Die Seentour in Chile geht weiter. Vom Strandcamp Conaripe trennen wir uns ungern. So schön haben wir schon lange nicht mehr gestanden. Aber wir wollen weiter Richtung Nationalpark Reserva Huilo Huilo, einem 160 qkm großem privatem Naturschutzgebiet (ja sowas gibt es in Chile). Es geht durch die Hinterlandschaft der Anden, eine etwas wildere Gravelroad durch Andenurwald und am See Neltume entlang bis zum See Pirehueico. Hier übernachten wir am Camp Puerto Fuy.

Am nächsten Tag machen wir einen Spaziergang entlang des Rio Fuy zu zwei schönen Wasserfällen. Dann geht es weiter zum nächsten See, dem Lago Panguipulli, erst einmal über staubige Gravelróad und dann über Asphaltstraße. Der See ist wunderschöne, sicherlich einer der schönsten der chilenischen Seenplatte. Ab er auch hier gilt - alles privado. Auf dem Campingplatz Puchaley Laequen an diesem See bleiben wir, und da es hier so schön ist und wir Internet direkt im Auto haben, bleiben wir gleich noch einen Tag.

Und weiter lockt die Seenplatte. Mit einem kleinen Abstecher nach Los Lagos (zum Einkaufen) fahren wir zum See Ranco. Ein Lob der Nachurlaubszeit - wir finiden im Ort Llifen einen langen öffentlichen Strand mit tollem Blick auf den See, wo wir wunderschön für die Nacht stehen können. Bis um Anfang März wäre dies nicht möglich gewesen, da dann der Strand wegen Überfüllung fast geschlossen wäre (sicherlich).

Donnerstag, 10.03.2016 Am Abend hatte es heftig geblasen, so dass Hartmut das Auto noch umstellen musste. Aber heute Morgen hat sich alles beruhigt, und ein weiterer Sonnentag begrüßt uns. Beim Frühstück entdecke mit dem Fernglas einen Otter, der immer wieder abtaucht, um anschließend, auf dem Rücken liegend, die gefundene Muschel zu knacken. Hartmut hat sich als heutiges Ziel die private Reserva Huilo Huilo in der Nähe des Lago Pirihueico für unseren Tag ausgesucht. Es geht durch dichten südchilenischen Urwald am Lago Pellaifa und an den Termas Conaripe vorbei, an denen wir eine Mittagspause auf einer Wiese machen. Eigentlich wollen wir zum See, da in unserem GPS ein Weg zum Ufer eingezeichnet ist. Nur ist der privat und gehört zur Therme Conaripe, deshalb ist er mit einem großen Tor mit Schloss für Leute wie wir zugesperrt.

Es geht dann weiter am Lago Neltume vorbei, bis wir in das Taldes Rio Trufuo abbiegen. Dort erblicken wir dann den Schnee bedeckten Doppelvulkan Choshuenco und Mocho. Leider ist die grob geschotterte Strecke (übles Wellblech) sehr Rücken unfreundlich. Außerdem sorgt ein reger Autoverkehr, darunter auch viele Baufahrzeuge für anhaltenden Staub. Hartmut kommt kaum aus dem Auto heraus, um die schöne Landschaft zu fotografieren, und spätestens nach ein, zwei Bildern muss er so schnell wie möglich wieder ins Auto hinein, um keinen Staub schlucken zu müssen.

Im Ort fahren wir zum Fährhafen von Puerto Puy am See Pirehueico, wo wir uns nach den Tarifen erkundigen für eine Fahrt über den See bis zum Ort Pirehueico. Fünfzig Euro für 1 ½ Stunden Fahrt über den schmalen, lang gezogenen See und 1 ½ Stunden auf gleicher Strecke wieder zurück, das überlegen wir uns bis morgen früh. Ziemlich dicht am Hafen, dort, wo der Rio Trufuo in den See mündet, finden wir eine leidlich ebene Wiese, von der aus wir den umliegenden „Camper-Müll“ nicht sehen. Am Abend führen wir eine erneute Diskussion, wie lange und wie oft wir uns eigentlich Pistentouren erlauben wollen. Die Frage steht auch weiterhin ungeklärt im Raum: wir wursteln uns so durch, und hoffen immer noch auf Besserung, was Rücken und Straßenverhältnisse angeht.

 

Freitag, 11.03.2016 Statt einer Bootstour entschließen wir uns, die Reserva Huilo Huilo etwas zu erkunden. Reise Know How schreibt: „ Für ihr Nachhaltigkeitskonzept hat sie 2015 den von National Geographic und der ITB Berlin vergebenen World Legacy Award bekommen.“ Zum 160 qkm großen Gebiet gehören in Straßennähe zwei verrückte Hotels (ein Vulkankegel und ein Holz-Pilz, Wanderwege, ein Reiterhof, und vieles mehr. Das touristische Angebot ist vielfältig, richtet sich aber in erster Linie an die Hotelgäste. Wir parken unser Auto in „Seh- und Hörweite“ des Ticket-Verkaufs für einen kurzen Wanderweg zu den Wasserfällen Huilo Huilo und Puma, und bitten darum, man möge unser Womo doch etwas im Blick haben. Die Sorge, es könnte aufgebrochen werden, „wandert“ bei jeder Wanderung mit. Es ist ein schöner Weg direkt am Fluss entlang, bis er in einer Treppe endet, die in vielen vielen Stufen zum Fluss führt. Beide Wasserfälle ergießen sich in Türkisgrün schimmernde Gumpen, die zum Baden locken, aber das Wasser wird kalt sein und es führt kein Weg direkt zum Wasser.

Als wir wieder im Auto sitzen, sind wir froh, trotz unserer Malaisen gelaufen zu sein. Hartmut meint noch: „ Achtung, die Rentner-Gang ist unterwegs!“ Ich bin eher dafür vom „Invaliden-Bus“ zu sprechen, der Chile durchmisst. Wie dem auch sei, wir tun unser Bestes!

Auf dem Rückweg aus der Reserva haben wir nach 15 Kilometern auf ein mal Asphalt unter den Rädern, und fahren am späten Nachmittag um den traumhaft gelegenen Lago Panguipulli herum. An vielen Stellen hat man an diesem See Haltepunkte geschaffen, damit man die Schönheit des Sees und seiner Umgebung in Ruhe in sich aufnehmen kann. An den See selbst können wir jedoch an keiner einzigen Stelle gelangen. Mit dem Fernglas kann ich ein feudales Haus erspähen, mit einem dazugehörigen Strand. Und selbst am Strand dort steht ein Schild mit der Aufschrift „PRIVADO“, einfach traurig ist das.

Wir steuern einen hoch über dem See liegenden Campingplatz aus unserem I-Overlander-Sortiment an. Wir sind angenehm überrascht, außer uns befinden sich noch drei Familien auf dem Gelände, die eine der hübschen Cabanas gemietet haben. Für mich steht fest, dass wir hier Morgen in aller Ruhe schreiben, telefonieren und Bilder hoch laden werden.

 

Samstag, den 12.03.2016 Der Blick auf den Lago Panguipulli ist einfach schön, wieder mal wie Urlaub. Daher beschließen wir, den heutigen Tag als Urlaubstag zu verbringen. Das Internet ist sehr gut, und Hartmut kann seine Bilder hochladen, so viel er möchte und schafft. Wir nehmen uns Zeit für ein längeres „Bildtelefonat“, und sind etwas verdutzt, als die Kids nach kurzer Zeit ungeduldig werden. Mattis möchte zu seinem Freund gegenüber, neben Linus steht Ivo, mit dem er etwas unternehmen möchte. Wir merken: die Enkelsöhne werden selbstständig, eigentlich eine erfreuliche Entwicklung. Für mich persönlich ist es auch die Bestätigung meiner Entscheidung, im nächsten Herbst die letzte Runde unserer Tour nicht mehr mit zu fahren. Ich möchte mit meinen Enkelsöhnen noch Dinge gemeinsam tun, bevor sie endgültig nach draußen streben. Ein weiteres Telefonat ist trauriger Natur: eine Nachbarin, mit der wir 27 Jahre lang, fast Tür an Tür, zusammen lebten, ist verstorben. Das kam zwar nicht ganz unerwartet, aber ich hätte sie gern noch im Mai am Krankenbett begrüßt. Am späten Nachmittag schiebt sich langsam, langsam ein Pickup-Womo den Weg hinauf, darin ein Ehepaar aus Niedersachsen, die seit nunmehr 8 Wochen im gemieteten Womo den Süden Chiles erkunden. Nach dem Essen setzen wir uns noch auf einen Plausch zusammen, und tauschen ein paar Tipps aus. Selten ist ein Tag so ruhig und entspannt verlaufen, unseren Rücken hat das übrigens auch sehr gut getan.

Seit einiger Zeit sinniere ich darüber, ob und was sich während dieser dritten Runde unserer Reise verändert hat, oder ob alles beim Alten geblieben ist. Wir fühlen uns mittlerweile in Chile sehr sicher. Trotzdem lassen wir unser Fahrzeug auch jetzt selten allein, aber wir gehen natürlich Kompromisse ein. Wenn wir in den Nationalparks wandern wollen, stellen wir das Womo, wenn möglich immer in Sichtweite eines Parkbeamten; das habe ich auch schon des Öfteren beschrieben. Supermarkt-Besuche erledige ich meist allein. Während wir in Nordchile wenig Probleme mit einem Stellplatz für die Nacht hatten (die Atacama war natürlich ideal), war das im mittleren Teil des Landes besonders schwierig. Zwei oder drei Mal mussten wir noch bis in den Abend hinein fahren, um z.B. einen sicheren Platz zu erreichen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass zwar Übernachtungsempfehlungen durchaus hilfreich sein können, dass dabei jedoch die Ansprüche an einen solchen Platz sehr, sehr unterschiedlich sein können. Einige „overlander“ scheinen eine Vorliebe für weithin sichtbare Plätze zu haben, andere finden wiederum Tankstellen sehr reizvoll, alles, was uns nicht vom Hocker reißt. Wenn möglich, planen wir so viel Zeit für die abendliche Suche ein, dass wir uns zur Not einen eigenen Platz suchen können.

Wie viele Leser wissen, bin ich Vegetarierin, und für die Zubereitung von Fleisch völlig ungeeignet. Trotzdem ist Hartmut nicht unzufrieden mit dem, was auf dem Teller liegt. Konserven führen bei uns ein Schattendasein, meist kann ich an frischem Gemüse nicht vorbei gehen. Leider gibt es fast keine frischen Soja-Produkte, und so greife ich auf mein „Trockenfutter“ aus Peru zurück. Ewig auf der Jagd bin ich nach Joghurt ohne Zucker, und vernünftigem Käse. Mit Wehmut denke ich an Peru und Bolivien zurück, wo man auf den Märkten wunderbare Bauernkäse eigener Produktion aus dem großen Eimer greifen konnte. Ein sehr gutes Angebot gibt es bei Fisch. Aber hier gilt, Fisch bitte nie im Restaurant essen, sondern fangfrisch kaufen und selbst in die Pfanne legen. Insgesamt ist das Angebot an Nahrungsmitteln eher europäisch mit einigen Exoten in der Obstabteilung; mit etwas Mühe ist es fast, wie zu Hause. Seit Kurzem haben wir übrigens einen Campingtoaster, den man hier im Supermarkt Jumbo kaufen kann. Das Ding wird einfach auf die Gasflamme gelegt, Brot rauf gepackt, und gewartet, bis es duftet, es dauert nur ein, zwei Minuten, um auch dunkles Brot zu toasten. Hartmut ist mit dem neuen Gerät total happy, toastet er doch zu Hause wirklich jede Scheibe Brot, auch dunkles. Ab jetzt wird unser Frühstück komplizierter, wird doch jedes Brot getoastet.

Die Wäsche ist ein immer währendes Thema. Da unsere Spanisch-Kenntnisse sehr begrenzt sind, können wir eben nicht in einem Waschsalon darum feilschen, dass unsere Teile zuerst gewaschen und getrocknet werden, weil wir auf der Durchreise sind. In der Vergangenheit haben wir deshalb immer unsere Gastgeber, die Deutsch oder Englisch sprachen, gefragt, ob wir waschen dürfen. Das klappte bisher immer ganz gut. Nur ein Mal, als eine Waschmaschinenfüllung plus Aufhängen sage und schreibe neun Euro kosten sollte, haben wir gepasst. Wenn alle Stricke reißen, gilt unsere alte Campingregel: dort, wo sich ein ausreichend großes Waschbecken befindet, wird gewaschen! Wie wir das machen, wenn das Wetter schlechter wird, wird sich zeigen!

Seit einiger Zeit registriere ich, dass das Womo läuft und läuft, und fast nichts löst sich, leckt, reißt ab, usw...Dafür sieht es innen und außen so aus, als ob es spätestens nach seiner Rückkehr aus Südamerika eine Generalüberholung bräuchte. Es sieht halt jetzt richtig „gebraucht“ aus. Ich brauchte einige Zeit, bis ich mich daran gewöhnt hatte, dass der Duschvorhang Stockflecken bekommen hat, die Umrandungen der Moskitonetze eben so, die Fußmatte geklebt ist, der kleine Teppich an der Treppe einen Grauschleier aufweist, die Küchenschublade ewig von Krümeln befreit werden muss, die Tischdecke zwei Schnitte und einen Fleck hat, der Türrahmen speckig aussieht, so oft man ihn auch abreibt (um nur einige Dinge zu nennen), von der äußeren Hülle ganz zu schweigen. Wenn man zum x-ten Mal das Fahrzeug plus Womo frisch gewaschen im Empfang nimmt, und am Abend, nach einer langen Pisten-Tour , aus einem total eingestaubten Womo steigt, stumpft man irgend wann etwas ab, und nimmt sich vor, nicht mehr so genau hin zu schauen.

Seit einiger Zeit sehen wir jede Woche zusammen eine Fernsehserie. Eigentlich hatte Hartmut die CD für mich gekauft, damit ich „ den Anschluss nicht verpasse….“, aber nun schauen wir zusammen, ein Ritual, ähnlich wie unser Frühstücksei am Sonntag. 

Sonntag, 13.03.2016 Nachdem wir erst nach Mitternacht ins Bett gekommen sind, fahren wir nach unserem Sonntagsfrühstück auch relativ spät los. Es geht nach Los Lagos, direkt an der Panamericana, zum Einkaufen. Durch eine Wiesen- und Waldlandschaft geht es zum Lago Ranco. Zur „Kaffeezeit“ suchen wir wieder mal vergeblich einen grünen, geschützten Platz, etwas abseits der Straße. Aber wie ini Chile üblich ist alles eingezäunt, ein Verlassen der Straße ist nicht möglich. Schließlich stellen wir uns ein paar Meter in eine geschotterte Straße hinein, die von der Hauptstraße wegführt. Das macht aber nicht sonderlich viel Spaß, denn die Chilenen brausen mit ihrem Pickups ungerührt in hohem Tempo an unserem Womo vorbei, dass es nur so staubt. Also gibt es nur einen kurzen Picknick-Aufenthalt, dann geht es zurück zur Hauptstraße, die uns schnell zum Ort Llifen am Lago Ranco führt. Viele Orte, die direkt an einem See liegen, haben einen „hauseigenen“ Strand. Der ist natürlich nicht eingezäunt, aber im Sommer entsprechend voll. Im März herrscht fort aber gähnende Leere und man kann dort schöne Übernachtungsplätze direkt am See finden. So auch hier, Llifen hat einen bald kilometerlangen Strand. Es ist ein grober Kiesstrand, aber immerhin. So holen wir gegen 5 Uhr schon unseren Tisch und die Stühle heraus, und genießen die Sonne und die wunderschönen Blicke auf den See.

Vom Strandcamp Lago Ranco aus wollen wir (wegen schlechten Wetters) zum Pazifik fahren. Es geht uzur Bahia Mansa, die uns von zwei Wohnmobilisten eindringlich empfohlen wurde. Wie das nun so ist, die Geschmäcker sind unterschiedlich und es macht auch einen großen Unterschied, ob man am Wochenende oder am Montag irgendwo ist. Trotz der Tristesse hier finden wir einen sehr hübschen Übernachtungsplatz direkt am Strand in Pucatrihue. Aber für die Dauer reicht uns das nicht, und so geht es wieder ins Inland zur Seenplatte. Entlang des Sees Peyehue fahren wir in den Nationalpark Puyehue. Eigentlich sucht Hartmut einen Platz mit schöner Seensicht, aber wir bekommen hier nur einen Platz auf einer (zugegeben sehr schönen) Bergwiese, aber nichts mit Aussicht.

Danach verlassen wir Chile - zumindest für einige Minuten. Unser Aufenthalt in Chile muss verlängert werden. Eigentlich haben wir auf eine kurze Aktion an der chilenischen Grenze gehofft, aber leider müssen wir zur argentinischen Seite hetzen, dort ein- und gleich wieder auschecken, dann zurück nach Chile, nur um eine Verlängerung für Chile zu bekommen. Danach schaffen wir es nur noch bis zu dem CONAF-Campingplatz Anticura.

Das Wetter ist schön und so zieht es uns zum Bilderbuchvulkan Osorno. Hier übernachten wir hoch am Berg bei einer Skistation, mit herrlichem Blick über den Vulkan und die umliegende Landschaft.

Montag, 14.03.2016 Heute hängen dicke Wolken am Himmel, und es sieht nach Regen aus. Ich bin ein bisschen grantig, weil wir nun erst mal nicht wissen, wohin wir bei schlechtem Wetter fahren. In meiner Fantasie gibt es ab heute nur noch Regen.

Die Alternative zu schlechter Laune scheint ein Abstecher ans Meer zu sein, frei nach dem Motto: ein Mal noch den Pazifik sehen…..! Die beiden Wohnmobilisten aus Buchholz haben jedenfalls von der Bahia Mansa geschwärmt. Deshalb fahren wir sofort Richtung Meer. Über Rio Bueno geht es auf Kurven reicher Straße bis zur Bahia Mansa, und die entpuppt sich als schmuddeliger Hafen. Die Fischbuden, von denen die beiden geschwärmt haben, haben nur am Wochenende auf, jetzt ist Montag und alles ist gähnend leer, niemand ist unterwegs, alles geschlossen.

Das Restaurant, hinter dem die beiden mit ihrem Womo übernachtet haben, ist geschlossen und ein anderer „schöner“ Übernachtungsplatz in der Bucht ist nicht sichtbar.

Aber so schnell lassen wir uns nicht unter kriegen. Südlich liegt in kurzer Entfernung der Badeort Maicolpue mit einem langen Strand. Von einer Anhöhe aus plinzen wir mit dem Fernglas aus die Stellmöglichkeiten, sehen aber nichts geeignetes. Dann gibt es im Norden in 3 km Entfernung der Strand von Pucatrihue, es soll laut Reiseführer der Hausstrand der Osorner sein. Wir fahren entlang des Strandes, aber von möglichem Stellplatz ist nichts zu sehen. Erst ganz am Ende des Ortes, dort, wo die Straße den Ort verlässt, sehen wir einen primitiven Parkplatz für wenige Autos in Richtung Strand, der einige in der ganzen Buch, den nehmen wir sofort. Der Wind hat aufgefrischt, und die Wolken weg gepustet. Dafür ist es aber ganz schön frisch. Trotzdem sitzen wir bis zum Sonnenuntergang draußen, und schauen der Brandung zu. Eine ältere Frau, dick angezogen, läuft langsam am Strand entlang, und wirft in regelmäßigen Abständen Angelschnüre mit Ködern daran in die Fluten. Die Schnüre verbuddelt sie danach sorgfältig im Sand. Erst nach Sonnenuntergang eilt sie nach Hause, in ein kleines baufälliges Gehöft, etwa hundert Meter von unserem Platz entfernt.

Dann laufen einige junge Leute mit Blumen zu einem entfernteren Teil des Strandes und kommen nach einiger Zeit ohne Blumen zurück. Wir fragen nach und wirklich, dort ist ein Familienmitglied am Strand gestorben. Ob beim Surfen???? wir haben nicht weiter nachgefragt. Heute Abend leistet uns unsere Heizung gute Dienste, so ausgefroren sind wir.

Dienstag, 15.03.2016 Wieder beginnt ein Tag mit strahlender Sonne, die wir zunächst bei einem Strandspaziergang genießen. Hartmut möchte heute zum Nationalpark Puyehue fahren; dort gibt es in der Nähe einer Skistation einen iOverlander-Platz. Hartmut hofft auf eine tolle Aussicht auf den See und die weite Seenlandschaft. Unterwegs sammeln wir noch schnell zwei Schüsseln mit Brombeeren für das heutige Abendessen, dann geht es weiter über Osorno, wo wir im Supermarkt Jumbo noch schnell einen zweiten Campingtoaster für uns erstehen. Dann kommt der Lago Pueyhue in Sicht, der wunderbar zwischen den Baum bestandenen Bergen liegt. Vorbei an den Thermen von Puyehue, einer sündhaft teuren ( Tickets für Tagesgäste 75 Euro mit einer Mittagsmahlzeit), aber traumhaft schön gelegenen Anlage, weiter an Aguas Caliente mit preiswerteren Thermen vorbei, geht es auf eine 20 Kilometer lange Gravelroute.

Eigentlich verstehe ich nicht so recht, warum Hartmut gerade diesen Platz ausgesucht hat, und begreife aber aufgrund der Fahrtroute schnell, dass wir dort oben nie und nimmer den wunderbaren Seeblick haben werden. Die Piste ist für mich absolut übel, viele Löcher und Querrillen, dafür ist der Urwald, durch den wir fahren, sehr, sehr schön. Überall leuchten die Fuchsienblüten aus dem dichten Grün, schimmern Lagunen. Der gepriesene iOverlander-Platz entpuppt sich als eine schöne Bergwiese, die auch nicht den Schimmer einer Aussicht bietet, dafür aber mit Riesenmoskitos gesegnet ist. Wir flüchten total perplex in unser Womo! Mücken, wie lange ist das her, dass wir mit Mücken zu tun hatten, und dann noch mit solchen Biestern.

Mittwoch, 16.03.2016 Wir entschließen uns, heute die kurze asphaltierte Straße zur argentinischen Grenze zu nutzen, um uns den Aufenthalt für weitere 90 Tage in unsere Pässe stempeln zu lassen. Unser „altes“ Visum ist praktisch zu Ende. Ich bin skeptisch, ob das so einfach klappt. Außerdem sollte man einen Grenzübertritt immer am Vormittag in Angriff nehmen, denn es könnte ja was dazwischen kommen…..

„Et küüt, wie et kütt“, die Sache geht fast daneben. An der chilenischen Grenze bekommen wir anstandslos die Ausreisestempel in die Pässe. Aber dann erklärt der junge Beamter, dass für die erneute Chile-Einreise wir zunächst nach Argentinien ausreisen müssen. Und die argentinische Immigration ist 38 km entfernt über eine sehr kurvige Bergstraße. Dort sollen wir nach Argentinien einreisen und gleich wieder ausreisen, dann zurück nach Chile, um hier die neue Einreise bestätigt zu bekommen. Es ist 16:30 und um 19 Uhr macht die Grenze zu, viel Zeit haben wir also nicht.

Vorausschauend erkundige ich mich nach unseren Lebensmitteln, die wir ja offiziell ausführen, und dann wieder einführen. Und Chile ist ganz eigen, was Lebensmittel betrifft. Chile hat bislang keine Maul- und Klauenseuche und hat Importrestriktionen für Lebensmittel wir Australien. Die argentinische Immigration liegt in der Mitte von „Nowhere“, weit und breit kein Lebensmittelgeschäft. Aber auch hier triumphiert die Bürokratie: unsere Lebensmittel werden in Augenschein genommen und dann werden alle Fächer, die Lebensmittel enthalten fachgerecht „versiegelt“.

Wir haben damit nur 2 ½ h Zeit für die gesamte Prozedur, wir düsen deshalb los durch die tollste Landschaft. Wir fahren durch die Grenze überschreitenden Nationalparks Puyehue (Chile) und Nahuel Huapi (Argentinien). 2011 gab es hier den Supergau, als der Vulkan Puyehue ausbrach, und ganze Teile in beiden Parks mit Asche bedeckte. Die Asche beeinträchtigte sogar den bekannten argentinischen Ort Bariloche, sie flog einmal um den Globus, um nach zwei Wochen wieder in Chile zu landen. Im chilenischen Teil des Parks sind große Teile aller Bäume in Ascheflugrichtung komplett abgestorben, im argentinischen Teile haben zum Glück ein Großteil der Bäume überlebt. Die Asche jedoch ist weithin sichtbar, bis hinauf in die höchsten Bergspitzen der umliegenden Bäume. Die Strecke führt über einen Pass mit vielen Kehren, es geht auf und ab, und die Zeit schwindet dahin.

In der argentinischen Immigration geraten wir jedoch an eine junge, Englisch sprechende Beamtin, die sich sogleich unser annimmt, und auch ihre Kollegen instruiert. Nach kurzer Zeit haben wir, ratz fatz, unsere Pässe gestempelt, eine vorläufige Importgenehmigung für unser Womo brauchen wir nicht (wir reisen ja gleich wieder aus) und machen uns erleichtert auf den Rückweg. Ein Blick auf die Uhr zeigt, dass wir jetzt ein zeitliches Polster haben. So kommt es, dass Hartmut sogar noch ein paar Bilder machen kann. Als ich unterwegs aussteigen muss, versinke ich am Straßenrand Knöchel tief in der hellgrauen Asche. Auch an der chilenischen Seite geht dann alles ganz schnell, nur der Zollbeamte vergewissert sich im Zollbüro, ob sein Kollege vor zweieinhalb Stunden die Lebensmittel versiegelt hat……

Anschließend steuern wir im Nationalpark Puyehue einen sehr schönen CONAF-Campingplatz an, der noch geöffnet hat. Hier stehen wir auf einem großen Platz inmitten dichten Waldes. Morgen früh wollen wir hier zwei kurze Spaziergänge zu einigen Wasserfällen machen. Leider komme ich beim Abstieg von unserem Alkoven im Womo so unglücklich mit dem linken Fuß auf das davor liegende Podest, dass ich hinfalle und mir den Knöchel verstauche. Damit werden diese Pläne Makulatur. Hartmut besorgt für den malträtierten Knöchel sofort Eis, und tröstet mich, aber wandern oder Spazieren gehen werde ich in der nächsten Zeit erst mal nicht können, wirklich ärgerlich.

Donnerstag, 17.023.2016 Seit der letzten Nacht regnet es ununterbrochen. Das passt so richtig zu meiner Stimmung. Ich sitze mit meiner Eispackung auf dem Bett, und grüble, warum immer ich, und nicht mein Gatte, umknicke. Um mich wenigstens etwas nützlich zu machen, flicke ich die Hülle für unsere Keile. Hartmut bearbeitet seine Bilder, und schreibt Tagebuch. Zwischen drin verpasst er mir, fürsorglich wie er in solchen Situationen ist, ein neues Päckchen mit Eiswürfeln darin.

 

Freitag, 18.03.2016 Nach nur einem Regentag scheint heute wieder die Sonne; zwar nicht von einem perfekt wolkenlosen Himmel, aber immerhin. Für dieses Wetter gibt es nur ein Ziel, der Vulkan Osorno. Man kann bis zu einer Bergstation fahren, und, wenn man möchte, sogar mit einem Sessellift bis zum Anfang des Gletschers gelangen.

Zuerst geht es in Richtung des Ortes Entre Lagos immer am See Puyehue entlang, der aber leider meist durch hohe Vegetation verdeckt ist. Nach dem Tanken in Entre Lagos biegen wir auf die Straße ab, die zum Lago llanquihue führt, und sind angenehm überrascht, dass sie asphaltiert ist; auf der Karte ist sie noch als Gravelroad eingezeichnet, und unsere Rücken sind für jeden Meter Asphalt dankbar. Auf unserem Weg liegt auch der kleine Lago Rupanci, der sich in Richtung der Berge erstreckt. Hier wollen wir in schöner Umgebung eine Mittagsrast einlegen. Unser erster Versuch ist eine Marina am See, der am Veto des „Wachpersonals“ scheitert. Wie in Chile so üblich ist alles eingezäunt und privat, so auch die Ufer dieses Sees. Wir müssen mit einem Mirador an der Straße Vorlieb nehmen, der immerhin einen schönen Seeblick zu bieten hat. Der See liegt herrlich in der Landschaft, eine Sünde, dass man ihn als Reisender nicht direkt besuchen kann, alles pirvado.

Anschließend erreichen wir den mit 870 Quadratkilometern zweitgrößten See Chiles. Rechts der Straße halten wir an einem großen, weit geschwungenen schwarzen Lavastrand, von Büschen und weiß blühenden Ulmo-Bäumen gesäumt. Eigentlich ein Bade- und Campertraum, wäre nicht wieder der unerträgliche Müll, der überall herum liegt. Die Chilenen schmeißen anscheinend überall ihren Müll weg. Wir überlegen, ob die Chilenen deshalb ihre Grundstücke so hermetisch nach außen hin abriegeln, wer weiß….

Obwohl die Sonne scheint, ist es draußen richtig ungemütlich, kein Wunder, der Wind ist so stark, dass das tiefblaue Wasser des Sees Gischt bildet. Kurz vor dem Ort Ensenada biegen wir zum Vulkan ab. An zwei Stellen können wir einen Blick auf den Vulkan werfen, der sich während des Regentages ein weißes Kleid angezogen hat. Der Gletscher glänzt und gleißt wie Silberpapier.

In den Büschen neben der Straße pflückt ein Mann Beeren, und ich bin wie elektrisiert. Er schiebt sich eine davon in den Mund, und lächelt mir zu. Dann hebt er einen Plastikeimer an, um seine Ausbeute zu zeigen. Ich bin natürlich äußerst neugierig darauf, vielleicht kann ich ja daraus Marmelade machen???

Oben, auf dem großen Parkplatz holen wir sofort Tisch und Stühle heraus. Es windet zwar und es ist lausekalt, aber zum Glück wirft das Womo einen Windschatten, der groß genug ist für ein Draußen hocken. Wenn man dann in der Sonne sitzt, dann geht es. Wir machen ein paar Fotos von uns, schließlich wollen wir unserem Freund Walter demonstrieren, dass wir seinen Lieblingsvulkan tatsächlich besucht haben. Dann verschwinden wir aber schleunigst wieder im Womo, es ist einfach zu kalt und windig. Trotz vieler Wolken, die in rasender Geschwindigkeit über den Himmel ziehen, können wir immer wieder den wunderbaren Lago Llaquehue, eingebettet in eine nordische Waldlandschaft, bewundern.  

Auf der nächsten Seite geht es weiter.