Zusammenfassung 15.04. bis 16.04.2016 Wir fahren bei kaltem Wetter vom Campingplatz Lago Pehoe los und machen noch einen Abstecher zum Lago Grey, ich will den Grey-Gletscher aus der Nähe beschauen. Leider klappt das nicht, eine Halbinsel auf dem See versperrt die Sicht. So verlassen wir ohne Gletscherblick den Nationalpark Torres del Paine und fahren nach Puerto Natales. Hier wollen wir einkaufen und hier wollen wir auch über die Grenze nach Argentinien, verspricht doch unsere Reise-Know-How Karte eine asphaltierte Ruta 40 nach Osten hin zum Atlantik. Wie üblich in Städten suchen wir uns eine ruhige Straße mit ordentlichen Häusern zum Übernachten, das klappt auch hier.

Der Grenzübergang gestaltet sich als "etwas holperig" (siehe Text) und auch die Ruta 40 ist größtenteils nicht asphaltiert. Ein Schneesturm treibt uns gen Osten, habe ich doch Sorge, dass bald die Straße nicht mehr von der Umgebung unterscheidbar ist. Dann muss man vor Ort warten, bis die Situation besser wird.

Zum Glück kommt es nicht so weit und zum Glück lässt das Schneetreiben dann nach und zum Glück ist irgendwann die Straße wieder asphaltiert.

Die Straße ist total leer (während der gesamten Querung kamen uns nur zwei Fahrzeuge entgegen) und so eilen wir dann gen Norden zum Nationalpark Monte Leon. Hier wollen wir Pinguine begucken, die "netten" Männer erlauben uns aber keine Übernachtung an der Rangerstation, so fahren wir eben mal die 30 km bis zum Campingplatz Isla Pavon weiter mit ziemlich sauren Gefühlen.

Freitag, 15.04.2016 Das Wetter ist so unfreundlich, dass man keinen Hund vor die Tür jagen möchte. Aber: am Sanitärgebäude gibt es draußen, sogar überdacht, tiefe Waschbecken, perfekt für die Wäsche. Und dazu haben wir den passenden Stöpsel mit, um den Ablauf zu zu machen. Der Höhepunkt aber ist, dass an den Waschbecken tatsächlich warmes Wasser anliegt, ein äußerst seltener Luxus, also waschen wir. Vorher zählen wir die Wäschestücke ab, die wir waschen müssen, nicht mehr, aber auch nicht weniger sollen es sein, es muss bis zur Ankunft auf dem Campingplatz in Uruguay reichen.

Eine Gruppe von Amateurfotografen mit Führer läuft über den Platz, und ich schließe mich mit meiner kleinen Vogelkamera kurz an, um einige Schnappschüsse zu machen. Sie laufen mit Riesen-Optiken durch die Gegend, da sind viele 10 000 $ unterwegs. Gleich hinter unserem Womo ist eine Höhle mit einem Gürteltier darin. Darauf (und auf die vielen Vögel am Platz) sind die Leute mit ihrem Guide scharf. Als sich mein Mann mit seiner Nikon zu uns gesellt, bin ich rehabilitiert, wir haben doch auch noch eine „richtige“ Kamera.

Dann brechen wir auf, zunächst geht es über 17 km auf schlechter Wegstrecke zum Lago Grey. Hartmut möchte unbedingt noch einen Blick auf den Grey-Gletscher werfen. Wir laufen wir bei eisigem Wind einen kurzen Weg direkt zum See, und werden durch einen perfekten, im Wasser schwimmenden, himmelblauen Eisberg belohnt. Den Gletscher allerdings kann man nicht sehen, eine Halbinsel im See versperrt die Sicht. Außerdem ist es diesig und die Gletscher haben oft ein Eigen-Mikroklima mit dichtem Nebel, so auch hier. Am frühen Nachmittag machen wir uns auf den Weg nach Puerto Natales. Wir müssen noch einkaufen, ehe wir in die Einsamkeit von Patagonien hinein fahren. Hier gibt es oft über hunderte von Kilometer nur Miniansiedlungen, einen Supermarkt sucht man da vergebens. Es geht am Menschen leeren riesigen Lago Del Toro entlang, das ganze Panorama ist ein Traum in changierenden Braun- und Blautönen.

An der Hafenmole von Puerto Natales gibt es die letzte Möglichkeit für mich, Schwarzhalsschwäne zu fotografieren, eine in Patagonien lebende Vogelart. Ich kämpfe mich durch den Wind, und versuche, an einen Laternenmast gelehnt, mit Hartmuts Monopod einigermaßen wackelarme Bilder zum erzeugen. Aber es ist leider schon arg dunkel und nach kurzer Zeit sitze ich völlig ausgefroren wieder im Auto. Nach unserem Einkauf und dem Besuch eines Restaurants (natürlich ein sehr mäßiges Essen) suchen wir uns eine ruhige Wohnstraße, klingeln bei den Hausbewohnern, und fallen dann todmüde ins Bett, draußen wechseln sich Regen und Schnee ab.

Samstag, 16.04.2016 Wir stehen früh auf, wollen wir doch heute über die Grenze nach Argentinien fahren, und möglichst bis zum Atlantik kommen, dort führt die Ruta 3 dann immer nach Norden. Ein Overlander-Tip führt uns zunächst zu einer Propangas-Füllstation, in Puerto Natales ist das ein kleines Häuschen mit einem Mini-Gelände neben dem Haus. Während die Flasche gefüllt wird, kann ich dort sogar noch mit Patrick telefonieren, und ihm mitteilen, wo wir gerade stecken, und wie wir weiter fahren. Dann geht es zur Grenze.

Dort passiert dann der „worst case“. Die Pässe werden ausgestempelt und dann verlangt der Zoll die temporäre Importgenehmigung für unser Womo, genau die haben wir aber nicht. Bei der Einreise nach Chile in Cerro Castillo vor 4 Tagen hat uns der Zoll dort keine Wagenpapiere gegeben. Hartmut hat extra noch mal nachgefragt, aber der Zöllner meint, dass dies nicht mehr notwendig sei. Darauf mussten wir uns verlassen. Und die Dame beim Zoll jetzt meint, das dies unmöglich sei, wir brauchen solche Papiere für die Ausreise, die Zöllnerin glaubt Hartmut einfach nicht.

Inzwischen nehmen ein zweiter Zöllner und weitere Reisende Anteil an unserem „Schicksal“, im schlimmsten Fall dürfen wir nicht mit dem Womo ausreisen. Die Dame erzählt was davon, dass wir nach Puerto Natales zurück müssen und dort bis Montag warten müssen und dort zur Aduana gehen müssen, wir beide sind total verzweifelt. Irgendwann erweicht unser Elend ihr Herz und sie lässt uns trotzdem ausreisen. Wir sind total erleichtert und Hartmut küsst vor Freude ihre Stirn, alles lacht. Sie meint, dass wir bei den Grenzübergängen unbedingt darauf achten müssen, eine Importgenehmigung zu bekommen, ganz egal, was die Zöllner dort erzählen, vorher dürfen wir uns nicht weg rühren. Wir versprechen das und dürfen endlich los. Eigentlich sollten die Grenzbeamten wissen, welche Papier wir brauchen.

Als wir im Auto sitzen, glauben wir wir, dass der schwierigste Teil des Tages hinter uns liegt. Aber wieder mal haben wir uns darin getäuscht. Die ganze Zeit hat es leicht geschneit, jetzt wird der Schnee immer heftiger und dazu bläst es mit Windstärke 7, es zieht ein Schneesturm auf. Wir sehen die dunkelgraue Wand direkt auf uns zu kommen. Der Zöllner auf der argentinischen Seite kann etwas Englisch, er teilt uns mit, dass für die nächsten Tage weitere heftige Schneefälle angesagt sind. Und dann ist die Ruta 40 hier nicht asphaltiert (wie in der Karte angekündigt), sondern über weite Teile ein Gravelroad und immerhin sind es ca. 250 km bis zum nächsten Ort Rio Gallegos.

Die Straße wird von vielen LKW's genutzt und entsprechend schlecht ist sie. Die Pampa hier ist nur von kurzem Gras bewachsen und je mehr Schnee liegt, desto einheitlicher sehen Straße und Umgebung aus. Hartmut hat Angst, dass er irgendwann die Straße nicht mehr von der Umgebung unterscheiden kann, dann müssen wir anhalten und so lange in der Einsamkeit hier ausharren, bis wir weiter können, das kann Tage dauern. Auch so sind wir praktisch alleine auf der Straße, Hilfe können wir nicht erwarten. Hartmut gibt jetzt, entgegen seiner sonstigen Gewohnheit, auch auf einer so schlechten Gravelroad so richtig Gas, und wir donnern mit 60 bis 80 kmh über die unebene Schotterstrecke. Irgendwann wird es dann doch wieder heller und der Schnee weniger, und die letzten hundert Kilometer bis zur Einfahrt in die Ruta 3 ist wieder Asphalt angesagt. Wir sind noch mal davon gekommen.

Auf der Strecke nach Norden liegt auch der kleine Nationalpark Monte Leon; dort soll man Pinguine beobachten können. Völlig ausgepowert kommen wir nach 420 km Fahrt dort an, und erfahren von zwei jungen Männern, die hier außerhalb der Saison „Stallwache“ halten, dass wir auf dem weitläufigen Gelände im Eingangsbereich keineswegs mit dem WoMo übernachten dürfen, wir sollen die 30 km bis zum nächsten Ort fahren. Wir sind richtig sauer, weil es dunkel wird, wir todmüde sind, und eigentlich nur eine kleine Parkfläche, und sonst gar nichts, benötigen. Aber die beiden junge Kerle demonstrieren Prinzipientreue und weisen uns ab. Glücklicherweise gibt es 30 km weiter einen geschützten, ruhigen, kommunalen Campingplatz, auf dem wir die Nacht verbringen.

Zusammenfassung 17.04 bis 20.04.2016 Nach all dem schlechten Wetter starten wir bei tollstem Sonnenschein. Nur der Wind ist sehr heftig und kalt, wir haben Probleme, die Türen zu öffnen. Wir fahren nicht zurück zum Nationalpark Monte Leon. Der Regen der vergangenen Tage hat den Weg zu den Pinguinen aufgeweicht und es ist unklar, ob wir überhaupt in den Park fahren dürfen. Da wir bei der Halbinsel Valdez nochmal Pinguine sehen werden, haben wir darauf verzichtet.

Wir wollen die Mittagspause in San Julien verbringen, aber das Schicksal schlägt auf halben Weg erneut zu. Das Womo fährt sich plötzlich so eierig und ich fahre es sofort auf den Seitenstreifen. Da gibt es wieder einen Knall und das Womo rutscht so etwas 1 m mit der Bremstrommel hinten rechts durch den Kies - wieder ein Rad weg. Jetzt ist es das rechte Hinterrad, das wir verloren haben. Alle 6 Bolzen sind sauber abgeschert, 5 der 6 Muttern liegen noch in der Felge (zum Glück), eine haben wir verloren. Die Felge hat innen ein paar Macken, ansonsten ist aber nichts passiert. Und das alles im Nirgendwo bei Windstärke 6 und eisigen Temperaturen. Zum Glück habe ich noch die 6 Radbolzen vom letzten Radverlust. Ich bocke den Wagen hoch, entferne die Bolzenreste aus der Bremstrommel und baue die neuen Bolzen ein. Mit einer Radmutter meiner Stahlfelge auf der anderen Seite kann ich die Bolzen in ihre konischen Fassungen ziehen. Allerdings bekomme ich mit meinem Wagenheber das Womo nicht hoch genug gehoben, um den Reifen erneut zu montieren. Weit und breit gibt es keine Steine zum Unterlegen, und so halten wir einen LKW an, der uns mit seinem Wagenheber aushilft. Nach 2 Stunden sind wir wieder fahrbereit, aber die Situation im kalten Starkwind war so ungemütlich, dass ich kein Foto des Ganzen gemacht habe.

An dem Tag kommen wir deshalb nur bis Puerto San Julian. Am nächsten Tag fahren wir dann 420 km bis Rada Tilly bei Comodore Rivadiva, derm größte Ort hier weit und breit. Hier lasse ich erst einmal bei Toyota die Radbolzen der 4 Räder austauschen. Während der erste Radverlust eindeutig auf schlecht angezogene Muttern zurück zu führen ist, war dies ein echter Ermüdungsbruch. die vielen Pistenkilometer haben die Bolzen anscheinend so zermürbt, das die Hinterradbolzen dann auf schönster Aspahaltstraße ihren Geist aufgegeben haben.

Sonntag, 17.04.2016 Nach unserem Sonntagsfrühstück, ein Ritual, an dem wir eisern fest halten, geht es bei strahlendem Sonnenschein über den Rio Santa Cruz zur nächsten Tankstelle, und von dort auf die Ruta 3 zurück. Wir wollen nicht mehr zum Nationalpark Monte Leon zurück kehren. Gestern war der Weg im Park zu den Pinguinen an der Küste gesperrt. Wegen des vielen Regens war die Oberfläche zu weich und da wurde das Eingangstor einfach zugemacht. Es ist deshalb sehr unsicher, ob man heute zur Küste fahren kann. Und dann gibt es bei der Halbinsel Valdez noch die größte „Piniguinshow“ von Südamerika, die wollen wir uns ersatzweise anschauen.

Hartmut möchte im nächsten Ort Puerto San Julian eine Mittagspause machen (nur 120 km entfernt), und hofft auf ein geöffnetes Fischlokal. Trotz der Sonne haben wir nur um die 8 Grad, und einen eiskalten Starkwind, der jedes Öffnen der Wagentüren zum Kraftakt macht. Wir kommen trotzdem gut voran, bis Hartmut unser Gefährt blitzschnell auf den Seitenstreifen lenkt, und dann steht unser WoMo mal wieder nur auf drei Beinen! Das rechte Hinterrad hängt lose unter dem Schutzblech und wir haben eine Spur im Schotter gezogen.

Ich zerbrösele regelrecht, und Hartmut begutachtet erst einmal den Schaden. Das Rad hängt noch im „Schutzblech“, und auch die Bremstrommel ist noch auf der Bremse, dafür sind alle 6 Bolzen sauber abgeschert und 5 der 6 Muttern liegen in der Felge (zum Glück, wir bekommen diese Muttern nicht in Südamerika). Zum Glück hat Hartmut das alles rechtzeitig bemerkt und so ist kein weiterer Schaden aufgetreten, allerdings hat die Felge innen schon diverse Spuren abbekommen.

Mit unserem Wagenheber heben wir das Womo an und dann beginnt Hartmut bei der Eiseskälte, die 6 Bolzenreste mit dem Hammer herauszuhauen und 6 neue Bolzen einzubauen (die wir von letzten Radverlust noch hatten). Die Bolzen müssen mit Schrauben gegen die Bremstrommel hin in konische Passungen hinein gezogen werden, zum Glück kann Hartmut dazu eine der Radschrauben von unserer Stahlfelge verwenden. Mit den Originalschrauben wäre das nicht gegangen (wichtig, so was muss man als Ersatz mit haben!!!). Dann kann er die Bremstrommel montieren und prüfen, ob sie reibungsfrei läuft (tut sie). Die ganze Zeit sitze ich innen total zerbröselt in der Kabine und möchte nur noch nach Hause. Wir bekommen das Hinterrad mit unserem Wagenheber dann hoch genug angehoben, wenn wir den Heber unter die Achse setzen können. Verliert man ein Rad, dann liegt alles so tief, dass man den Wagenheber nur unter die vordere Aufhängung der Blattfedern ansetzen kann. Der Hubweg reicht dann nicht aus, um die Hinterachse so hoch anzuheben, das man das Hinterrad montieren kann. Und irgendwelche Steine, auf die man die Hinterachse absetzen kann (um den Heber neu anzusetzen) sind weit und breit nicht aufzutreiben. Wir brauchen deshalb einen zweiten Wagenheber. Den organisiere ich, in dem ich einen LKW anhalte, dessen Fahrer uns auch bereitwillig hilft. Nach insgesamt zwei Stunden ist das Rad wieder montiert. Damit Hartmut das stärker belastete Hinterrad mit 6 Radmuttern anziehen kann, muss das vordere rechte Rad jetzt mit 5 Muttern laufen (eine haben wir ja verloren). Völlig ausgefroren bekommt Hartmut jetzt erst mal einen heißen Kaffee, und dann setzen wir unsere Fahrt fort. Und die ganze Zeit war Hartmut so „bei der Sache“, dass er kein Foto des Schadens gemacht hat, Hauptsache, wir kommen weg.

Alle paar Kilometer halten wir jedoch an, um die Montage zu überprüfen. In Puerto San Julian liegt alles noch im Dornröschenschlaf, als wir eintreffen. Kein Restaurant öffnet in Argentinien vor 20 Uhr, das ist für uns eindeutig zu spät. Wir stellen unser Auto deshalb gleich neben dem kommunalen Campingplatz mit Blick auf das Meer ab, und gehen ziemlich geschafft ins Bett. 

 

Montag, 18.04.2016 Wir sind müde ins Bett gegangen, und stehen auch müde wieder auf. Der Grund ist die „Dorfjugend“, die mit Kleinstwagen und Mopeds mit ausgeräumten Auspuffen des Nachts bis in die frühen Morgenstunden die Straße hinauf und hinunter düsen. Ach, was muss die Knatterei doch Spaß machen! Lärmschutzverordnungen sind in Argentinien entweder nicht vorhanden, oder werden schlicht und ergreifend ignoriert.

Wie gesagt hatten wir nach dem Radverlust 5 der 6 Muttern mit den Resten der Bolzen aus der Felge pulen können. Bei 4 Muttern konnte Hartmut die Bolzenreste rausholen. Bei der fünften Mutter hat er das nicht geschafft, der Bolzenrest hängt einfach zu fest in der Mutter. Deshalb suchen uns zuerst eine Werkstatt, um den Bolzenrest heraus zu schrauben. Aber auch die Werkstatt hat Probleme, erst als sie ein Flacheisen auf den Bolzenrest schweißt, kann sie im Schraubstock den Rest herausschrauben und Hartmut montiert die Mutter am Hinterrad. Dann setzen wir unsere Fahrt nach Norden fort. Wieder fahren wir durch endlose, eingezäunte Weiten, auf denen allenfalls ein paar Guanakos und Nandus ihre Runden ziehen. Wieder haben wir einen so unangenehmen Seitenwind, dass ich jedes Mal tausend Tode sterbe, wenn entgegen kommende LKW eine Windschleppe produzieren, die unser Wohnkabinchen in den Schleudergang befördern. Aber Hartmut hat alles im Griff, auf meine Bitte hin hat er sogar zwei Hände am Steuer. Wir schaffen die 420 Kilometer bis Commodore Rivadavia, und kommen in der Dunkelheit bis zum kommunalen Campingplatz von Rada Tilly, einem Vorort. Rada Tilly ist eine reine Schlafstadt für die höheren Kader der umliegenden Ölfirmen. Hier stehen neue, teure Häuser auf kleinem Grund, alles ist edel und schick. Dafür ist alles so neu, dass es keine Restaurants gibt. Wir fahren die Strandpromenade entlang, aber bis auf zwei Schickimicki-Bars hat nichts geöffnet. Und so kommen wir wieder nicht zu unserem Restaurant-Besuch. Einmal wenigstens wollte ich doch in Argentinien die hoch gelobte Pizza probieren, aber wie es aussieht, wird das wohl nichts!

Dienstag, 19.04.2016 Der Radverlust gibt Hartmut sehr zu denken. Unser erster Verlust war eindeutig auf schlecht angezogene Muttern zurückzuführen. 3 der 6 Bolzen waren nachher noch vorhanden (auch wenn sehr krumm). Hier hatten sich die Muttern gelöst, dann sind die 3 verbleibenden Bolzen durch die Überlast abgebrochen. Jetzt aber waren alle 6 Bolzen sauber abgeschert, und das bei schöner ebener Asphaltstraße. Eine Mutter war „weg“, der zugehörige Bolzen war zuerst gerissen. Die andern 5 müssen dann recht gleichzeitig abgerissen sein, die zugehörigen Muttern lagen noch in der Felge. Die Bolzen müssen durch die vielen Pistenkilometer regelrecht zermürbt worden sein. Und dabei hat der Hilux 6 Radbolzen, der Landcruiser (die heavy duty Version wird für Fernreisen gerne als Kabinenträger genommen) hat nur 5 mit gleichem Querschnitt. Auf jeden Fall wird Hartmut jetzt nach einer genügenden Pistenkilometerzahl vor allem die Hinterradbolzen vorsorglich austauschen lassen. In Commodore Rivadavia gibt es tatsächlich einen großen Toyotahändler, und der hat, Gott sei es gedankt, so viele Radbolzen vorrätig, um alle 24 Bolzen unseres Fahrzeugs austauschen zu können. Aber wir bekommen erst für 15 Uhr einen Termin. Wir überbrücken die Zeit bis zum Austausch am Nachmittag mit einem Lebensmitteleinkauf. In Argentinien schließen die meisten Geschäfte um 13, und öffnen erst wieder um 17 Uhr, die Straßen leeren sich. Das gesamte öffentliche Leben erlischt sozusagen. Nur die großen Supermärkte halten die Stellung bei gedämpftem Licht und minimaler personeller Besetzung. So kann es schon mal über ½ h dauern, bis man durch die Kassen hindurch ist.

Um 17 Uhr sind alle Bolzen ausgetauscht, nur am vorderen rechten Reifen fehlt eine Mutter, und Hartmut prüft fortan mehrere Male am Tag, ob alle Radmuttern fest angezogen sind. Auch an diesem Abend koche ich, aber mein „Göttergatte“ futtert alles, was ich auf den Tisch stelle.

 

Mittwoch, 20.04.2016 Auf Hartmuts Wunsch hin bleiben wir heute noch auf dem Campingplatz. Er möchte unsere Webseite wieder auf den neuesten Stand bringen, und auch ich bin mit unserem Text im Rückstand. Wie sich im Verlauf des Tages heraus stellt, war unsere Entscheidung richtig, denn es kommt ein Sturm auf, der unser Womo hin- und her schaukeln lässt, obwohl wir im Windschatten der Bäume stehen. 

Zusammenfassung 21.04. bis 28.04.2016: Wir nähern uns der Halbinsel Valdez und den vielen Tierbeobachtungsmöglichgkeiten dort. Z.B. Pinguine - in Camarones ca 300 km entfernt von Rada Tilly gibt es eine Pinguinkolonie und in Punta Tombo gibt es eine weitere, es ist die größte in Südamerika. Der Abstecher nach Camarones "kostet" über 100 km Pistenfahrt und es ist unsicher, wie viele Pinguine jetzt dort sind. Wenn es eine Chance gibt auf Pinguinbeobachtung, dann sicherlich in Punta Tombo, also fahren wir dorthin. Wieder geht es durch ein plattes windiges Patagonien, erst auf dem Abstecher nach Punta Tombo wird es hübscher. Als wir zum Pinguniort kommen, heißt es, dass alles geschlossen ist und wir zur Übernachtung nach Trelew fahren sollen (50 km one way). Wir verziehen uns lieber auf einen Nebenweg dicht bei der Rangerstation, das Camp Punta Tombo.

In der Brutsaison sollen sich hier 500 000 Pinguine aufhalten, jetzt sind es nur wenige hundert.Aber zumindest sehen wir welche und da wir die einzigen Besucher sind, können wir an manchen Stellen sogar die Wege verlassen und ganz dicht an die Vögel rankommen.

Am Nachmittag fahren wir dann nach Trelew (einkaufen) und für die Übernachtung zum nahe gelegenen Ort Gaiman, hier übernachten wir auf den Campingplatz der freiwilligen Feuerwehr (Camping Bomberos). Laut Reiseführer ist Gaiman ein lieblicher Ort von walisischen Einwandern, in Wirklichkeit unterscheidet er sich aber nur wenig von den anderen argentinischen Ortschaften. Eindrucksvoller ist da das Fossilienmuseum in Trelew, das wir am nächsten Tag besuchen. Für die Übernachtung suchen wir uns eine ruhige Straße in einem edlen Neubaugebiet von Puerto Madyn aus. Es regnet und nachts tönt Diskomusik zu uns hinüber, also verziehen wir uns weiter weg von der Musikquelle, beim Fahren bemerken wir, dass das Dach immer noch undicht ist, es tropft ganz wild auf unser Bett. Es wird deshalb eine unbequeme Nacht und am nächsten Morgen starte ich einen weiteren Versuch, das Dach abzudichten (nach heutigen Stand ist es jetzt dicht). In Punta Lomo etwas östlich von Puerto Madyn besuchen wir eine Seelöwenkolonie, dann fahren wir nach Valdez. Wir übernachten mit herrlicher Aussicht am Strand (Strandcamp Valdez) und fahren dann weiter nach Puerto Piramides ins Schutzgebiet. Hier ist es so windig und das Wetter ist so schlecht, dass wir nach einer Nacht im Camp Puerto Piramides weiter gen Norden ziehen, davor beschauen wir uns noch einmal Seelöwen bei Punta Piramides. In Las Grutas stehen wir absolut ruhig am Ende einer Strandpromenade, der Ort wird nur in der Feriensaison besucht und ist jetzt total leer. Auch das Balneario El Condor ist ein Badeort, in dem jetzt niemand ist. Aber hier gibt es als Besonderheit die größte Papageienkolonie der Welt. 30 000 Brutpaare gibt es hier, das ergibt auch jetzt außerhalb der Brutzeit ein ohrenbetäubendes Spektakel.

Donnerstag, 21.04.2016 An diesem Küstenabschnitt hier gibt es zwei Pinguinkolonien. Die eine liegt bei Camarones etwa 300 km von Rada Tilly entfernt, die andere liegt bei Punta Tombo ca. 180 km weiter. Beide Plätze liegen abseits der (asphaltierten) Ruta 3. Nach Camarones sind es 70 km ab Ruta 3, davon 53 km Gravelroad, nach Punta Tombo sind es 60 km ab Ruta 3, davon 22 km Gravel. In Punta Tombo sollen sich so 500 000 Pinguine aufhalten, die Anzahl in Camarones kennen wir nicht. Eigentlich wollten wir heute bis Camarones fahren. Angesichts des Vorderrades, das nur mit 5 Schrauben befestigt ist, und der über 100 km Gravel (hin und zurück) entscheiden wir uns gegen diesen Ort und fahren nach Punta Tombo, es ist die weltweit größte Brutstätte von Magellan-Pinguinen.

Als wir von der Ruta 3 auf die asphaltierte Nebenstrecke abbiegen, wird die Landschaft richtig hübsch, leicht hügelig mit Guanakoherden links und rechts. Als wir an der Rangerstation ankommen erleben wir eine ähnliche Enttäuschung, wie schon im Nationalpark Monte Leon. Wir kommen nach 18 Uhr an der Rangerstation an, in ½ h wird es dunkel. Der Ranger teilt uns mit, dass ab 18 Uhr sei der Park geschlossen ist, und ein Übernachten auf dem Menschen leeren Parkplatz unter keinen Umständen erlaubt ist. Wir dürfen nicht hier bleiben, können aber für die Übernachtung nach Trelew weiterfahren, dem nächsten größeren Ort, dort gibt es einen Campingplatz. Wie bitte? Wir sollen in der Dunkelheit heute 50 Kilometer hin und am frühen Morgen wieder 50 Kilometer zurückfahren? Wir werden trotzig. Auf der Herfahrt hatten wir kurz vor der Rangerstation einen Weg gesehen, der von der Hauptpiste abzweigt. Wir fahren zurück und biegen so schnell wie möglich in diesen Weg hinein. Die Landschaft ist komplett offen und (wenn man will) kann man unser Abbiegen von der Station aus sehen. Am Beginn ist ein Schild mit „PRIVADO“ angebracht. Wir fahren einige km in den Weg hinein, bis man uns von der Hauptpiste und der Rangerstation auf keinen Fall sehen kann. Obwohl wir ziemlich sicher sind, dass uns der Ranger nicht gesehen hat (zumal er sich wohl überhaupt nicht vorstellen kann, dass Touristen seinen Anweisungen nicht folgen), schlafen wir nicht so schnell ein, und sind auch beim Frühstück am anderen Morgen etwas nervös.

 

Freitag, 22.04.2016 Kurz nach 9 Uhr stehen wir wieder auf dem Parkplatz an der Rangerstation. Heute hat eine junge Rangerin Dienst, die uns aufklärt: eigentlich ist der Park zur Zeit geschlossen, weil nur noch wenige Pinguine hier die Stellung halten. Die Riesenzahl gibt es nur in der Brutzeit so ab September, im Herbst ziehen die Pinguine wieder nach Südbrasilien. Wir dürfen aber das Gelände trotzdem betreten, und Geld kostet er um diese Zeit auch nicht.

Etwas entmutigt ziehen wir los, aber eigentlich wussten wir, dass die Pinguine im Winter hier abziehen. Aber wir kommen dennoch auf unsere Kosten. Normalerweise nisten auf dem großen Gelände in Erdhöhlen 500.000 Pinguine, eine kaum vorstellbare Zahl. Nun zählen wir auf unserem Spaziergang durchs Gelände noch etwa 100 bis 150 davon. Aber eigentlich ist das nicht so wichtig. Hier kommen wir auf Armeslänge an die putzigen Vögel heran, und können sie bestaunen, auch weil sie keine Scheu vor Menschen haben.

Mitten im Gelände dann die große Sensation: wir treffen auf ein Gürteltier, das direkt vor uns über den Weg läuft, und ich kann sogar zwei, drei Aufnahmen machen. Wer meine Berichte kennt, weiß, dass ich hinter einem Gürteltier her bin, seit dem ich in Südamerika bin, und nun das! Hoch befriedigt ziehen wir schließlich ab, und fahren in Richtung Gaiman, einem kleinen Ort in der Nähe von Trelew. Laut Reiseführer ist der Ort hübsch und heimelig, so recht nach dem Geschmack von erschöpften Touristen. Die Walisern haben sich hier niedergelassen, die Häuser sollen hübsch sein und man kann überall englischen Tee mitsamt englischen Keksen trinken.

Der Campingplatz im Ort, von der freiwilligen Feuerwehr des Ortes betreut, wirkt dermaßen verwahrlost, dass wir schon fast darüber lachen können. Aber in der Dunkelheit wollen wir nicht mehr durch den Ort fahren, um einen anderen Übernachtungsplatz zu suchen.

Samstag, 23.04.2016 Morgens schauen wir uns per Womo den Ort an, wir suchen die hübschen Häuser und heimeligen Teestuben. Was wir vorfinden ist ein typischer südamerikanischer Ort, „hübsch häßlich“. Da lohnt kein Spaziergang – wie der Reiseführer zu dieser optimistischen Ansicht kommt, wissen wir nicht.

Auch Trelew ist ein „typischer“ Ort, ein Stadtbummel erübrigt sich. Dort gibt es aber ein kleines, aber sehr feines Fossilienmuseum. Patagonien ist eine der weltweit ergiebigsten Fundstelle für Dinosaurierversteinerungen. Und so wundert es nicht, dass es hier ein bedeutendes Fossilienmuseum gibt. So kann man hier die Knochen des größten und schwersten je gefundenen Dinosauriers bestaunen. Nach den Berechnungen zufolge hatte er ein Gesamtgewicht von 70 Tonnen hatte, und das war ein Landdinosaurier, kein schwimmendes Wesen. Allein die Knochen der Ober- und Unterschenkel sind jeweils etwa 170 cm lang. Wir gehen durch die interessante Ausstellung, die die wichtigsten Erklärungen auch in Englisch anbieten, bewundern ein, ebenfalls weltweit einzigartiges Dinosaurierei, kaufen für unsere Enkel noch T-Shirts, natürlich mit Sauriermotiven, und fahren dann weiter nach Puerto Madryn, an der Küste nahe bei der berühmten Halbinsel Valdez gelegen.

Puerto Madryn hat 82 000 Einwohner, ist also für Patagonische Verhältnisse eine Großstadt. Durch den warmen Brasilstrom aus dem Norden ist das Wasser hier vergleichsweise warm, es hat wunderschöne Strände und so ist es kaum verwunderlich, dass es ein riesiger Badeort ist mit vielen Hotels und schönen Geschäften. Trotz Nebensaison sind viele Leute unterwegs, immerhin ist es ja Wochenende. Da haben wir immer Probleme, einen ruhigen Übernachtungsplatz zu finden.

Im Norden der Stadt gibt es viele Sandstrände, wir steuern einen davon an für die Übernachtung (wir stehen immer gerne am Meer). Der kleine Strand ist hübsch, aber sehr dicht an der Straße gelegen und es parken bereits zwei Autos dort. Nach kurzer Zeit sind es schon vier und Hartmut kommen Bedenken, denn solche Plätze werden an Wochenenden gern von Jugendlichen mit Ghettoblastern aufgesucht.

Dann steuern wir den großen Campingplatz des Ortes am anderen Ende der Bucht an. Er ist aber geschlossen, und so machen wir uns wieder mal auf die Suche nach einem „feinen“ Wohngebiet für die Übernachtung. Wir finden so etwas ganz dicht bei dem Campingplatz, es ist ein großes Neubaugebiet mit schicken Häusern und großen Autos vor der Tür. Hier wollen wir bleiben und machen (wie üblich) wieder unsere Aufwartung bei der Familie, die gegenüber wohnt. Sie hat (natürlich) absolut nichts dagegen, derweil ein Regen beginnt. Wir stehen gut windgeschützt hinter einer Düne, wie üblich hier in Patagonien bläst es draußen kräftig: Wir speisen gemütlich zu Abend, duschen uns, lesen etwas und gehen dann zu Bett, als uns die Bässe von Diskomusik erreichen. Den Ort des Musikgeschehens können wir nicht orten, nur die Richtung, aber die Quelle muss ganz schön weit weg sein. So eine Disko kann bis zum Morgen gehen und so ziehen wir von dannen, einen anderen Ort für die Übernachtung zu suchen. Wir denken an die Leute, die hier wohnen. Es sind wirklich teure Häuser und da wohnen sie in der Einflugschneise von Diskomusik, wie reizend.

Als Hartmut losfährt, ergießt sich urplötzlich ein Schwall Wasser aus unserem bekannten Riss quer über die Decke genau auf unsere Matratze. Trotz aller Reparaturversuche ist das Dach immer noch nicht dicht, Hartmut ist am Verzweifeln, und zur Abwechslung muss ich ihn mal trösten. Wir finden rasch einen neuen Platz, an dem die Musik jetzt so leise ist, dass wir sie im Womo nicht mehr hören. Als „Gegenmaßnahme“ stellen wir alle unsere größeren Plastikgefäße in einer Reihe unter dem Riss auf, in die es dann munter hinein tropft. Der Regen geht über in eine Nieseln und es kann noch lange dauern, bis das Tropfen aufhört. Die obersten 60 cm unseres Bettes sind jetzt durch die Schüsseln versperrt und wir müssen deshalb quer zum Womo schlafen. Hartmut schläft neben den Schränken und ich neben den Schüsseln, deshalb muss ich zusehen, dass mein Schlafsack nicht in die Nähe des Wassers kommt. Aber schließlich schlafen wir den Schlaf der Erschöpfung. 

Sonntag, 24.04.2016 Gleich nach dem Frühstück klettert Hartmut trotz ungemütlichen Wetters noch einmal auf das Dach. Dort ist vorne fast alles abgeklebt, nur die Halterung für die Klappe des Dachausstiegs hat noch keinen Klebeflicken. Er wollte bereits vor eine Woche auch diese Halterung abkleben, aber da er den Klebstoff kaum aus der Kartusche bekommen hat, hat er darauf verzichtet, es war einfach zu unwahrscheinlich, dass dies der Leckageort war. Jetzt haben wir frischen Klebstoff, den wir gerade gekauft hatten, damit wird ein Stück LKW-Plane über die gesamte Halterung geklebt. Nun hoffen wir wieder, das Leck dieses Mal gefunden und abgedichtet zu haben.

Dann machen wir uns auf den Weg zur Punta Loma, um dort nach den Seelöwen zu schauen. Die Seelöwen bekommen im Januar hier ihre Babies und bleiben in der Kolonie, während die Männchen spätestens Ende März im Atlantik auf Futtersuche gehen. Wir bleiben bis in den frühen Nachmittag hinein, und freuen uns an dem Treiben da unten auf den breiten Klippen. Dann fahren wir weiter in Richtung Halbinsel Valdez. Um 17 Uhr kommen wir an den Eingang. Das Ticket gilt eigentlich nur für einen Tag, es sei den, man weist eine offizielle Übernachtung nach. So sparen wir uns die Übernachtung im Park für heute, sondern fahren etwas zurück und nehmen dann eine Gravelstraße zur Küste hin. Wir suchen nur kurz und finden etwas abseits von der Straße eine wunderschöne Übernachtungsstelle hoch über den Klippen am Meer. Wir haben einen wunderbaren Blick entlang der Küste Richtung Valdez und über die Bucht von Puerto Madryn. Leider stehen wir etwas exponiert und der Wind bläst heftig. Wir stellen das Womo mit dem Bug genau gegen den Wind, dann geht es.

Montag, 25.04.2016 Wir erleben einen Sonnenaufgang vor fast wolkenlosem Himmel, aber der Schein trügt. Unerbittlich schiebt sich eine dunkle Wand von Süden her in unsere Richtung, und als wir am Parkeingang ankommen, da nieselt es schon, und überhaupt müssen wir uns warm einpacken. Im Visitor-Center betrachten wir betörend schöne und aufregende Bilder all der Tiere, um derentwillen die Besucher hierher kommen, das sind Seelöwen, See-Elefanten, Delphine, Orcas, Bartenwale, sowie verschiedenste Seevögel. Aber wir sind einfach zur falschen Jahreszeit hier hergekommen, das ließ sich aufgrund unserer Tour nicht anders machen.

Wir fahren bis zum einzigen Ort der Halbinsel, Puerto Piramides, und erkunden die Umgebung. Vorher essen wir in einem Restaurant zu Mittag, als „echtes“ Touristenrestaurant ist das Essen absolut mäßig. Der Wind frischt nun immer weiter auf, man kann bei diesem Wind mit dem angefangenen Nachmittag kaum was machen. Am Strand steht ein riesiges argentinische Wohnmobil. Wir wollen uns dazu gesellen, aber die Böen sind einfach zu heftig.

3 km entfernt gibt es die Seelöwenkolonie von Punta Piramides. Die Straße dorthin verläuft sehr exponiert über die Klippen. Der Weg führt steil einen Berg hinab und das Womo schaukelt so stark, dass wir lieber umkehren, vielleicht können wir ja morgen dahin. Wir suchen den Campingplatz des Ortes auf, natürlich ist er geschlossen. Wir stellen uns dann in den Windschatten von einigen Bäumen neben dem Eingang des Campingplatzes hin, aber es kommen immer wieder starke Böen um die Bäume herum, das Wohnmobil schaukelt dann heftig. Erst als wir uns hinter den Rohbau eines Hauses ganz in der Nähe stellen, wird es ruhiger. Aber immer noch bläst es heftig, das Dachfenster klappert heftig. Wir können es wegen der Luftzufuhr nicht ganz schließen und haben etwas Sorge, dass eine Böe es wegreißt. Am Morgen sehen wir, dass das argentinische Monster-Womo sich vor uns gestellt hat, denen war es am Strand anscheinend auch zu windig.

 

Dienstag, 26.04.2016 Eigentlich wären wir bei besserem Wetter jetzt bereits auf dem Weg zur Punta Norte auf der Halbinsel Valdez. Mit etwas Glück kann man dort Orcas bewundern, die Jagd auf Seelöwen machen. Sie kommen dazu bis auf den Strand, für einen Seelöwen robben sie sich fast ins Trockene. Der Strand dort besteht aus groben Kieselsteinen. Auf diesen können sie sich anschließend wieder ins tiefere Wasser zurück ziehen, im Visitor Center haben wir eindrucksvolle Bilder davon gesehen.

Aber wir zögern beide: es stürmt immer noch heftig, Hartmut hat ziemliche Rückenschmerzen, und unser rechtes Vorderrad fährt nach wie vor nur mit 5 Schrauben. Alles in allem nicht die besten Voraussetzungen für insgesamt 150 Kilometer Piste hin und zurück. Wir müssen uns eingestehen, dass die Halbinsel Valdez zu dieser Jahreszeit keine gute Entscheidung war, und ziehen unverrichteter Dinge von dannen.

Vorher machen wir jedoch noch einen kleinen Abstecher zur der Seelöwenkolonie bei Punta Piramides, heute ist es nicht ganz so stürmisch wie gestern. Wir erfreuen uns aber nur kurz an den Tieren und der tollen Küste, es ist immer noch so windig, dass ich mich fast in den Wind legen kann. Anschließend setzen wir unseren Weg nach Norden fort, und landen am Abend in Las Grutas, wo wir am Ende der Menschen leeren Strandpromenade übernachten. Las Grutas ist ein typischer reiner Badeort, nur an drei Monaten im Jahr wird der Ort bewohnt. Die restliche Zeit stehen die Häuser leer und nur ein paar Männer von Sicherheitsdiensten fahren hier mit ihren Autos herum, um nach dem Rechten zu schauen. Es ist gespenstisch, durch einen doch größeren Ort zu fahren, in dem praktisch alle Häuser abgeschlossen sind. Es sind teilweise hübsche Bungalows, sie sind bestimmt nicht billig, aber überall sind die Fenster dicht, niemand ist auf der Straße. Die Geschäfte und Restaurants sind alle geschlossen, es wohnen nur wenige Menschen hier.

Mittwoch, 27.04.2016 Wir haben tatsächlich eine ausgesprochen ruhige Nacht, bis auf das Meeresrauschen. Während mich jedoch das Meer fast in den Schlaf wiegt, stopft Hartmut sich in Meeresnähe oft Ohropax in die Ohren, ihn stört das Meeresrauschen.

Weil wir heute blauen Himmel haben, machen wir einen Strandspaziergang, dick verpackt, denn warm ist es nicht. Während Las Grutas mit schönen Häusern glänzt und ca. 9 Monate im Jahr leer steht, ist der Nachbarort San Antonio Oeste das ganze Jahr über bewohnt, hier wohnen und arbeiten die Leute und hier sieht es dann wieder wie gewohnt ärmlich aus. Nach einem Besuch des Supermarktes machen wir eine Pause am Wasser, die Sonne scheint und es gibt nur wenig Wind, wir öffnen Fenster und Türen des Womos und genießen die Wärme.

Dann geht es weiter in Richtung Viedma/Carmen de Patagones. Es sind zwei Zwillingsorte, nur durch den Rio Negro getrennt. 30 Kilometer weiter südlich gibt es den Badeort El Condor, dort soll es an der Steilküste eine große Papageienkolonie geben. Schon auf dem Weg dorthin, sehen wir Gruppen von Papageien auf den Telegrafendrähten sitzen, und Schwärme rauschen durch die Felder. El Condor ist ebenso verlassen, wie Las Grutas, und wir verziehen uns wieder an das Ende der obligatorischen Strandpromenade. Da der Ort leer ist, ist es ein ruhiger Übernachtungsplatz mit schönem Blick aufs Meer.

 

Donnerstag, 28.04.2016 Am nächsten Morgen werden wir schon durch das Gekrächze der Vögel geweckt, und am äußersten Ende der Promenade, dort wo die Steilküste beginnt, fliegen große Schwärme von den grünen Papageien mit roten Brust auf. Nach dem Frühstück gehen wir noch einmal auf Fotopirsch, und begreifen, dass es sich bei dieser Vogelkolonie um etwas ganz Besonderes handeln muss. Es sind tausende von Papageien, die Luft ist voll davon und um uns herrscht ein infernalischer Lärm. Der Felsen ist voller Löcher und überall schwirren die Vögel rein und raus aus ihren Behausungen.

Ziemlich ausgefroren vom kalten Seewind kommen wir zurück. Bevor wir weiter fahren, machen wir aber noch einmal eine Abstecher zur zur Punta Bermeja, um dort zum letzten Mal Seelöwen zu beobachten. Dort lesen wir auf den Schautafeln, dass wir die größte Papageienkolonie weltweit bestaunt haben; 30.000 Nester wurden hier gezählt. Wir sind beeindruckt. Auch die Seehundkolonie ist beeindruckend, sie zählt zu den größten in Südamerika. Wieder einmal bestätigt sich, dass man ausgetretene Pfade verlassen muss, um kleine und große Sensationen zu erleben, wie wir heute. Als wir zum Womo laufen ist uns klar, dass das hier wohl der letzte Höhepunkt unserer vierten, und für mich letzten Runde gewesen sein dürfte, und etwas Wehmut macht sich breit…..

Zusammenfassung 28.04. bis 01.05.2016: Nach einem "Papageien-Strandspaziergang" und einem Seelöwenbesuch geht es weiter gen Buenos Aires. Durch die beiden Besuche kommen wir erst später los und erreichen den Ort Bahia Blanca im Dämmerlicht, hier übernachten wir auf einem Camping Municipal, dem Campingplatz Balneario Maldonado. Der nächste Stop ist im Ort Neochochia, einem der ganz großen Badeorte von Argentinien. Wir fahren durch eine Groß-Agrarlandschaft mit Riesenfeldern und riesigen Siloanlagen am Straßenrand (und auch in Neochochia). Der Campingplatz El Gringo ist unser Ziel, der im iOverlander als preiswert und schön beschrieben wird. Allerdings wollte der Besitzer "für nix" 25 € haben, wir konnten ihn mit Mühe auf 15 € herunter handeln.

Am nächsten Tag geht es 400 km weiter bis zum Ort Chascomus, der in einer sehr reizvollen Seenlandschaft liegt.Davor kommen wir durch den Baderort Mar Del Plata. In Spitzenzeiten sollen hier 400.000 Gäste sein, für uns unvorstellbar.

Wir haben schon Sorge, dass wir wegen der schlechten Straße unser Tagesziel nicht erreichen, aber ab hier gibt es eine vierspurige Straße bis nach Buenos Aires, so können wir Strecke machen. Trotzdem ist es bereits dunkel, als wir Chascomus erreichen. Der Campingplatz ist uns zu voll und so wollen wir in einem besseren Wohnviertel auf der Straße übernachten, als uns ein hilfsbereiter Argentinier zu einem Deutsch-Argentinier führt, dort können wir unser WoMo im Garten abstellen.

Der nächste Tag ist ein Sonntag, ein idealer Tag, um durch Buenos Aires hindurch zu kommen. Schon Mittags sind wir am Fährhafen und setzen mit der Fähre über den Rio Plata nach Colonia Del Sacramento hinüber. Der weitere Reiseverlauf wird im Kapitel Uruguay beschrieben.

Noch 28.04.2016 Anschließend geht es über die Orte Condor und Viedma nach Bahia Blanca. Beim Tanken im Viedma treffen wir das Schweizer Ehepaar mit ihrem Bucher-Womo, das wir auf dem Campingplatz an den Iguazu-Wasserfällen getroffen hatten. Sie wollen nach Bariloche in Chile fahren, und wir fragen uns, was man, um alles in der Welt, im Spätherbst dort machen möchte, es muss lausekalt dort sein. Wir fahren weiter, und haben jetzt eine langweilige Tour vor uns, Pampa halt, mit wenigen Rindern und einigen Schafen drauf, und alles natürlich fein säuberlich eingezäunt. Erst in der Dämmerung erreichen wir den Camping Municipal des Ortes Bahia Blanca. Wir sind die einzigen Besucher auf dem Campingplatz und können uns ein Plätzchen aussuchen. Der Platz liegt zwar etwa 100 Meter neben der befahrenen stark befahrenen RN 3, er ist aber so weitläufig, dass wir trotzdem ein ruhiges Plätzchen für die Nacht finden.

 

Freitag, 29.4.2016 Wir wollen heute bis zum Ort Necochea kommen, einem der ganz großen Badeorte in Argentinien, und müssen dafür 350 Kilometer abspulen. Gleich hinter dem Campingplatz beginnt der Ort Bahia Blanca, eine größere Siedlung. Uns fallen die vielen riesigen Silos und ebenso zahlreichen Lastwagen auf. Auf dem Gelände einer Silo-Anlage sitzen hunderte von Tauben und tun sich gütlich an dem, was dort auf dem Boden liegt. Wir vermuten, es ist Getreide, genau erkennen, können wir es nicht. Bahia Blanca ist eine zentrale Sammelstelle für Agrarwirtschaft im Mammutmaßstab. Wir fahren danach durch eine typische Groß-Agrarlandschaft. Auf riesigen Feldern wechseln sich Weizen, Mais und Quinoa ab, große Siloanlagen säumen die Straße. Das hier ist ein Agrarmaßstab, den wir in Europa nicht kennen, alles ist gigantisch.

Als wir in Necochea ankommen, wird es bereits dunkel, und wir beeilen uns, einen Campingplatz anzusteuern, ein „Overlander-Tip“ !! Es ist ein Riesenort mit lauter flachen Häusern, man fährt endlos durch die Stadt. Später geht es wieder an Groß-Siloanlagen vorbei, in solch „reizender“ Gegend kommen wir zum Campingplatz.

Der Besitzer möchte unverschämte 400 Pesos für rein gar nix haben (immerhin 25 €). Hartmut schickt mich vor, und nach einigem Verhandeln einige ich mich mit ihm auf 250 Pesos. Dafür haben wir keinen Strom, und die Duschen und Toiletten sind abgeschlossen. Des Nachts werden wir dann auch noch durch einen Ohren betäubenden Lärm geweckt, der mindestens eine Stunde anhält, er kommt anscheinend aus einer der vielen Siloanlagen im Ort. In Argentinien ist Lärmschutz (wie übrigens in ganz Südamerika) so gut wie unbekannt.

 

Samstag, 30.04.2016 Unser heutiges Ziel heißt Chascomus, und ist ein mittelgroßer Ort, direkt an einer Seenplatte schon dicht bei Buenos Aires gelegen. 400 Kilometer lang ist heute unsere Tagesetappe. Zunächst verlassen wir Necochea über eine absolut desolate Straße, und wir rätseln, ob und wann wir unser heutiges Ziel überhaupt erreichen. In Mar Del Plata, dem größten argentinischen Badeort (in Spitzenzeiten tummeln sich hier 400.000 Menschen) machen wir unseren letzten größeren Einkauf, und es dauert ewig. Zwischen 13 und 17 Uhr werden überall in Argentinien die Bürgersteige hochgeklappt, alles ruht. Die großen Supermärkte sind zwar offen, laufen aber mit einer Minimalbesatzung. Und da gleichzeitig viele Argentinier in der Mittagspause einkaufen, kann das Bezahlen an den wenigen offenen Kassen stundenlang dauern.

Aber hinter dem Ort beginnt auf einmal eine vierspurige Strecke, und wir machen endlich Strecke. Trotzdem ist es auch heute schon wieder fast dunkel, als wir auf der Suche nach einem Übernachtungsplatz durch den Ort fahren. Der alt eingesessene Ort liegt wunderschön in einer Seenplatte, und hat ein beachtlich großes Neubaugebiet. Er hat auch einen großen Campingplatz, der aber recht gut besucht ist. Wir haben eine große Scheu davor, am Wochenende Milieustudien auf argentinischen Campingplätzen zu machen. Wir haben von anderen Travelern gehört, dass die Musik oft bis in den Morgen läuft, nichts für uns.

Wir vermuten, dass hier Argentinier mit ihren Familien leben, aber in der Millionenstadt Buenos Aires, 100 Kilometer entfernt, arbeiten. Wir suchen in einem „besseren Viertel“ nach einem ruhigen Übernachtungsplatz an einer Straße. Durch einen Zufall, wie er auf so einer Reise immer mal wieder vorkommt, eskortiert uns ein junger Mann, schon spät am Abend zu einem älteren Argentinier deutscher Herkunft. Wir sollen doch, bitte schön, statt auf der Straße, lieber bei ihm im Garten nächtigen. Es stellt sich heraus, dass unser Gastgeber als Kind 1951 mit seiner Mutter nach Argentinien emigriert ist. Bewundernswert finden wir, dass er immer noch hervorragend Deutsch spricht, seine (argentinische) Frau spricht nur Spanisch. Wir unterhalten uns einige Zeit in seinem Haus über vergangene Zeiten. Schön auch, das er uns für uns im Internet die Abfahrtzeiten der Fähren nach Colonia/Uruguay heraussucht.

 

Sonntag, 01.05.2016 Heute endlich fahren wir nach Buenos Aires, und kommen auf der vierspurigen Straße gut voran. Nach einigen Diskussionen haben wir uns entschieden , uns Buenos Aires nicht an zu schauen, sondern gleich mit der Fähre nach Colonia/Uruguay weiter zu fahren. Um eine Millionenstadt wie Buenos Aires ein wenig kennen zu lernen, bräuchte man mindestens eine Woche, Zeit, die wir aber nicht mehr haben. Außerdem fürchten wir etwas die Kriminalität in einer so großen Stadt, zumal es im Stadtbereich selber keinen geeigneten Campingplatz gibt, auf dem wir unser WoMo sicher abstellen können.

Der Zeitpunkt, um Buenos Aires zu durchfahren, könnte günstiger nicht sein, es ist Sonntag Vormittag, da schläft diese Stadt noch! Und so kommt es, dass wir schon um 12.30 mit der Schnellfähre über den Rio De La Plata nach Uruguay unterwegs sind. Kleiner Wehrmutstropfen: Als wir uns auf der uruguayischen Seite die Einreisestempel holen, kommt ein uruguayischer Zöllner völlig überraschend zu uns in das WoMo und greift alles ab, was Küche und Keller so zu bieten hatten: Obst, Gemüse, Wurst und Käse. Dass die Chilenen „abräumen“ war uns bekannt, aber dass Uruguay ebenso rigide vorgeht, war uns leider nicht bekannt. Der Empfang in Uruguay versöhnt etwas: der Obst- und Gemüsehändler, bei dem wir unsere Vorräte Not gedrungen ergänzen, kommt nach dem Einkauf zum WoMo gelaufen, und drückt mir ein Glas Honig als Geschenk in die Hand. Dann fahren wir zum Rio De La Plata, wo wir einen Parkplatz direkt gegenüber eines Restaurants bekommen, wo wir dann auch essen. Leider bestätigt sich wieder einmal unsere Erfahrung, dass man ohne Empfehlung nie in einem unbekannten Restaurant essen sollte, wenn man etwas Ordentliches auf seinem Teller wünscht. Aber wir nehmen es gelassen, das WoMo im Blick zu haben, war uns schließlich auch etwas wert. Das Colonia als Welt-Kulturerbe eingestuft worden ist, will sich für uns auf den ersten Blick nicht so recht erschließen; aber wer weiß, vielleicht sind wir an der falschen Ecke des Städtchens gelandet. Morgen ist auch noch ein Tag, und wir fahren zum Campingplatz, der etwa 200 Meter von der gut befahrenen Ausfallstraße in Richtung Montevideo liegt, wie es sich Nachts herausstellt, ist das deutlich zu nahe.