Ein Reiseführer verleitet mich, nicht auf dem direkten Weg nach Salta zu fahren, sondern einen Umweg über Cordoba zu machen.

30.10 bis 01.11.2016 Die „eigentliche Reise“ soll in Salta beginnen. Salta liegt am Fuß der Anden recht weit im Norden (von hier aus sind es nur noch 450 km bis zu bolivianischen Grenze). Ab hier ist die Landschaft schön, bis hier ist sie langweilig.

Von Montevideo bis Salta sind es auf der kürzesten Strecke so 2000 km. Es sind 2000 äußerst langweilige Kilometer durch plattes Argrarland mit Miniorten unterwegs, ich werde 4 bis 5 Tage bis dahin brauchen.

In Deutschland habe ich einen zweiten Reiseführer über Argentinien erstanden (Stefan Loose), den ich jetzt eifrigst studiere und der Reiseführer schwärmt mir was von Cordoba und der Umgebung vor. Er erzählt was von Weltkultur-Städten und von herrlicher Berglandschaft, von freundlichen Menschen und von wunderschönen alten Städten.

Cordoba selber will ich meiden. Die Stadt hat 1 ½ Millionen Einwohner, sie ist mir einfach zu groß. Aber es gibt andere, kleinere Ortschaften wie Alta Gracia oder Jesus Maria, die ebenfalls Welterbe-Städte sind. Vor meinem inneren Auge entstehen die schönen Kolonialstädte von Kolumbien, durch die ich so gerne gestreift bin, das ist was anderes als die direkte Anfahrt, zumal der Umweg nicht groß ist (vielleicht 300 km) – also nichts wie los.

Die Ausreise aus Uruguay und Einreise nach Argentinien bei Fray Bentos ist die problemloseste bisher. Die Immigration von Uruguay und Argentinien liegt in einer Hand (ein Grenzer gibt beide Stempel) und auch die beiden Aduanas liegen direkt nebeneinander in einem Gebäude, nach 20 Minuten bin ich durch. Die weitere Strecke ist wie erwartet – platt und langweilig. Es ist eine einsame und weite Landschaft, sehr dünn besiedelt und nur die ewigen Zäune rechts und links begleiten mich auf der Tour. Eine Nacht verbringe ich auf einem schönen Tagesplatz an einem Fluss mit Badestellen (Camp am Fluss), ich darf ausnahmsweise hier übernachten. Und nach insgesamt 850 km komme ich abends im Ort Alta Gracia 25 km südwestlich von Cordoba an. Laut Reiseführer ist „Alta Gracia ein berühmtes Bergdorf, Patrimonia de la Huminidad, die Straßen winden sich sanft die Hügel hoch und runter (Originaltext)“. Also kann ich was erwarten. Und dann komme ich in ein typisches südamerikanisches Städtchen hinein, etwas verlottert und abgerissen mit kaputten Straßen, der Himmel voller Stromleitungen – wie üblich. Und so langsam dämmert es mir, nicht die Stadt selber ist Weltkulturerbe, sondern eine Estancia der Jesuiten aus dem 17. Jhdrt innerhalb der Stadt, ein kleiner Unterschied. Die Stadt selber hatte zwar bedeutsame Einwohner wie Che Guevara, der hier groß geworden ist, aber die Bausubstanz ist halt südamerikanisch, von wegen alte Kolonialstadt.

Beim weiteren Studieren des Reiseführers lerne ich, das er generell Argentinien in glühenden Farben beschreibt, ich muss mich erst einmal auf den Reiseführer einstellen und versuchen, aus den bombastischen Beschreibungen die Wirklichkeit herauszuschälen.

Und natürlich schaue ich mir am nächsten Vormittag erst einmal die Jesuiten-Estancia an. Die Jesuiten haben 1614 die Universität von Cordoba gegründet, die älteste des Landes. Und sie haben gleichzeitig in der Umgebung 5 Estancias gegründet, die Universität sollte über deren Einnahmen ständig mit Geld versorgt werden, wie klug. Das waren keine kleinen Güter, sondern Riesenbesitze. So hatte die Estancia Jesus Maria im gleichnamigen Örtchen z.B. eine Größe von 100 000 Hektar. Die Jesuiten führten diese Estancias bis zum Jahr 1767 in Eigenregie, dann mussten sie alle wegen eines Dekrets des spanischen Königs den Kontinent verlassen. Und da die Estancias gut funktionierende Wirtschaftsbetriebe waren, wurden sie weiter geführt und alle fünf Estancias sind auch heute noch komplett erhalten – und alle fünf wurden zum Weltkulturerbe der Unseco ernannt.

Natürlich muss ich mir so was anschauen.

Den Vormittag lasse ich mich durch die Gebäude treiben, umgeben von lauter Schulklassen, die hier ebenfalls herumtoben. Natürlich fotografiere ich fleißig, obwohl die vielen Kinder etwas dabei stören. Und im Gegensatz zu den Jesuiten-Missiones (die wir ja auch besucht haben) ist hier alles komplett vorhanden. Am Nachmittag fahre ich dann weiter durch das Valle de Punilla, auch im Reiseführer wärmstens empfohlen. Es ist eine Ansammlung von Touristenorten und alleine am „Startort“ Villa Carlos Paz verbringen 2 Mio Argentinier ihr Sommerferien. Der Ort hat 50 000 Einwohner und wenn man annimmt, das jeder der 2 Mio insgesamt 2 Wochen im Ort bleibt, dann kommen zu den 50 000 Einwohner insgesamt 400 000 Gäste, das ist wirklich nicht meine Urlaubsvorstellung, aber die Argentinier sind halt was anderes.

Das Tal hat zwei Besonderheiten. Die eine ist, das der Camino Real hier durchläuft. Der „königliche Weg“ war der alte Silbertransportweg von Potosi nach Buenos Aires. Über 3500 km wurde das in Potosi geförderte Silber so nach Buenos Aires und dann per Schiff weiter nach Spanien gebracht. Die zweite Besonderheit ist, das das Tal sogar etwas bewaldet ist. Und so fahre ich in einer grünen Landschaft durch eine Ortschaft nach der anderen bis nach La Cumbre. Hier gibt es sogar eine hübsche Ortsecke (siehe Bild) und es gibt außerhalb einen Mirador in den Bergen (den Mirador Cuchi Corral), an dem ich übernachte. Neben dem tollen Ausblick über das weite Land komme ich in den Genuss heftiger und kalter Winde und kann das Gefühl genießen, an einem Austragungsort der Weltmeisterschaft im Gleitschirmfliegen zu stehen.

Von La Cumbre aus geht es über die Berge in den kleinen Ort Jesus Maria. Hier gibt es zwei der fünf Jesuiten-Estancias im Umland von Cordoba und die muss ich natürlich besichtigen. Dann geht es aber mit macht nach Salta. Eine Übernachtung in Santiago del Estero und die nächste ist dann schon in Salta, der Endpunkt der "Anreise".

Dienstag, der 02.11.2016 Zwei der fünf Jesuiten-Estancias liegen in dem kleinen Ort Jesus Maria (wie passend). Eine Asphaltstraße dorthin führt über die Berge und so fahre ich 25 km zurück und biege dann ab – bis zu einer Baustelle auf halben Weg, no chance, weiter zu kommen, die Straße ist gesperrt. Eine weitere Möglichkeit ist eine Gravelroad über das Gebirge direkt vom Ort La Cumbre aus.

Nun sind kleine unbefestigte Straßen ins Gebirge hinein immer mit Vorsicht zu befahren. Diese Straße ist aber ganz in Ordnung, sie verläuft durch eine kahle Gebirgslandschaft, total einsam, eng und kurvig und am späten Mittag bin ich trotz des kleinen „Ausflugs“ in Jesus Maria.

Zwei Estancias besichtigen, zweimal mit der Kamera durch die alten Gemäuer ziehen, wobei ich in der am besten erhaltenen Estancia in Jesus Maria nicht fotografieren darf (warum????). Die nachfolgenden Bilder zeigen Eindrücke der Estancias.

Um 16 Uhr mache ich mich dann auf den weiteren Weg. Ich möchte endlich in Salta ankommen. Der nächste Übernachtungsplatz aus iOverland liegt im großen Ort Santiago del Estero, ein ganzes Stück entfernt. Ein Teil der Strecke verläuft über eine Art „Salzpfanne“. Es ist eine weite, karge Landschaft nur mit niedrigen Büschen bewachsen, dazwischen schimmert es immer wieder weiß. Ortschaften gibt es alle 50 bis 80 km, wobei es meistens nur wenige Häuser sind, sie wirken sehr kärglich. Es ist nicht zu erkennen, ob es hier irgendeine Landwirtschaft gibt. Und trotzdem begleiten einen links und rechts die ewigen Zäune, wozu??

Natürlich komme ich erst sehr spät in der Dunkelheit nach insgesamt 515 km an. Ein kommunaler Campingplatz liegt direkt am Ufer des „süßen Flusses“ (Rio Dulce). Und natürlich finde ich in der Dunkelheit nicht die richtige Straße, um von der hochgelegenen Durchgangsstraße hinunter zum Flussufer zu kommen. Ich suche nach einem Ausweichplatz (Wohnstraße), aber die Gegend ist mir zu ärmlich dafür. Erst mit einem illegaler Ritt über ein Feld (mal ohne Zaun) komme ich an die Uferstraße und dann zum Campingplatz und es ist schon fast Mitternacht, als ich ins Bett sinke. Flussufer bedeutet leider auch, dass es unendlich viele Mücken gibt, die mich terrorisieren, da ich sie viel zu spät registriert habe.

03.11. bis 07.11.2016 Von Santiago del Estero bis Salta sind es 460 km. Die Straße verläuft im Wesentlichen Schnurstracks und so komme ich am frühen Nachmittag dort an. Ich muss einkaufen und finde einen große Mall mit Supermarkt, aber leider mit Höhenbegrenzung für die Einfahrt. Neben der Mall gibt es aber eine Einbahnstraße, an der ich parken kann. Durch das elende Einbahnstraßensystem in Südamerika kurve ich kilometerlang durch die Gegend, bis ich aus der richtigen Richtung kommend in die Straße hineinfahren kann, dieses System ist einfach ärgerlich.

In Salta will ich eine Inspektion des Toyos durchführen lassen (sie ist schon ewig überfällig), einige kleine Reparaturen am Fahrzeug machen, die vierte Seite´des Dachausstiegs neu einkleben und dann natürlich die Stadt besichtigen, die laute Reiseführer eine der schönsten Argentiniens sein soll. Für die Inspektion benötige ich einen Toyota-Service, einer wird im iOverlander empfohlen. Ich fahre noch am Abend dort hin, um mich anzumelden. Als ich aber die Klitsche sehe, kehre ich gleich um, denen will ich mein Auto nicht anvertrauen. Aber zum Glück gibt es ja Toyota-Salta mit Adresse im Internet, gleich morgen früh will ich dahin.

Ich übernachte auf dem Camping Municipal von Salta, das allerdings weniger ein Campingplatz ist, als ein Schwimmbad mit Riesenbecken und angeschlossener Campingmöglichkeit. Das Becken erfordert soviel Wasser, das es nur für 2 Monate im Jahr gefüllt wird.

Praktisch jeder overlander auf dem Weg nach Norden oder Süden kommt durch Salta und übernachtet auf diesem Campingplatz. So kann man hier immer irgendwelche Reisenden antreffen, die Abenden werden mit Klönschnack und Grillen verbracht, man sitzt zusammen und unterhält sich über dies und das. So treffe ich Cristian Weinberger mit seinem Landrover Defender wieder, den ich im letzten Jahr in Lima getroffen habe. Eine Antriebswelle ist defekt und er muss sehen, woher er eine neue bekommt.

Am nächsten Morgen fahre ich ohne Frühstück los, ich will „rechtzeitig“ bei Toyota sein. Und dann fahre ich glatt an dem Laden vorbei. Bislang waren die Toyota-Betriebe riesengroß und nicht zu übersehen. Toyota Salta dagegen ist eine Minibetrieb, der Werkstatteintritt ist so niedrig, dass ich mit dem Womo nicht hinein komme, auch Autos kann man dort nicht kaufen und da ich was anderes erwartet habe, bin ich glatt vorbei gefahren.

Frustriert fahre ich durch Salta und komme an einer hohen Halle vorbei, oben ein Toyota-Schild und alles sieht sauber aus. Und so verbringe ich den Tag in der Halle, das Internet ist gut, die Leute arbeiten ordentlich und am späten Nachmittag ist alles erledigt, selbst der Faltenbalg einer Stoßdämpfers hinten ist sauber mit Tape umklebt und wird hoffentlich noch einige Zeit halten und alle vier Räder haben wieder die Original-Alufelge.

In Argentinien gibt es eine ausführliche Siesta. Zwischen 12:30 und 17 Uhr ist alles tot und man kaum glauben, dass hier irgend welche Leute leben. Die Toyota-Werkstatt ist da fortschrittlicher, Siesta nur zwischen 13 und 16 Uhr. Trotzdem ist das ausreichend lang, um zum Campingplatz zurück zu fahren. Und hier tobt das argentinische Wochenendleben (es ist Freitag). Überall Grillparties mit lauter Musik, ich fürchte das kommende Wochenende und verbringe die nächsten zwei Wochenendnächte auf einem Campingplatz 18 km außerhalb von Salta, ich bin der einzige Gast und es ist angenehm ruhig hier.

Laut Reiseführer ist Salta „La Linda – die Hübsche“ eine der schönsten Städte in Argentinien, das muss ich mir natürlich ansehen. Und der Samstag ist ein guter Tag für so was, allerdings knallt die Sonne sehr heiß vom Himmel. In der Nähe des zentralen Platzes (Plaza 9 de Julio) finde ich tatsächlich einen Parkplatz, alles teure ist im Doppelboden verstaut und so ziehe ich mit der Kamera in der Hand und Fotorucksack los.

Die zentralen Plätze sind immer das Glanzlicht der südamerikanischen Städte, hier versammeln sich alle Prunkbauten einer Stadt. So auch hier – so steht direkt neben der wunderschönen Kathedrale ein moderner Glaspalast und ein vielstöckiger etwas vergammelter Bau mit lauter kleinen Balkons am Platz zeigt,wie viele Argentinier hier wohnen. Ich möchte nicht wissen, wie viel Geld es gekostet haben mag, solche „Prachtbauten“ an dieser teuersten Adresse in Salta errichten zu dürfen.

Um 12:30 werden dann wieder alle Bürgersteige hoch geklappt, ich ziehe durch menschenleere Straßen, was nicht so richtig erbaulich ist. Nach Erkundung aller anschließenden Straßen (und entsprechenden Bildern) fahre ich dann wieder zurück zum meinem Ruhe-Campingplatz.

Am Samstag- und am Sonntagmorgen tropft mir doch tatsächlich ein Tropfen vom Alkovendach genau auf meine Stirn. Da es seit Tagen nicht geregnet hat, muss das Altwasser sein, es zeigt aber, wie wichtig es ist, auch die vierte Seite des Alkovenausstiegs zu flicken.

Dazu fahre ich zum kommunalen Campingplatz zurück, die Overlander haben komplett gewechselt, nur Christian Weinberger mit seinem Defender ist immer noch da. Anscheinend hat er keine Chance, eine Antriebswelle für sein Fahrzeug in Argentinien zu bekommen, eine Einfuhr aus Deutschland ist unkalkulierbar (die Werkstatt sagte was von 6 Monaten Liegezeit beim Zoll und die Teile sind immer noch nicht durch) und die nächste richtige Defenderwerkstatt ist in Asuncion in Paraguay, 1500 km entfernt – ja dann mal ein Prost.

Es ist windig, wir stehen im Schatten von Blütenbäumen und da ich den Alkoven nicht mit Blüten zudecken will, muss ich mich in die pralle Sonne stellen. Und so schwitze ich mich den Werkstattnachmittag mit der Reparatur durch und am Abend ist alles eingeklebt, es muss auf den Millimeter stimmen. Die Tür kann ich aber erst dann montieren, wenn der Kleber ausgehärtet hat, also morgen früh.

Montag, der 07.11.2016 Heute will ich die Tür des Ausstiegs montieren und dann losfahren. Allerdings geht es dann doch nicht so schnell. Ich muss 4 mm dicke Muttern zwischen Tür und Haltewinkel unterlegen, damit der Abstand genau passt, ich arbeite in voller Sonne, der Schweiß läuft. Dann noch Wäsche waschen und im Womo aufhängen, den Wassertank voll füllen, einige emails schreiben, es ist 14 Uhr, ehe ich wegkomme. Mir ist klar, dass ich heute kaum weiter komme, so entschließe ich mich, zur Quebrada de San Lorenz zu fahren, einem Yungastal dicht bei Salta. Die Yunga (Quecha-Wort für „Gebiet mit ungesundem, heiß-feuchten Klima“) ist eine Höhenstufe zwischen 500 und 2300 m und hier am Andenabfall trotz trockener Umgebung mit Regenwäldern bedeckt. So 1 h laufe ich durch die Reserva, der Wald ist nicht schlecht, haut mich aber nicht um. Zurück nach Salta dann die Suche nach einem ATM, bei dem ich Geld ziehen kann. Dann volltanken, damit es morgen schneller geht und dann zurück zum Campingplatz. Christian ist ganz erstaunt, mich wieder zu sehen, aber so laufen die Sachen. Zusätzlich ist ein Holländerpaar dort mit einem kleinen Womopickup, aber sie wollen sich anscheinend nicht mit uns unterhalten.

Von Salta aus geht es gen Norden in das Tal de Humahuacada. Ich fahre nur durch den Anfang des Tals (das gesamte Tal habe ich in 2015 befahren). Ich übernachte in Pumamarca auf 2300 m Höhe. Die nächste Nacht verbringe ich in einem Wüstental auf 2775 m Höhe und dann in einer Kiesgrube auf 3500 m Höhe, so gewöhne ich mich Stück für Stück an die Höhe. Nach einem kurzen Ausflug zu einem Salzsee geht es dann über die Ruta 40 gen Süden. Ein Parkplatz der Tourist-Info in San Antonio de Los Cobres in 3800 m Höhe ist der nächste Übernachtungsort.

Dienstag, der 08.11.2016 Früh aufstehen, frühstücken, Müll entsorgen, Wasser auffüllen, die Nachtwäsche waschen, es dauert so etwas, bis ich loskomme. Es sind 160 km bis nach Pumamarca, wo ich zur Höhenakklimatisation übernachten will. Endlich fahre ich los, die erste Genussfahrt der Tour. 50 km geht es auf einer sehr engen und kurvigen Straße durch die Yungas, alles dicht bewaldet, die Bäume oft mit Moos und Farn bewachsen, einfach toll. Es geht über endlose Kurven rauf und runter, schneller als 30 kmh kann ich nicht fahren. Dann weiter Richtung Pumamarca. Es geht durch ein Stück der Quebrada de Humahuacada, wegen der vielen farbigen Felsen und der ursprünglichen Dörfer Welterbe der Unseco. Na so ursprünglich sind die Dörfer nicht mehr, sondern hier tobt das Touristenleben, das Tal ist aber trotzdem wunderschön mit seinen vielen Kandelaberkakteen, ich halte immer wieder für Bilder an. In Pumamarca suche ich mir eine ruhige Seitenstraße etwas abseits der RN52 für die Nacht aus, sie wird wunderbar ruhig in 2300 m Höhe.

Mittwoch, der 09.11.2016 Ich habe die Höhe gut verkraftet, die Sonne scheint wunderbar und ich ziehe in Pumamarca erst einmal „um die Häuser“, den Ort und die vielen Touristen begucken. Die Straßen sind voller Touristengeschäfte und anscheinend kann man in jedem dasselbe kaufen. Ich frage einen Argentinier nach dem Gewinner der Wahl in den USA – ich bin verstört, als ich höre, das es Trump ist.

Ich will hoch auf die Puna-Ebene. Es ist eine Orts- und Tankstellenlose Landschaft, lieber fahre ich deshalb ein Stück zurück in den kleinen Ort Tilcara, um das Womo nochmal aufzutanken. In 2015 war ich schon einmal hier, ich erkenne sogar das Lokal wieder, in dem ich damals zu Mittag gegessen habe. Der zentrale Platz ist wirklich hübsch, ich fotografiere (natürlich) und schaue mir noch Nebenstraßen an, die längst nicht so hübsch sind (ebenfalls natürlich).

Zur Höhenakklamation ist es sinnvoll, die nächste Nacht auf 2800 m zu verbringen (+ 600 Höhenmeter). Das ist gar nicht so einfach, steigt das Gebirge hinter Pumamarca doch rasch auf 3500 m an. Aber ich finde ein Seitental genau auf 2800 m und kann hier sichtgeschützt von der Hauptstraße übernachten. Der Hang hinter mir ist volle Kandelaberkakteen, die Landschaft ist wunderschön, ein herrlicher Wüstenblick, so wie ich ihn liebe. Leider weht ein heftiger Wind mit Böen bis zur Sturmstärke, ich hoffe, dass er gegen Abend weniger wird.

Donnerstag, der 10.11.2016 Der Wind flaute erst gegen Mitternacht ab und bis dahin fallen immer wieder kleine Tropfen vom Himmel. Da ich auf einer Lehmfläche mit Trockenrissen stehe, mache ich mich gedanklich schon bereit, nachts die paar hundert Meter zur Hauptpiste zu fahren und dort zu übernachten. Aber zum Glück verziehen sich die Wolken.

Nach dem Frühstück geht es dann hoch in die Berge. Der Pass ist 4170 m hoch, da ich kaum höhenadaptiert bin, bedeutet das Kurzatmigkeit. Tolle Blicke in die Bergwelt, leider ist es etwas diesig, für die Fotos fehlt die klare Sicht. Hinter dem Pass geht es dann sehr langsam wieder runter und dann sieht man den Salzsee, er glänzt weiß vor mir. An mehreren Stellen im See wird Salz gewonnen. Ein Straßendamm führt über den See, es gibt zwei Haltepunkte für die Touristen. Dort gibt es direkt neben dem Damm lange Becken mit flüssiger Salzsole, die hier in der Sonne trocknet. Laufend halten Touristenbusse an und die Leute steigen aus. Die Salzsalinen werden bewundert (ob die für die Touristen gemacht wurden?), die Salzberge hinter den Häusern und die langen Reihen an Salzsäcken interessieren weniger.

Wegen der Höhenakklimatisation will ich am See übernachten, aber an den Haltebuchten ist es mir einfach zu trubelig. Laut iOverlander gibt es 30 km weiter einen Übernachtungsplatz, so fahre ich weiter. Der ist mir aber zu offen, aber wenige Kilometer weiter gibt es eine große flache Kiesgrube, in der ich von der Straße her nicht gesehen werden kann. Leider bläst ein stürmischer Wind, so dass ich das Womo gegen den Wind stellen muss. Trotzdem schüttelt sich das Womo und die Windgeräusche sind laut. Erst so um Mitternacht klingt der Wind langsam ab.

Freitag, der 11.11.2016: Ich will heute soweit gen Passo Jama Richtung Chile fahren, das ich den Salzsee Salar de Olaroz sehen kann. Mit 50 km/h tuckere ich die Straße entlang und genieße das schöne Wetter und die Weiten der Punalandschaft. Es geht hoch bis auf 4350 m und dann langsam hinab gen Salar. Nach einer langgezogenen Kurve und einer flachen Abfahrt sehe ich den kompletten See vor mir, er sieht unirdisch schön aus. Ich mache eine längere Frühmittagspause, um die Aussicht zu genießen. Dann drehe ich um und fahre zurück zur Ruta 40, zwei Eintrittsfotos und dann geht es los. Ich will ja über die Ruta 40 bis Feuerland fahren, dies ist damit der eigentliche Startpunkt der Reise.

Die Ruta 40 ist hier eine Gravelroad, streckenweise in einem sehr guten Zustand, ich fahre locker 50 bis 60 km/h. Es gibt aber auch fürchterliche Abschnitte und ich schaffe nur 15 km/h. Es ist eine abwechslungsreiche total leere Landschaft ohne Zäune. Teilweise sind es die weiten Punaflächen mit den typischen Grasbüscheln, teilweise enge Gebirgstäler. Das Land ist meistens so um 4000 m hoch und steigt dann immer weiter an bis auf 4500 m (kein Pass). Ich würde hier gern eine Nacht verbringen, aber die Gegend ist mir einfach zu hoch für die Übernachtung. Die nächste Übernachtungsmöglichkeit in passender Höhe liegt in San Antonio de los Cobres auf ca. 3800 m (immer noch recht hoch). Auf dem Weg dahin passiere ich den stählernen Eisenbahn-Viadukt La Polvorilla auf 4200 m Höhe. Es ist eine Eisenbahnbrücke des „Tren de las Nubes“ von Salta nach Iquique am Pazifik/Chile. Als Zug über den Wolken ist die Bahn aus dem Anfang des 20. Jhdrts gebaut worden, heute ist es aber nur noch eine Touristenbahn mit Sauerstoffflaschen und begleitenden Ärzten für die Touristen, die von den 1200 m hohem Salta zu plötzlich auf über 4200 m fahren, sie fährt bis hierher.

San Antonio de los Cobres ist ein Indiodorf mit „typischen Bauwerken“ und einer neuen Touristinformation. Vor der Info gibt es einen großen Parkplatz nur für Touristen, hier übernachte ich.