Wir übernachten in Ecuador direkt an der Grenze. Nach dem Grenzübergang wollen wir Richtung Bargua Grande fahren, kommen aber nicht weit.Alle wenigen hundert Meter ist die Straße teilweise durch Bergrutsche blockiert. Dann stoppt uns ein Wildfluss in einem Dorf, ein Bulldozer ist aber schon bereit, das ganze Geröll zur Seite zu schieben, bzw. auf einen LKW zu verladen. Wenig später ist die Straße "dicht", ein  Bergrutsch hat die komplette Straße blockiert. Aber auch hier ist der Bulldozer bereits in Aktion und es dauert "nur" 2 h, bis wir weiter fahren können. So kommen wir nur bis San Ignacio.

Durch weites Bauernland geht es dann nach Bagua Grande, hier kommen wir in "engen Kontakt" mit südamerikanischer Musikfreude, um 1 Uhr morgens fliehen wir aus dem Hotel. Dann geht es zu den Gocta Fällen (immerhin die dritthöchsten der Welt, wenn man beide Fälle zusammenzählt), dann zu den Sarkophagen von Karajia, in die schöne Stadt Chachapoyas und dann in die alte Festungsstadt Kuelab, immerhin nach Machu Picchu das Antikenhighlight von Peru. Mit Leymebamba beschließen wir einen Reiseteil, der immer entlang des Rio Ulcubamba geht, ein wundeschön tief eingeschnittenes Tal, ein reißender Fluss, viele Vögel, fruchtbares Tal und kahle Berge, wenig befahrene Straßen, unendlich viele Erdrutsche.

Der letzte Teil ist komplett anders. Es geht auf einer einspurigen Straße mit unendlich vielen Kurven hoch in die Berge. Eine Straße oft schmaler als 3 m ohne jede Sicherung und es geht 100m m in die Tiefe. Für mich war das Adrenalin pur, ist doch jede Begegnung mit einem anderen Fahrzeug ein Abenteuer. Für die 90 kurvigen km benötigen wir fast einen ganzen Tag und so übernachten wir in Balsas.

Mittwoch, 01.04.2015 Die Grenzformalitäten hüben wie drüben, sind zum Lachen. Auf der ecuadorianischen Seite wird z. B. penibel im Kalender abgezählt, wie viel Tage wir im Land waren, auf der peruanischen Seite hingegen, erleben wir Grenzbeamte, die sich in Turnschuhen, schmuddeligen Jeans und Polohemd präsentieren, auf dem Hemd ein auf genähtes Emblem der peruanischen Grenzpolizei als einzigem Hinweis ihrer staatlichen Autorität, zum Piepen komisch!

Um 11 Uhr sind wir mit allen Formalitäten fertig, und düsen los. Auf der gut aus gebauten Straße nach San Ignacio müssten die 55 Kilometer ja ein Kinderspiel sein, aber der Regen der vergangenen Monate macht uns einen Strich durch die Rechnung. Erst kommt es zu einer Zwangspause in einem Dorf. Dort rauscht das Wasser heftig über die Straße und hat durch mit geschobene Sandmassen die Straße komplett blockiert.Wieder muss erst ein Bulldozer ran, der das ganze Geröll zur Seit schiebt. Bei den lehmigen Fluten ist es unklar, wie tief der reißende Strom ist, beim Bulldozer mit seinen Riesenrädern reicht es bis zur Achse. Endlich traut sich ein Pickup, durch die Wasserfluten zur fahren. Als er glückloich auf der anderen Seite angekommen ist, fährt auch Hartmut mit Schmackes durch die „Pfütze“; das Wasser platscht bis über die Windschutzscheibe, aber wir sind durch.

Ein paar Kilometer weiter ist dann erst mal für zwei Stunden Schluss. Wir stehen in der langen Warteschlange von Autos, LKW's, Bussen und Motorrädern, 10 Autos weiter vorn ackert ein Caterpillar durch die Schlammmassen, die die gesamte Breite der Straße blockieren. Schnell wird es lustig: Die Bauernkinder schleppen Körbe mit Obst an, das sie gut verkaufen, es wird gefachsimpelt, unser WoMo wird begutachtet, technische Daten werden aus getauscht, einige mutige Kinder besichtigen unser Haus, ein Hahn, der in einem Sisalsack am Lenker eines Mofas hängt, gibt seinen Senf dazu, Volksfeststimmung macht sich breit. Als die Straße dann frei ist, und unsere Wohnkiste mit Schwung an einem feststeckenden LKW vorbei düst, wird auf der Gegenseite der Daumen gehoben und geklatscht.

Donnerstag, 02.03.2015 Auf dem Nachts verschlossenen Parkplatz des Grand Hotel übernachten wir für 10 Soles, das ist etwas über drei Euro. Wir befinden uns jetzt in der Provinz Amazonien (was aber mit dem weit entfernten Amazonas nichts zu tun hat, außer, dass viele Flüsse in der Gegend dem Amazonas zu fließen). Unterwegs bemerken wir den ersten Diebstahl in Peru, unsere Nummernschild-Kopie vorne ist geklaut; von einem Dieb auf dem Hotel-Parkplatz dreist abgeschraubt: In Jaen, einer größeren Stadt, fahnden wir nach einem Geschäft, das möglicherweise unser, numehr Original-Nummernschild vorn an nieten kann. Nach längerer Suche finden wir im Nachmittagsgewühl des Ortes ein Geschäft, in dem uns der Inhaber auch gleich die vorgeschriebenen Leuchtstreifen an den Seiten unseres Fahrzeugs an klebt. Ganz langsam realisieren wir, dass wir nun endgültig in einem Dritt-Welt-Land angekommen sind. Die Straßen in Jaen sind in einem Atem beraubend schlechten Zustand. Eine Kanalisation im herkömmlichen Sinn gibt es nicht; das Wasser fließt an den Seiten der Straßen über tiefe Kanäle ab. Beim Abbiegen von der Hauptstraße fährt Hartmut in eine tief liegende, asphaltierte Querrinne, die das abfließende Wasser kanalisieren soll. Es rummst und das WoMo wackelt wie ein Lämmerschwanz. Hartmut fährt fortan hoch konzentriert. Einen öffentlichen Busverkehr gibt es hier nicht, statt dessen knattern die aus Asien bekannten Dreiräder mit Sitzen und Ladefläche durch die Gegend. Andauernd halten sie auf der Straße an, um Kunden ein- und aussteigen zu lassen. Das hemmt den Verkehrsfluss ungemein, und ist für europäische Autofahrer außerordentlich gefährlich.

Wir fahren an einem großen,reißenden Fluss entlang, der von Reisfeldern gesäumt wird. Wir registrieren, dass sich ganze Heerscharen von Menschen an den Gräben der Reisfelder befinden, um sich und ihre Wäsche in dem braunen, lehmigen Wasser zu waschen. An einigen Stellen füllen die Menschen 20 Liter Plastikeimer mit Wasser, die sie anschließend auf die kleinen Taxen hieven, und nach Hause fahren lassen. Später erfahren wir, dass hier in der gesamten Gegend die Wasserversorgung, auch in den größeren Städten, seit 14 Tagen zusammen gebrochen ist. Also tun die Menschen, was sie tun können und müssen. Wir sind sehr nachdenklich geworden, Europa ist ganz weit weg.

Am Abend kommen wir in dem Ort Bagua Grande an, auch hier ist die Wasserversorgung zusammen gebrochen. Nur das Hotel Rio, unser anvisierter Übernachtungsplatz, hat eine eigene Wasserversorgung, und einen funktionierenden, großen Swimmingpool. Wir dürfen gegen „Bares“ im Garten der Anlage stehen, und werden Zeuge einer „Geburtstagsparty“, die zwei Herren mit ihren „Chicas“, also Prostituierten, im Pool veranstalten. Ich mache es kurz: es fließt viel Alkohol,und dröger Latinopop dröhnt über die Anlage. Als die Gesellschaft um 12.30 immer noch volltrunken zur Musik im Pool herum torkelt, verlassen wir Wut entbrannt ds Hotel, und stellen uns direkt am Fluss, hinter eine Mauer, die den Lärm ganz gut abschirmt. Eine halbe Stunde später ist dann Ruhe im Karton. Im Internet werden wir diesen Stellplatz nicht empfehlen.


Freitag, 03.04.2015 Wir werden durch die Mitarbeiter einer Autowaschanlage geweckt, die sich direkt gegenüber unseres Ausweichplatzes befindet. Wir sind müde, aber wenigstens scheint die Sonne. Hartmut lässt unser Auto waschen, mit braunem Flusswasser, und dann geht es los. Wir fahren weiterhin am reißenden Rio Ulcubamba entlang, und wieder dehnen sich endlose Reisfelder links und rechts der Straße, die mit ihren Grüntönen betören. Wir fahren weiter das Flusstal hoch, das sich immer mehr verengt. Immer wieder müssen wir Gesteinsbrocken und Schlammlawinen ausweichen, zum Teil bilden die Felsen an der Straße Überhänge. Wir finden die Fahrt grandios, obwohl unsere Blicke immer wieder nach oben schweifen: Hält der Fels, oder kommt gerade jetzt ein Brocken herunter? Zu allem Überfluss regnet es auch noch. Der Fluss gurgelt und bildet Katarakte, und an manchen Stellen kommt das Wasser gefährlich nah an die Straße heran; jetzt bloß keine Sperrung. Wir haben Glück, und können am späten Nachmittag ohne Zwischenfälle den steilen Weg zum Dorf Cocachimba, wo wir auf einem großen Rasenplatz, direkt vor der Touristeninformation übernachten. Dass das Dorf eine Touristeninfo hat, liegt daran, dass man von hier aus eine Wanderung zum dritthöchsten Wasserfall der Welt machen kann. Die Atmosphäre in diesem Andendorf ist am Ostersamstag Abend so entspannt, dass auch der 18-köpfige Motorradclub (ja, wir haben nach gezählt!) nicht stört, der seine 9 Minizeltchen unter dem Dachüberhang eines lang gezogenen Gebäudes aufschlägt. Um 9 Uhr am Abend verschwindet der Trupp ohne einen Mucks in den Zelten, ein wohltuender Gegensatz zu unseren Zuhältern am Gründonnerstag.

Samstag, 04.04.2015 Mit gemischten Gefühlen, aber fest entschlossen, traben wir los. Die Strecke beläuft sich zwar nur 6 Kilometer one way, aber zu den Gocta-Wasserfällen (771 Meter) sind hin- und zurück 750 Höhenmeter zu bewältigen (750 m rauf und 750 m runter, und begonnen wird die Tour bei 1.800 Metern. Wir haben uns mit Wasser und Käsebroten verproviantiert, man kann nie wissen….

Der Weg geht pausenlos rauf und runter, er ist matschig, rutschig, von den Hinterlassenschaften der Reitpferde ganz zu schweigen. Dafür ist die Landschaft betörend schön. Wir laufen zunächst an blühenden Wiesen entlang, und tauchen dann ein in einen dichten Wald, in dem die Bäume mit Moosen, Farnen und Sukkulenten bewachsen sind. Ich komme ganz schön ins Pusten, und die Beine fangen an, zu wackeln. Alle jüngeren Wanderer haben uns schon überholt. Nach dem vierten Kilometer lasse ich Hartmut die restlichen 1.5 Kilometer allein gehen, eine reine Vernunfts-Entscheidung, aber eine richtige. Den Wasserfall kann man auch schon vorher an verschiedenen Stellen in seiner ganzen Pracht sehen, nur eben nicht bis zum Grund. Ich kehre in eine einfache Bodega ein, wo ich bei einem Glas vergorenem Zuckerrohrwasser (schmeckt etwa so, wie süßer Federweißer) auf Hartmut warte. Dann treten wir den Rückweg an, der zieht und zieht sich. Als wir wieder am Womo sind, bin ich aber trotzdem ein bisschen stolz auf mich. Auch heute Abend übernachtet wieder eine Motorrad-Truppe in Minizelten gegenüber, und wieder ist die Truppe angenehm leise. 

Sonntag, 05.04.2015 Heute wollen wir zum Ort Karajia fahren, um Morgen früh eine kurze Wanderung zu Felsengräbern zu machen,die sehr gerühmt werden. Eine ganze lange Strecke geht es wieder den Rio Ulcabamba entlang, eine Strecke, die nicht weniger eindrucksvoll ist, wie am Tag zuvor. Es regnet heute fast den ganzen Tag, und so hoppeln wir, als wir von der Hauptstraße abbiegen, über schlammige Pisten bis hin zum Ort, wo wir die Nacht auf dem grünen, matschigen Geviert des Dorfplatzes verbringen.


Montag, 06.04.2015 Trotz Nieselregens beschließen wir, los zu marschieren. Es sollen pro Weg nur etwa 2 Kilometer sein, das machen wir doch mit links – denken wir!!

Der Ausflug wird zur absoluten Schlammorgie. Ich bedauere es, meine Wanderschuhe, statt meiner Gummistiefel, an gezogen zu haben. Der Weg ist extrem steil, steinig und schlammig. Außer uns wird er an diesem Morgen von den Campesinos und ihren Packpferden benutzt, denn es ist Kartoffel-Ernte. Wir können das gar nicht mit ansehen, wie die Tiere, schwer mit Kartoffelsäcken bepackt, sich durch den tiefen Schlamm nach oben quälen. Wir haben große Mühe, den Weg bergab zu bewältigen. Jeder, wirklich jeder Schritt muss vorher bedacht werden, sonst liegt man im Schlamm, und das ist das Letzte, was wir wollen. Die Felsengräber - davor stehen in unerreichbarer Höhe 7 lebensgroße Tonfiguren - erweisen sich an weniger spektakulär, als erwartet, und deshalb kehren wir bald um. Der Weg hinauf ist etwas weniger schwierig, aber als wir oben ankommen, sind wir beide Dreck verkrustet, und in Schweiß gebadet. Ich brauche allein eine halbe Stunde, um meine Wanderschuhe wieder einigermaßen sauber zu bekommen. Am Abend kommen noch vier Schlamm verkrustete Hosenbeine in unser kleines Waschbecken, schließlich haben wir nicht so viele Hosen mit. Nachdem wir unsere Hosen und Schuhe gewechselt haben, fahren wir heute nach Chachapoyas, um dort in der Anlage des Hotels Villa de Paris zu übernachten. 

Dienstag, 07.04.2015 Eigentlich wollen wir Chachapoyas, der „Landeshauptstadt“ der Provinz Amazonien nur eine Autoversicherung für Peru abschließen, und dann weiter fahren. Aber wie so oft, kommt es anders. Beim Zähneputzen fällt mir eine Schneidezahnkrone ins Spülwasser, und wir müssen umdisponieren. Der nette junge Mann im Touristenbüro telefoniert, und bringt mich dann umgehend in eine Zahnarztpraxis, während dessen Hartmut das Versicherungsbüro besucht. Glücklicherweise muss ich kaum warten, und der Zahn ist für die nächsten zwei bis drei Monate wieder an seinem Platz. Wie sich heraus stellt, können die Versicherungspapiere erst morgen Vormittag aus gestellt werden, also ist mein Zahn genau am richtigen Ort und zur richtigen Zeit heraus gefallen. Wir schauen uns die sehr nette Stadt ein wenig an, gehen vegetarisch essen und machen noch unsere Einkäufe.

Mittwoch, 08.04.2015 Eine weiterer kultureller Ausflug steht auf dem Programm, denn wir wollen die Ruinen von Kuelap besuchen. Die Versicherungspapiere bekommen wir relativ schnell ausgehändigt, und so geht es um 11 Uhr los. Immer noch fahren wir den Rio Utcubamba weiter hoch, bis wir in ein Nebental abbiegen. Wir schrauben uns peu a peu immer höher, schließlich liegen die Ruinen von Kuelap auf etwa 3000 Meter. In den Dörfern hat die Regenzeit auf den Wegen Schlammwüsten hinerlassen, und so sind wir froh, als wir am späten Nachmittag auf dem Parkplatz unterhalb der Anlage einparken.


Donnerstag, 09.04.2015 Die Anlage von Kuelap ist eine der wichtigsten archäologischen Ausgrabungsstätten im Norden Perus, von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt. Zwischen dem neunten und 15.Jahrhundert lebten hier die Chachapoyas, über deren Kultur auch heute noch wenig bekannt ist. Auf einem Höhenrücken erstreckt sich über eine Fläche von 6 ha eine Stadtanlage mit 420 Rundgebäuden und mit größeren,rechteckigen Gebäuden, die vermutlich rituellen Handlungen dienten. Obwohl die Anlage eine äußerst massive Stadtmauer besitzt, wurden die Chachapoya-Krieger im 15. Jahrhundert von den Inkas besiegt.

Wir laufen den schönen, mit Felsplatten aus gelegten Weg die 1.5 Kilometer nach oben, die Wiesen links und rechts des Weges sind mit blühenden Blumen und Sträuchern gesäumt, ich zähle über den Daumen gepeilt bestimmt 50 bis 60 verschiedene blühende Pflanzen, einfach fantastisch. Oben angekommen steigen wir durch einen schmalen Nebeneingang viele Treppenstufen empor, und stehen mitten in der Anlage, die bis jetzt nur zu einem kleinen Teil aus gegraben werden konnte. Es ist noch früh am Morgen, und wir sind die Einzigen hier. Hier oben in 3000 Meter Höhe haben die Bäume lange „Nebelbärte“ und fast jeder Baum ist eng mit Epiphyten bestückt, die in der Sonne burgunderrot leuchten. Das Schönste aber sind die vielen blühenden Orchideen, deren Zweige von den Bäumen und Büschen herab hängen, ganze Wände davon entdecken wir. Wir fühlen uns wie in einem Märchenwald, in der Nähe entdecken wir drei Lamas, die hier das Gras abweiden.Von den Rändern der Anlage können wir die höchsten Berge in der Umgebung bewundern.Als wir diesen mystischen Ort verlassen, kommen uns ganze Heerscharen von Touristen entgegen. Manchmal ist es eben von Vorteil, auf einem Parkplatz übernachten zu können.

Als wir auf dem Weg nach Leymebamba sind, fährt Hartmut gaanz, gaanz vorsichtig über die vielen, vielen Löcher und tiefen Rillen, da mein Rücken gestern Abend zum ersten Mal ernsthaft gemosert hat. Der Rückweg durch ein Flusstal, in dem zum Teil schon Obst, Gemüse und Zuckerrohr angepflanzt wird, ist einfach zauberhaft. Die Straße ist schmal, aber asphaltiert, die Sonne scheint, und taucht das ganze Tal in ein sattes, tiefes Grün. Zum ersten Mal seit Langem kann ich Vögel beobachten, wunderbare rotbraune Kuckucks, grüne Parrots, rot-schwarze Flycatcher, und auch Kolibris kann ich entdecken. Leider drängt die Zeit etwas, denn wir wissen noch nicht, ob wir in Leymebamba am Museum übernachten können. Wir können nicht, denn es ist zu spät,zu fragen. Deshalb stellen wir uns einfach auf die gegenüber liegende Straßenseite, wo ein kleines Fleckchen Erde gerade so als Stellfläche reicht. 

Freitag, 10.04.2015 Das Museum von Leymebamba beherbergt, neben vielen, schönen Exponaten aus der Inka-Zeit als besondere Attraktion eine große Anzahl von Mumien, die in unmittelbarer Umgebung der Laguna de los Condores gefunden wurden. Die Laguna de los Condores liegt 3 Tageswanderungen vom Ort entfernt in einer traumhaften Umgebung, und kann nur nach vorheriger Anmeldung besucht werden, da man noch weitere Mumienfunde erwartet. Wir jedenfalls sind sehr beeindruckt von der gesamten, schönen Anlage mit ihren Funden, die dort zu sehen sind.

Wir wollen heute bis Celendin kommen, ein Ort, der auf halber Strecke nach Cajamarca, einer größeren Stadt, liegt. Aber bald wird klar, dass wir dieses Ziel vor Einbruch der Dunkelheit nicht erreichen können, denn diese Strecke toppt alles, was wir verkehrstechnisch bisher bewältigt haben. Hinzu kommt eine atemberaubende Gebirgskulisse, die Hartmut dazu verleitet, alle Augenblicke an zu halten, um ein noch tolleres Foto zu schießen. Die asphaltierte Strecke ist einspurig, und kaum breiter, als unser Fahrzeug. Ab und zu gibt es eine sparsame Ausweichstelle. Wir fahren in 3000 Meter Höhe „immer an der Wand lang“, da sich die Straße an einer Felswand entlang windet. Da ich die meiste Zeit an der Talseite sitze, riskiere ich ab und an einen Blick in die Tiefe, immer zwischen 500 und 1000 Meter geht es hinunter. Hier darf man wirklich nicht in einen Unfall verwickelt werden, das endet immer tödlich, und die Strecke wird ja auch von LKW und Reisebussen befahren. Trotzdem genießen wir die Ausblicke, aber immer nur, wenn wir eines Fotos wegen an halten. Die Vegetation wechselt von der Paramo-Landschaft (hohe Gräser dominieren) zu dichten Moosen und Flechten an den Felswänden an der Straße, bis hin zu tropischer Vegetation. Bei einem Stopp am späten Nachmittag sehen wir tief unter uns, am Rio Maranon, das Dörfchen Balsa. Dort werden wir uns wohl oder übel einen Übernachtungsplatz suchen müssen.

Auf dem Dorfplatz, das ist klar, will ich eigentlich nicht stehen, obwohl das Nest, unübersehbar, ein Polizeigebäude plus Besatzung genau am Dorfplatz, besitzt. Ich habe einen, wie mir scheint, geeigneten Platz auf der anderen Seite, direkt am Fluss entdeckt; nicht zu weit von einigen Häusern entfernt. Zuerst läuft alles prima, ein Mann repariert mit unserem Werkzeug sein Dreirad-Taxi, und tauschen Freundlichkeiten mit einem ganzen Trupp von weiblichen Citrus-Pflückerinnen aus, die noch in der Dunkelheit von den Feldern kommen. Aber um 9 Uhr am Freitag Abend geht es dann richtig los. Zwei Klapperkisten mit einer Menge von jungen Leuten knattert heran, stellt den einen Wagen quer, und stellt das Auto-Radio so laut, dass die Schmerzgrenze eindeutig überschritten wird. Hier können und wollen wir nicht bleiben. Also springen wir hastig in die Klamotten und fahren mit dem WoMo los. Leider steht aber ein Fahrzeug quer über dem Weg, wir können nicht dran vorbei fahren. Ich steige aus, gehe auf einen der Jünglinge zu, und stelle mich mit Handschlag und einem strahlenden Lächeln vor, so wie man das in Südamerika so macht.Dann bitte ich, die Autos doch freundlicher Weise etwas zur Seite zu fahren, damit wir zum Dorf fahren können. Meine Charme-Offensive hilft tatsächlich, sie zieren sich noch eine halbe Minute lang, dann geben sie den Weg frei.

Der Dorfplatz ist Abends um 9.30 wie ausgestorben. In einer Seitenstraße finden wir einen Stellplatz direkt an einer ebenerdigen Wohnung, dessen Besitzer auf einen Plastikstuhl vor der Tür hockt, und sich keineswegs gestört fühlt. Die Nacht wird außerordentlich ruhig.

Nach unserer Abenteuertour von Leymebamba nach Balsa (nur 90 km in einem Tag) geht es etwas geruhsamer weiter nach Cajamarca. Allerdings verfranzen wir uns hier auf der Suche nach dem Übernachtungsplatz dank OSM-Anweisung in einer Favela und ich teste aus, wie steil Straßen sein dürfen, damit ich mit dem Womo im Vorgelege noch hochkomme und ab wann das Fahrzeug kippt (30° schafft es noch).

Schon die letzten Kilometer vor Cajamarca sind gut ausgebaut uns so gelangen wir ohne weiteren Stress zum Pazific. Allerdings müssen wir noch einen Stopp am Reservorio de Tinajones machen. 

Die Küstenwüste hier ist ziemlich langweilig, alles bewässert und recht dicht besiedelt.Die Kilometer bis Huanchaco sind da schnell gefahren. Huanchaco ist ein Badeort, der aber wenig gemeinsam hat mit z.B. den Badeorten in Ecuador oder Costa Rica. Alles ist etwas verwahrlost und man gibt uns den Rat, besser nicht im Dunkeln umherzulaufen.

Samstag, 11.04.2015 Heute wollen wir es bis Cajamarca – immerhin 170 Kilometer – schaffen; aber alles hängt von der Straßenbeschaffenheit ab. Immer noch geht es in Schwindel erregender Höhe auf einspuriger Straße den Berg hinauf und wieder hinunter. Aber alles ist nicht mehr ganz so steil, ganz so schroff. Trotzdem sind die Blicke nach wie vor Atem beraubend. Hartmut hält an der höchsten Stelle, und gemeinsam blicken wir wieder auf den Rio Maranon und den Ort Balsa hinab, 2000 Meter unter uns, nur dieses Mal von der Westseite her. Hinter Celedin wird die Straße breit, und ist so gut aus gebaut, dass wir es bis um späten Nachmittag tatsächlich bis Cajamarca schaffen. Hier befindet sich der Raum, den der letzte Inka-König Atahualpa von seinen Untertanen mit Gold füllen ließ, nachdem ihn die Brüder Franzisco, Hernandez und Gonzales Pizarro gefangen genommen, und von ihm dieses Lösegeld verlangt hatten. Unermessliche Schätze wurden angehäuft, aber Atahualpa wurde trotzdem ermordet, die goldenen Kunstschätze ein geschmolzen und nach Spanien verschifft. Heute existiert nur noch das Zimmer, in dem das Gold an gehäuft wurde.

Wir erwischen noch einen Markt, in dem ich Eier, Obst und Gemüse kaufen kann, und Hartmut Wasser auf füllt. Als alles erledigt ist, startet ein Dieb den ersten „Klau-Versuch“, den wir in Südamerika erleben. Ein Mann behauptet, am Auto sei etwas nicht in Ordnung.Auf mein Bitten hin, kommt Hartmut tatsächlich um unser Fahrzeug herum gelaufen, und verliert dabei die geöffnete Beifahrertür aus dem Blick. Als wir einsteigen, kommt eine junge Marktfrau auf uns zu gelaufen, und übergibt mir meine kleine Kamera, die auf dem Sitz gelegen hat. Wir wissen nicht, ob sie die Kamera dem Dieb ab genommen hat, oder ob sie sie zuvor in „Sicherheit“ gebracht hat. Wir sind geschockt, einfach mal nicht auf gepasst!! Von nun an werden wir unser Verhalten an die erschwerten Bedingungen anpassen:

1. Einer bleibt immer beim Fahrzeug, alle Türen werden immer und sofort abgeschlossen, auch nur für kurze Zeit,

2. Wir lassen uns, wenn möglich, nie mehr ablenken

3. zu Zweit gehen wir nur noch, wenn das Auto sicher ab gestellt ist.

4. Alle Wertsachen verschwinden aus dem Fahrerraum und werden sicher unter gebracht.

5. Das, was wir unbedingt mit uns herum tragen müssen, haben wir auf geteilt,

6. Hartmut hat seine Kamera jetzt so oft, wie möglich im Kamera-Rucksack, wenn wir durch unsicheres Gelände marschieren.

All das hört sich übertrieben an, aber mittlerweile haben sich ein paar nette Geschichten über Aufbrüche und Überfälle angesammelt, und man sollte nie glauben, dass es einen selbst nicht trifft.

Als sich die Aufregung etwas gelegt hat, fahren wir dem Navi nach in Richtung Hacienda San Vicent, eine Empfehlung aus unserem Internet – Forum. Es wird die schrecklichste Suche unseres Lebens, da wir uns in einem Slum-Viertel verfranzen, und nicht mehr wissen, wie wir einen steilen Berg wieder herunter kommen. Der Schotterweg hat ein Gefälle von ca.40 Grad, und Hartmut braucht alle seine Fahrkünste um das Auto die letzten 50 Meter auf eine nach allen seitenabschüssigen Kuppe hoch zu jagen. Unter den Anteil nehmenden Blicken versucht Hartmut, den Wagen bei einem Neigungswinkel von 30 Grad zu wenden. Er muss Bremse und Gaspedal gleichzeitig betätigen, damit der überhaupt vom Fleck kommt.

Schließlich ist es geschafft, und wir schleichen im ersten Gang mit Vorgelege den steilen Weg wieder hinunter, zurück zur Straße. Auch die eigentliche Auffahrt zur Hazienda ist eine einzige Schlamm- und Baustellen-Katastrophe, aber schließlich stehen wir im Hof der Hazienda. Wir beide Zittern immer noch, und ich verlange nach einem Glas Rotwein, ein äußerst seltener Vorgang! Die Peruaner haben, vielleicht noch mehr, wie ihre südamerikanischen Nachbarn, einen Hang zu lauter Musik, am Wochenende sowieso.So verbringen wir wieder einmal eine Nacht bei nahezu geschlossenen Fenstern und viel, viel Ohropax.

 

Montag, 13.04.2015 Nachdem wir gestern einen „Erholungstag“ mit etwas Wäsche waschen und telefonieren eingelegt haben, geht es heute weiter in Richtung Küste. Die Straße ist gut aus gebaut, und obwohl wir auch heute noch noch das Gebirge kurven, sind das jetzt schon fast die letzten Ausläufer der peruanischen Anden. An einem Stausee fahren wir am Abend eine halbe Stunde hin- und her, bevor wir uns, etwa 200 Meter von der stark befahrenen Straße, über einen Schotterweg zum Seeufer begeben, wo wir halbwegs verdeckt, die Nacht verbringen können. Zum Glück werden wir von beiden Seiten nicht von den Lichtkegeln der LKW, die jetzt, spät am Abend, hier noch fahren, erfasst. Obwohl es das erste Mal so richtig schön warm ist, und die südamerikanischen „Riesen-Glühwürmchen tanzen, treiben uns Myrden von kleinen Fliegen bald ins Womo, und ich krame unsere dichten Moskitonetze für die Fenster hervor, die wir lange nicht gebraucht hatten.

Dienstag, 14.04.2015 Die Panamericana hat uns wieder, zweispurig, und dicht befahren, viele, viele Busse und LKW. Wir fahren jetzt durch eine Wüstenlandschaft, den Pazifik sehen wir selten. Unseren Übernachtungsort Huanchaco erreichen wir schon am frühen Nachmittag. Wir campieren auf einer kleinen Wiese mit Swimmingpool oberhalb eines ordentlichen Hostals. Vor dem Grundstück erstreckt sich eine Meter hohe Backsteinmauer, die den Blick auf das Meer vollständig versperrt. Aber ich bin froh, einfach in Ruhe und sicher stehen zu können. Wir spazieren noch ein wenig durch den Ort, und zwar mit gemischten Gefühlen: alles wirkt ein wenig herunter gekommen, die Strandpromenade ist ausgefranzt, Heerscharen von Hunden tummeln sich am steinigen Strand. Eine ganze Reihe von Surf-Freaks aus USA und Peru sind auf den Wellen unterwegs. Wir werden gewarnt, nach Einbruch der Dunkelheit auch nur die lächerlichen 500 Meter aus dem Ort heraus zu unserer Hosteria zu laufen, das sei hier gefährlich. Eigentlich wollten wir im Ort noch Fisch essen gehen. Aber nun laufen wir im Hellen zurück, und begnügen uns an der Ecke mit einem erstaunlich leckeren vegetarischen Menue.

Mittwoch, 15.04.2015 Wir lassen es heute ruhig angehen.Auf dem Programm stehen eine Inspektion des Fahrzeugs bei Toyota, und der Besuch von Chan Chan, mit 20 km2 die größte archäologische Stätte des Kontinents, eine Stadt, ganz aus Lehmziegeln gebaut, mitten in der Wüste. Aber, wie so oft, dauert die Inspektion länger, als gedacht, und so verschieben wir den Besuch von Chan Chan auf den morgigen Vormittag.

 Als wir zum Hostal zurückkommen, sind wir total überrascht, als wir dort zwei Wohnmobile antreffen mit einem jüngeres Paar aus Brasilien, und einer Familie mit halbwüchsiger Tochter aus Argentinien. Das brasilianische Paar möchte eigentlich in diesem Sommer in Alaska sein. Wir sind sprachlos, und wir diskutieren den ganzen Abend darüber, ob diese Zeitplanung sinnvoll ist.