag, 21.05.2015 Ich will möglichst nah an Cusco herankommen, deshalb stehe ich früh auf und fahre auch früh los. Leider vergeblich, denn gleich zu Beginn der Straße von Nazca nach Cusco sehe ich ein Schild, das große Baumaßnahmen ankündigt mit mehreren Totalsperrungen der Straße.

Zunächst geht es aber glatt durch. Die Straße schraubt sich in einer Wüstenlandschaft hoch, dann kommt wieder das Grasland, dann das Reserva Nacional Pampa Galeras, eine endlos weite Graslandschaft ohne jede Besiedlung. Ich sehe immer wieder Vicunias auf der Pampa stehen, mache diverse Bilder.

Kurz hinter einer Mautstelle (die 65 km sind schon längst abgefahren) dann die erste Baustelle, ich werde gleich durchgewunken und viele km fahren wir einspurig auf neu asphaltierter Straße. Dann das andere Ende, eine endlos lange Schlange von Fahrzeugen wartet drauf, durchgelassen zu werden, da habe ich aber Glück gehabt.

Ein wenig später stehe ich aber dann vor der zweiten Fahrzeugschlange. Hier muss ich bald 1 ½ h warten, ehe es weiter geht. Derweil rätsele ich, wo ich übernachten soll. Hinter dem Ort Puquio geht es eine lange Strecke über das Puna-Hochland mit deutlich über 4000 m. Ein Übernachtungsort aus dem iOverlander liegt sogar auf 4500 m, für mich als höhenentwöhnter Mensch deutlich zu hoch. Deshalb bleibe ich notgedrungen in Puquio auf 3300 m und stell mich dort einfach an die Seite einer Einbahnstraße mitten im Ort.


Freitag, 22.05.2015 Diese Entscheidung war richtig, geht es doch am nächsten Tag sehr lange über eine Hochfläche mit 4400 bis 4500 m. Sie ist endlos lang und hat eine wunderbar klare Luft, ich fahre an Seen vorbei und in der Ferne sieht man schneebedeckte Berge. Ich fahre an großen Alpaka-Herden vorbei und sehe wieder die Vicunias. Dazu sehe ich (zum ersten mal seit langem) wieder Fahrradfahrer, insgesamt 2 Paare und ein Einzelreisender. Es ist eine tolle Leistung, hier mit dem Fahrrad zu fahren und im Zelt den Frost der Nacht zu ertragen.

Seit Lima huste ich, am Abend wächst er zu regelrechten Hustenattacken aus und ich fühle mich total schlapp. Ich beginne, die Höhe körperlich zu spüren und bin froh, als es nach vielen Kilometern endlich wieder hinunter geht. Ich fahre in das Tal des Rio Huanca hinunter, von 4500 m auf 2900 m. Wieder die tollen „Flugzeugblicke“, endlose Kehren und dann geht es bestimmt 100 km den Fluss entlang, von 2900 m auf unter 2000 m hinunter. Es ist ein schmales Tal mit reißendem Fluss und hohen Bergen rundherum. Es gibt nur wenig Verkehr und ich kann jederzeit anhalten, es ist eine wirklich tolle Fahrt. Im kleinen Ort Yakka gibt es einen „echten“ Campingplatz, hier bleibe ich, haben mich die 275 km heute (und der Husten) doch recht geschafft.


Samstag, 23.05.2015 Heute will ich endlich bis Cusco kommen. Zunächst geht es noch etwas entlang des Rio Huanca. Dann verlässt die Straße den Fluss und führt durch den Ort Abancay (ein typisch hässlicher peruanischer Gebirgsort, marode Häuser und Straßen, alles sehr steil) und dann in hunderten von Serpentinen wieder hinauf auf die Punafläche, immerhin von 1800 m auf 4000 m. Nach kurzer „Punastrecke“ geht es erneut hinunter, ins Tal des Rio Apurimac hinein. Heute ist totale Kurbelei angesagt. Es ist eine unglaublich steile Flusstal-Landschaft, der Fluss tiefgrün und reißend, die Berge wahnsinnig steil und sogar etwas bewachsen, es ist eine total surreale Landschaft. Ich halte immer wieder an und bestaune die steile Andenlandschaft, ein Genuss.

Und gleich geht es wieder hoch, von 1800 m auf 3700 m (wieder in vielen Serpentinen). Die Hochfläche von Cusco ist sehr fruchtbar, die Inkas wussten schon, warum sie hier ihre Hauptstadt errichtet haben. Entsprechend dicht ist die Gegend auch heute besiedelt.

Sonntag bis Mittwoch, 24, bis 27.05.2015 Cusco liegt auf 3300 m und der Campingplatz auf 3550 m Höhe, entsprechend frisch ist es in der Nacht. So alleine im Womo „produziert“ man weniger Abwärme. Nachts kühlt es im Womo auf 6 - auf 8°C ab und man wartet morgens gerne etwas, bis die Sonne das WoMo-Innere ein bisschen aufgeheizt hat. So komme ich morgens leider nicht all zu früh aus dem Bett. Mein Husten quält mich, ich fühle mich schlapp und kaputt. Es ist ein allergischer Husten (vielleicht vom Quinoa, der überall blüht) und so bleibe ich den ersten Tag in Cusco auf dem Campingplatz. Ich ruhe mich aus, tanke etwas Sonne, arbeite etwas an der Webseite und mach so dies und das.

Die irische Familie hat 20 Jahre in den USA gearbeitet und will jetzt zurück nach Irland. Da ihr der direkte Weg vom Staate Washington nach Hause zu kurz war, haben sie einen etwas längeren Umweg gewählt (zuerst durch Zentral- und Südamerika und dann von Montevideo aus nach Irland). Jetzt stehen sie so am Ende dieser Reise und sind ganz gespannt auf Irland. Die Frau ist ein gastfreudiges Wesen und da auf dem Campingplatz mehrere einsame Herzen anwesend sind, hat sie uns alle zu einem Abendessen in der Miniküche des Campingplatzes eingeladen. So endet der erste Tag in Cusco ganz lustig, wir drängeln uns alle im Miniraum und achten drauf, dass die Tür stets geschlossen ist (draußen ist es lausekalt), ich habe etwas Rotwein spendiert und unterhalte alle Leute mit meinen Hustenorgien. Als krankes Wesen kann ich einen der wenigen Stühle okkupieren und wir unterhalten uns über dies und das, wobei ich im englischen Stakkato der vielen Leute leider nicht alles verstehe.

Die anderen drei Tage laufe ich so um 11 Uhr hinunter in die Altstadt, tingele so 5 – 6 h durch Straßen und Kirchen und fahre dann mit dem Taxi zurück. Cusco war ja die Hauptstadt des Incareiches und ist seit 1983 Welterbe-Kulturstadt der Unesco. Leider steht von den alten Incabauten nicht viel, die Spanier haben im Laufe der Jahrhunderte praktisch alle alten Bauten zerstört, wobei die übrig gebliebenen Grundmauern manchmal als Basis für die neuen Gebäude dienten.

Cusco steht in einer erdbebengefährdeten Gegend und immer wieder haben Erdbeben die Stadt zerstört, so z.B. 1950, 1/3 der Stadt wurde dabei zerstört. Dabei stellte es sich heraus, dass die alten Incamauern sehr viel stabiler waren als die neueren Gebäude, die alten Inca-Fundamente blieben stehen, die Häuser darüber fielen zusammen. Wegen dieser Erdbeben gibt es leider nur wenige wirklich alten Gebäude in der Stadt zu sehen.

Beeindruckend sind die alten Grundmauern, die man teilweise noch sehen kann. Sie sind in perfekter Inca-Bauweise gefertigt, ohne jeden Mörtel und nicht mal ein Messer passt in die Fugen hinein. Am besten sind die Reste in der Straße Hatun Rumiyoq zu sehen. Hier stand früher der Palast des Inca Roca, später wurde auf dessen Grundmauern die Residenz des Erzbischofs errichtet. Ich bin um fast den ganzen Bischofspalast herumgegangen und habe die perfekten Mauern bewundert. Die Straße Hatun Rumiyoq beginnt bei dem Plaza de Armas, dem zentralen Platz von Alt-Cusco. Viele Stunden habe ich hier auf den Parkbänken gesessen und die Stimmung dieses wundervollen Platzes aufgesaugt. Vor allem abends herrschte ein wundervolles Sonnenlicht für die Kathedrale und der Jesuitenkirche. Netterweise war dies auch ein guter Startpunkt für die Taxi-Rückfahrt, so dass ich den Platz in aller Ruhe genießen konnte, ehe ich mich wieder zum Campoingplatz auf den Weg machte.

Bzgl. der Eintrittspreise liegt Cusco eher am oberen Ende der Preisskala. Kathedrale und Jesuitenkirche kosten je 25 Soles (ca 8 €), wobei man nicht mal im Inneren fotografieren darf. So konnte ich alle Bilder nur aus der Hüfte schießen, die meisten sind mir dabei nicht so gut gelungen. Aber man sieht in diesen Kirchen zumindest einen Teil des alten Incagoldes in Form von prächtigen vergoldeten Altären. Dann kann man für 40 € einen Sammeleintritt für eine Reihe weiterer Sehenswürdigkeiten kaufen. Diese (z.B. die Inca-Festung Saksaywaman oberhalb Cusco) können nur mit dieser Sammelkarte besichtigt werden, es gibt kein „Ticket an der Abendkasse“. Da ich die 40 € als etwas überteuert empfinde, habe ich die Steine der Festung nur von außen bewundert.

Das bedeutendste Heiligtum der Inca war der Sonnentempel. Hier war soviel Gold und Edelsteine angesammelt, dass die Spanier diesen Tempel als erstes geplündert und zerstört haben. Die Spanier bauten später den Convent von Santo Domingo über die alten Tempelanlagen. Von der alten Anlage sind nur noch eine gebogene Außenmauer in absolut perfekter Incabauweise zu sehen und einige Inca-Räume im Inneren, die aber wirklich sehr gut erhalten sind. Dies sind auch die einzigen Gebäude, die einem zumindest ein wenig die Incaarchitektur nahe bringen. Ansonsten ist nur wenig von den Incas in der Stadt zu sehen.

Als das Touristenzentrum von Peru ist die Altstadt gefüllt mit Restaurants, Läden für allerlei Schnickschnack, Tour-Büros, Hotels und vieles weitere, was ein Touristenherz so liebt. Touristen füllen auch die Straßen und natürlich auch viele Peruaner, die irgend etwas an Touristen losschlagen wollen. Man kann recht gut essen in dieser Stadt (die Auswahl an Restaurants ist riesig) und man kann in einem oben offenen Doppeldecker die Stadt erkunden. Leider habe ich das gemacht. Da die Busse recht groß sind, können diese nur wenig durch die Altstadt fahren. Entsprechend gründlicher wird einem das neuere Cusco gezeigt. Als typisch südamerikanische Stadt ist dieser Teil von Cusco nur wenig reizvoll, so dass man sich diese Bustour wirklich sparen kann.

Der Besuch des naheliegenden Machu Picchus ist limitiert. Deshalb ist es empfehlenswert, mindestens 2 Tage vorher die Eintrittstickets zu kaufen. Auch die Züge dahin sind (trotz horrender Preise) oft ausgebucht, deshalb habe ich in Cusco Zugtickets und Eintrittsticket für Machu Picchu gekauft. Sonst steht man z.B. in Ollantaybambo am Bahnhof und kommt nicht weiter Richtung Machu Picchu oder man ist für 120 € (hin- und zurück) mit dem Bummelzug nach Aquas Caliente gefahren und bekommt dort kein Eintrittsticket.

Der Campingplatz füllte sich in den drei Tagen immer mehr mit fahrenden Leuten, wobei ich nur wenig Kontakt zu den weiteren Ankömmlingen habe. Am Dienstag Abend standen dann aber Ute und Volker aus Stuttgart auf dem Platz, die wir schon in Cuenca in Ecuador getroffen hatten. Wir tauschen den jeweiligen Reiseablauf seit Cuenca aus. Wir werden uns in der nächsten Zeit noch ein paarmal unterwegs treffen.

Donnerstag, 28.05.2015 Heute soll es nach Machu Picchu, bzw. nach Ollantaybambo gehen. Die Nacht war recht kalt (4°C) und so komme ich erst später aus dem Bett. Ich verabschiede mich von all den Travellern hier und komme erst um 11 Uhr im Nieselregen los. Zum Glück geht die Fahrt nach Ollantaybambo nicht durch das Stadtinnere von Cusco hindurch (was ein Alptraum ist) , sondern es geht hinter dem Campingplatz gleich hoch ins „Gelände“ außerhalb der Stadt. Ich passiere die Incafestung Sascaywaman im Nieselregen, und später noch weitere „Incareste“. Nach einer Hochlandstrecke geht es in vielen Kehren hinunter ins Tal des Rio Urubamba, ins „heilige Tals“ der Incas. Das Tal ist von eindrucksvollen Bergen begrenzt und sehr dicht besiedelt. Jeder Ort wirbt mit irgendwelchen Incaresten, aber von der Straße aus ist nichts eindrucksvolles zu sehen – bis auf fantastische gebaute Terrassenlandschaften, die überall im Tal zu sehen sind. In der Qualität werden sie kaum von modernen Peruanern gebaut worden sein, sondern es müssen Incas gewesen sein. Es sind perfekte Terrassenmauern, die Terrassen ziehen sich teilweise mehrere hundert Meter entlang der Straße.

Vor dem Zielort Ollantaybambo wird das Tal immer enger und immer steiler, in Seitentälern sind schneebedeckte Berge zu sehen. Ollantaybambo selber ist ein Touristenort erster Güte, hier übernachten viele, die mit dem Zug nach Machu Picchu wollen. Oben an Berghängen kann eine Incafestung bewundert werden. Ich übernachte für 30 Soles in der Tunapa Lodge und genieße die Abendsonne (die mittlerweile gekommen ist) in Liegestühlen der Lodge.

Freitag, 29.05.2015 Heute ist Machu Picchu-Tag. 5 Uhr aufstehen, frühstücken, etwas Wegzehrung zubereiten, eine Schirm einpacken (der Himmel ist dick bewölkt) und dann zum Zug. Es ist eine uralte Schmalspurbahn mit rumpelnden Waggons, sehr eng (die schmalen Waggons sind einfach zu schmal für 4 Sitzplätze nebeneinander), genau in Augenhöhe haben die Fenster eine Quersprosse. Mit 40 kmh rumpelt die Bahn das enge Tal entlang, zuerst durch ein fruchtbares Tal, dann wird das Tal immer enger und hat am Ende fast senkrechte Felswände, die gen Himmel streben.

Die Fahrt endet in Aqua Caliente, ein Ort, der von den Bergen fast erdrückt wird. Er wird auch erdrückt von der Unmasse an Souvenirschops, man läuft Spalier an hunderten von Buden vorbei. Um Nach Machu Picchu zu kommen, kann man 10 km zu Fuß laufen oder aber für 12 $ pro Fahrt den Bus nehmen (was ich tue). Es geht ein Stück entlang des Flusses und dann in Serpentinen hoch, die Berge sind unglaublich steil, um 9:15 Uhr bin ich oben.

Oben haut es mich um, die Aussicht ist absolut fantastisch. Die Ruinen auf dem Bergsattel, daneben die unglaublich steilen Berge, es ist eine „senkrechte stehende Felslandschaft“. Mittlerweile hat sich das Wetter gebessert und die Sonne kommt heraus, es wird buttenwarm und ich ziehe Pullover und Jacke aus und tue beides in den Rucksack. Zuerst keuche ich einen steilen Berg hoch bis zu den obersten Terrassen mit dem berühmten Machu Picchu-Blick. Ich kann den Blick auf die Ruinen und die fantastische Bergwelt kaum fassen, es ist wirklich unglaublich.

Die vielen Leute um mich herum haben da andere Gefühle. Sie sitzen mit dem Rücken zu der Ruinen auf den Terrassen und unterhalten sich laut über dies und das. Es ist mir ein Rätsel, warum sie überhaupt hier sind, sie könnten genauso im Hotel bleiben.

Den Rest des Tages ziehe ich durch die Ruinen. Ruinen ist zu viel gesagt, bei den meisten Gebäuden fehlt nur das Strohdach und die Dachbalken – und natürlich das Mobiliar, dann wäre der Originalzustand wieder hergestellt. Die Kombination aus gut erhaltene Ruinen und der fantastische Bergwelt rund herum bannt mich total. Rund um die Stadt gibt es sehr viele Terrassenfelder in bekannter Incaqualität, immerhin konnte sich die Bevölkerung einst hier selber ernähren. Mitten durch den Ort läuft sogar ein Wasserrinnsaal als Frischwasserzufuhr. Hohe Mauern schützen den Ort nach außen, auch die inneren „Stadtteile“ sind durch Mauern nochmal geschützt, die Stadt war sicherlich gut zu verteidigen

Am späten Nachmittag fahre ich dann per Bus wieder nach Aqua Caliente zurück (wieder 12 $) und dann per Rumpelbahn nach Olliantaybambo. Ich bewundere die Fahrwerksqualität des Zuges – bei der Rumpelei sollte der Zug eigentlich entgleisen, aber er bringt mich ohne Unfall zurück und ich eile zum WoMo.

Mir war der weitere Routenverlauf nicht so klar. Nach einigen Überlegungen habe ich mich dazu entschlossen, nicht den direkten Weg zum Titicacasee zu wählen, sondern einen Umweg über den Colca-Canyon und Arequipa zu wählen. Bis zum Colca-Canyon sind es fast 600 km über den Alitplano, meistens mit Höhen > 4000 m. Von Ollantaybambo aus musste ich mich deshalb etwas sputen, da eine "geeignete" Übernachtungsstelle erst nach 300 km kommt (Altiplano). Von hier aus geht es weiter über eine wunderschöne Alitplano-Strecke zur Reserva Nacional Salinas Y Aguada Blanca mit ihren Seen und Sümpfen. Kurz vor dem Rio Colca gibt es einen Pass mit 4840 m Höhe und toller Fernsicht über schneebedeckte Berge und einem mordshohen aktiven Vulkan. Am Colca-Canyon haben mich die Terassenlandschaften und natürlich die Condore bald mehr begeistert als der Blick in den Canyon. Von hier aus geht es noch einmal durch die Reserva Nacional Salinas Y Aguada Blanca hinunter nach Arequipa. Arequipa liegt in einem Talkessel, umgeben von riesigen (schneebedeckten) Vulkanen. Die Lage (und die Stadtgröße - 900 000 Einwohner) erzeugt leider soviel Smog, dass die Berge von der Stadt aus kaum zu sehen sind.

Samstag, 30.05.2015 Die weitere Route ist mir noch nicht so recht klar, deshalb muss ich morgens erst einmal etwas Routenplanung machen. Nach einigem hin und her entschließe ich mich, doch über den berühmten Colca-Canyon nach Arequipa und von dort aus zum Titicaca-See zu fahren und nicht den direkten Weg zum Titicaca-See zu nehmen. Es sind zwar insgesamt 6 zusätzliche Fahrtage, aber die Strecke scheint sehr reizvoll zu sein. Der Colca Canyon ist der zweit tiefste Canyon der Welt. Die Differenz zwischen den naheliegenden Bergen und dem Fluss betragen fast 3300 m und außerdem ist der Canyon berühmt für seine Condore.

Es sind fast 600 km bis zum Colca-Canyon und der Weg führt über weite Strecken über die Puna-Hochfläche mit deutlich über 4000 m Höhe. Ich möchte aber möglichst nicht höher als 4000 m übernachten, was die Auswahl an geeigneten Übernachtungsplätzen stark limitiert. So gibt es in 280 km Entfernung laut iOverlander eine Übernachtungsmöglichkeit auf 4020 m Höhe, die ich heute ansteuern will. Bis zum Colca-Canyon sind es dann noch einmal 300 km.

Die Fahrt geht wieder durch das Urubambatal, hohe enge Berge, die Sonne scheint wunderbar und dann überhole ich eine wilde Prozession von Indios, viele Leute in tollen Kostümen, tanzend nach wilder Trommelmusik. Ich genieße die Kostümvielfalt, die Trommelwirbel bringen mich in eine meditative Stimmung. Die Leute sammeln sich auf einen Platz unterhalb der Straße und dann passiert – erst einmal nichts mehr. So ziehe ich weiter. Bevor ich wieder zur Panamericana komme, quere ich noch eine große Inca-Mauer, die ein Tal an seiner engsten Stelle fast komplett abriegelt

Bei Sicuan verlasse ich die Panamericana und dann über eine kleinere Straße über endlos weite Puna-Hochflächen, vorbei an der Laguna Langui Layo mit tollen Blicken auf den See und dann über wellige Puna-Landschaft, ich genieße die weiten Blicke, bin aber abends von der kurvigen Fahrt etwas erschöpft.


Sonntag, 31.05.2015 Bis zum Colca-Canyon sind es noch fast 300 km, ich muss mich also sputen. Auf Asphalt komme ich bis Yauri, dann hat mich die Gravelroad wieder. Wieder um mich die weite Punalandschaft, bis eine Riesenmine am Horizont erscheint. Die Straße führt als Klamottenweg weiträumig ums Minengelände, es gibt eine Reihe von Abraumhalden, die in allen Farben schillern. Ich sehe schon mein Tagesziel schwinden, als ich endlich auf eine andere Straße stoße (die PE-38K). Plötzlich zeigt Peru, dass es auch perfekte Gravelroads bauen kann. Ohne Angst vor tiefen Löchern gleite ich mit 60 kmh und mehr über die Straße, es geht endlos über Punaflächen mit > 4000 m Höhe. An einem Stausee gibt es eine Fruchtkontrolle. Ich werde alle meine Uraltapfelsinen los, die Tomaten und Äpfel hatte ich vorher versteckt.

Die Reserva Nacional Salinas Y Aguada Blanca ist eine endlos weite Hochfläche, teilweise sumpfig mit vielen Tümpeln. Die Straße windet sich hoch bis auf über 4800 m, in der Ferne ist der Berg Corupana (6613 m) mit seinen Gletschern zu sehen, direkt daneben ein fast ebenso hoher Vulkan, der Rauch ausspuckt, überall tragen die höheren Berge Schneemützen.

Dann geht es endlose Serpentinen hinunter ins Tal des Rio Colca, der kleine Ort Chivay am Fluss liegt auf 3300 m. 

Für 70 Soles Eintritt (pro Person – ca. 22 €) darf ich weiterfahren, flussabwärts den Colca entlang. Das ganze Tal ist voller Terrassen, im schrägen Sonnenlicht sehen sie wunderbar aus. Nach einem langen einspurigen Tunnel (wehe hier kommt einer entgegen) komme ich dann in die eigentliche Schlucht. Die Colca-Schlucht wird als tiefste Schlucht der Welt beworben, entsprechend großartiges habe ich erwartet. Mit entscheidend für den Eindruck ist aber, wie hoch die Straße über dem Fluss liegt (und nicht wie hoch die Berge insgesamt sind). Ich vergleiche die Colca-Schlucht mit dem Grand Canyon und da ist der Abstand vom North- oder Southrim zum Rio Colorado einfach größer als die Differenz hier von der Straße zum Rio Colca. Ich bin zwar nicht direkt enttäuscht, habe aber doch ein etwas großartigeres Panorama erwartet (ich gebe aber zu, dass der Grand Canyon schwer zu toppen ist).


Montag, 01.06.2015 Morgens bewundere ich vom Frühstück aus die Massen, die zu den Aussichtspunkten am Canyon streben. Wenn sie so früh am Canyon sind, müssen sie ganz schön früh aufgestanden sein (ich bin ja noch nicht mal mit dem Frühstück fertig). Auf Anfrage sagt mir dann ein junges Pärchen, dass sie bereits um 4 Uhr früh in Arequipa losgefahren sind - ganz schön anstrengend, das wäre nichts für mich.

Es gibt diverse Aussichtspunkte ca. hundert Meter unterhalb der Straße, sie sind schön rund gemauert mit Steinbrüstung zum bequemen Sitzen und man hat schöne Blicke in die Schlucht und hinunter zum Rio Colca. Die Schlucht ist berühmt für ihre Condore, gibt es doch nur wenige Stellen in Peru, wo man Condore sehen kann.

Aber erst einmal genieße ich den Blick in die Schlucht von den Aussichtspunkten. Ich wähle den Aussichtspunkt mit dem besten „Condor-Blick“ und setze mich auf die Mauern und warte. Und dann kommen sie. Es müssen so 8 Condore sein, die teilweise direkt unter uns vorbeigleiten. Ich mache dutzende von Fotos, aber die Vögel sind verdammt schnell und es ist schwierig, sie scharf abzubilden. Dann sind es oft Gegenlichtaufnahmen gegen den hellen Himmel, ich bin später nicht so recht begeistert ob meiner Fotoausbeute.

Ich will heute noch nach Arequipa fahren (210 km) und so mache ich mich um 11 Uhr auf den Weg. Zum Glück komme ich ohne Gegenverkehr durch den langen einspurigen Tunnel und dann geht es in endlosen Kehren wieder hoch auf die Punafläche. Ich sehe viele Vicunas und zum ersten Mal einen Wildwechsel von Vicunas über die Straße. Wegen den Vicunas ist das Tempo auf 55 kmh limitiert und da vor mir ein Polizeiauto fährt, halte ich mich auch strickt an die Geschwindigkeit - nicht aber die Peruaner. Sie ziehen mit 80, 90 kmh an uns vorbei und nichts passiert.

Am Horizont steht ein wunderbar regelmäßiger Vulkan, die Straße verläuft über lange Strecken auf 4500 m Höhe, dann geht es über endlose Kehren hinunter in die Stadt Arequipa. Arequipa hat 900 000 Einwohner und entsprechend ist der Verkehr. Von Patrick habe ich die Unterlagen zu einer Rückrufaktion von Toyota per email bekommen (wegen des airbags). Außerdem möchte ich gerne mal die Glühkerzen des Toyotas prüfen lassen, hat der Wagen doch bei Höhen über 3500 m morgens beim ersten Mal gewisse Anspringprobleme. Deshalb halte ich Ausschau nach einem Toyotahändler und richtig, ich sehe einen. Ich bekomme einen Termin für morgen um 10 bis 11 Uhr und fahre beruhigt weiter in die Innenstadt. Ich übernachte beim Hotel Las Mercedes direkt am Rand der Altstadt. Leider liegt das Hotel direkt neben einer stark befahrenen Straße. Ich kann mich aber weiter hinten hinstellen, hier ist der Verkehrslärm erträglich. 

Dienstag, 02.06.2015 bis Freitag, 05.06.2016 Der erste Tag ist mit „Toyota angefüllt“. Ich komme erst um 4 Uhr nachmittags vom Toyota-Händler zurück und da mich mein Husten total quält, verbringe ich den weiteren Tag im wesentlichen im Bett.

Auf dem Hotelgelände steht weiter vorne ein Riesen-Magirus Deutz mit Siegener Nummer. Es sind Simone und Olaf Patt, die seit 2011 in Amerika unterwegs sind (webseite two-vagabonds.de). Sie haben lange in Schwetzingen gelebt (ganz dicht bei Heidelberg) und dann in einem Aussiedlerhof bei Heidelberg (für den Ausbau des Magirus Deutz). Sie kommen also direkt aus unserer Heimat

In den nächsten drei Tagen wandele ich so je 4 Stunden durch Arequipa. Mein Husten quält mich ziemlich, so dass ich nicht länger durch die Stadt laufen kann.

Arequipa hat immerhin 900 000 Einwohner, ist also recht groß. Die Stadt wird überragt von zwei Bilderbuchvulkanen, dem Vulkan Misti (5821 m) und dem Vulkan Nevado Chachani (6075 m). Arequipa selber liegt auf 2350 m, die Vulkan überragen also die Stadt ganz beträchtlich. Beide Vulkan trugen eine Schneehaube. Arequipa liegt in einem Talkessel, der Smog ist deshalb sehr stark. So konnte man von der Stadt aus die Vulkan nur erahnen, obwohl sie nicht weit weg liegen. Seit 2000 ist das historische Stadtzentrum Welterbe der Unesco und dieses Stadtzentrum hat mich auch nach Arequipa gezogen. Zum Glück ist es nicht weit vom Hotel Las Mercedes bis zum zentralen Platz Principal de la Virgen, so das ich gleich am zweiten Tag dort hin „schlurfe“. Es ist ein wunderschöner Platz, die Kathedrale nimmt die gesamte Nordseite des Platzes ein. An den anderen drei Seiten ist der Platz von zweistöckigen Arkadengängen umgeben. Als ich dort ankomme, ist der Platz total überfüllt. Rund um den Platz legen Gruppen von Jugendlichen wunderschöne Blumenbilder mit christlichen Motiven aus, es sind dutzende von Bilder, bald an allen drei Seiten des Platzes werden die großflächigen Blumenbilder ausgelegt. Vor der Kathedrale wird eine Tribüne aufgebaut, alles wird fertig gemacht für ein großes Fest. Und dazu stehen hunderte von Schaulustigen und bestaunen die Künstler.

Nach ca. 2 h bin ich etwas groggy und laufe zurück zum Hotel, im festen wollen, später noch einmal zum zentralen Platz zu laufen. Im Hotel angekommen sehe ich gerade 3 Nonnen beim Einchecken, die ich sofort über dieses Fest befrage. Es ist das Fest „Corpus Christi“, dass laut den Nonnen am Samstag statt finden soll, d.h. in drei Tagen. So bin ich beruhigt und ruhe mich im WoMo aus.

Am dritten Tag geht es wieder in die Altstadt und hier natürlich erst einmal zum zentralen Platz. Alle Blumenbilder sind weg und der Verkehr zieht wieder ruhig seinen Weg um den Platz. Die Info der drei Nonnen als Fachfrauen für alle Belange mit Christus war anscheinend falsch, das Fest fand bereits gestern Abend statt, Pech gehabt. Ich schaue mir die eigentliche Altstadt um den zentralen Platz herum an, bis ich müde bin (Husten) und wieder zum Hotel zurückkehre.

Am letzten Tag will ich mit die „eigentliche Sehenswürdigkeit“ von Arequipa anschauen (neben dem zentralen Platz natürlich), das Kloster Santa Catalina. Dieses Kloster ist eine Stadt in der Stadt, etwas vergleichbares gibt es nirgendwo in Amerika. 1579 wurde es von den Dominikanern gegründet und später (im 17.Jh.) auf über 20 000 m² erweitert. Es war ein durch Mauern abgeschlossenes Refugium, wo bis zu 300 Nonnen aus wohlhabenden Familien in luxuriös ausgestatteten Zimmern lebten. Sie hatten Dienerinnen und lebten abgeschieden, aber mit viel Komfort. Erst 1970 öffnete sich das Kloster für den Publikumsverkehr (aus Geldmangel), 400 Jahre war es total abgeschieden und keiner wusste, was dort so im einzelnen passiert. Hinter den Klostermauern ist ein Gewirr an Straßen und Gassen, Plätze, einzelne Räume und Kirchen. Es ist ein faszinierendes Abbild einer kleinen Stadt aus dem 17. Jh. Ich tingele bald 3 h durch das Häusergewirr und bewundere die Räume und Gassen.

Die letzte Teilstrecke in Peru führt von Arequipa durch die Reserva Nacional Salinas Y Aquada Blanca, einem Altiplano-Nationalpark. Einen Teil der Strecke kenne ich von der Fahrt von Colca-Canyon nach Arequipa. Es ist eine einsame weite Hochfläche mit Alpaca-Herden und Vicunas. Die erste Übernachtung ist bei den Silustani Ruinen, einer Begräbnisstätte aus Vorinca- und Incazeit. Dort treffe ich die beiden "Stuttgarter" Ute und Volker wieder, wir verabreden uns auch für die weiteren Übernachtungsplätze Casa Blanca und dem Hotel Suma Samawi, das im Ort Copacabana in Bolivien liegt.

Casa Blanca ist eine hübsche Hotelanlage mit schönem Garten, in dem man (leider) schattig steht. Das Hotel liegt dicht am Titicaca-See. Suma Samawi liegt direkt am Seeufer, bereits in Bolivien im Ort Copacabana, der dem Strand in Rio de Janeiro seinen Namen gegeben hat.

Die Strecke bis Copacabana entlang des Titicaca-Sees ist nur teilweise reizvoll. Der weiter Verlauf entlang des bolivianischen Teils des Sees aber sehr schön. Es sind dann nur noch wenige Kilometer bis La Paz, wo ich das Hotel Oberland ansteuere, einem der Overlander-Treffpunkte in Südamerika. Wie das Glück so mit einem spielt, treffe ich per GPS in La Paz (bzw. in der Stadt Altos oberhalb La Paz) genau den Markt. Es dauert gefühlte 3 h, ehe ich mich durch das Marktgetümmel mit dem WoMo hindurch gequält habe und ich habe zum ersten Mal eine überhitzte Bremse, als ich von Altos die 700 Höhenmeter hinunter nach La Paz fahre.Als ich endlich beim Oberland ankomme, mache ich drei Kreuze.

Samstag, der 06.06.2015 Ich will endlich zum Titicaca-See kommen. Marion hat wegen meines Hustens meine „Allergieärztin“ in Heidelberg angerufen und ich habe mir in Arequipa entsprechend ihrem Rat ein Antiallergikum gekauft und nehme das zusammen mit den Tabletten, die ich im WoMo habe. Das bessert etwas meinen Husten und so fahre ich los. Es geht die „altbekannte Strecke“ zurück auf den Altiplano (Fahrt Colca Canyon nach Arequipa) und dann ein längeres Stück durch den „Reserva Nacional Salinas Y Aquada Blanca, eine einsame weite Hochfläche mit vielen Alpaca-Herden, vorbei an der wunderschönen Laguna Lagunillas. Bei Santa Lucia verlasse ich die gut ausgebaute Straße PE-34A und über Gravelroads geht es durch Indio-Bauernland. Die Getreideernte ist vorbei und überall stehen die Getreidebüschel zum trocknen.

Ich suche Übernachtungsplätze im Hochland aus nach der Höhe (möglichst unter 4200 m) und nach der „Sicherheit“. Das kann ein nicht einsehbarer Platz in der „Wildnis“ sein oder ein bewachter Parkplatz bei irgendeiner Touristenattraktion. Und so einen gibt es laut iOverlander.com auf dem Weg zum Titicaca-See. Die Silustani Ruinen der Inca bieten einen (auch nachts) bewachten Parkplatz und man kann natürlich die Begräbnis-Ruinen der Inca besichtigen. Also fahre ich stilgerecht durch Indio-Bauernland über Gravelroads bis zu den Silustani-Ruinen, die Asphaltstraße hat mich erst kurz vor den Ruinen wieder. Ich fahre auf den Parkplatz (und muss an der Schranke meinen Parkobulus entrichten) und sehe schon von weitem den Pickup der „Stuttgarter“ stehen, Ute und Volker, von denen ich mich in Cusco verabschiedet habe.

Sonntag, der 07.06.2015 Wieder ein wolkenloser Himmel und wieder eine kalte Nacht. Nach dem Frühstück verabschiede ich mich von den beiden Stuttgartern, wir wollen uns im Hostal Casa Blanca im kleinen Ort Chucuito wieder treffen. Ich ziehe erst einmal zu den Ausgrabungsstätten von den Sillustani Ruinen los.

Es sind lauter Begräbnistürme, die oben auf einer kleinen Anhöhe stehen. Sie stammen von den Incas und aus der vor Inca-Zeit und dienten vor allem für hochgestellte Persönlichkeiten als Begräbnisstätte. Zum Teil wurde dabei nicht nur der Verstorbene begraben, sondern (als Begleitung) auch noch seine Frau, Kinder und Bedienstete, eine richtig blutrünstige Angelegenheit. Die Türmer sehen zwar nett aus, aber so richtig reißen sie mich nicht vom Hocker. Die Begräbnistürme aus der Inca-Zeit sind wie gewohnt sehr sauber aufgebaut, die Türme aus Zeit davor wurden eher aus einzelnen losen Steinen aufgeschüttet. Die Zugänge in die Türme sind extrem klein, ich kann mir kaum vorstellen, wie man da hinein kriechen kann. Von der Anhöhe hat man auch eine sehr schöne Sicht über die Laguna Umayo, die direkt angrenzt.

So nach knapp zwei Stunden zieht es mich weiter Richtung Puno am Titicacasee. Ich sehe zum ersten Mal den See, wenig spektakulär mit Schilfrändern und flachen Gewässerbuchten. Überall versperren Inseln die Sicht, so dass man keinen richtigen Seeblick hat. 

Puno ist wie gewohnt hässlich, ich streife einmal mit dem Womo durch den Ort. Hier hat es in der Vergangenheit mehrere Womoaufbrüche gegeben, so passe ich auf. Und dann weiter nach Chucuito zum Hostal Casa Blanca. Ich bin schon kurz nach Mittag dort, es ist eine schöne Anlage mit Gärten und Blumen, allerdings stehen die Womos im Schatten von Bäumen (bei Nachttemperaturen von 0°C ist man froh, wenn über Tag die Sonne das WoMo aufheizt) . Die Stuttgarter sind schon dort und wir verbringen den Nachmittag in der Sonne, wunderschön warm.


Montag, der 08.06.2015 Die Nacht war ruhig, aber kalt. Leider stehe ich im Schatten von Bäumen, sodass es nichts wird mit frühem Aufheizen durch die Sonne. Ich verabrede mich mit den Stuttgartern ins Suma Samawi Hostal im Ort Copacabana in Bolivien und fahre dann bei herrlichem Sonnenschein los. Es ist eine friedliche Fahrt am See entlang, ich halte immer wieder an, um die Gegend zu bewundern. Ein längerer Stopp dann im Ort Pomata. Hier gibt es eine fantastische Kirche aus rotem Bundsandstein gebaut, die über und über mit Stuckarbeiten verziert ist, ganz toll. Ich bewundere die Arbeiten, so was habe ich hier in Südamerika noch nicht gesehen.

Der Grenzübergang nach Bolivien ist problemlos. Nur kommen „rechtzeitig“ drei Reisebusse an, voll mit jungen Leuten, die den Grenzübergang erst einmal für über 1 h sperren. Es geht weiter nach Copacabana, direkt am See gelegen. Hier genieße ich zusammen mit den Stuttgartern die Sonne und den See.