Nach dem Grenzübergang nach Chile fahren wir in die "Tiefe", nach Putre (3500 m). Hier sehen wir gleich am Ortseingang ein Riesenwomo aus Holland vor einem Hotel stehen - wir gesellen uns gleich dazu. Wir dürfen hier über Nacht stehen gegen einen kleine Obulus (ein Abendessen) und kommen in den Genuss eines sehr schnellen Internets.
Leider akzeptiert der Geldautomat im Ort nur chilenische Karten, Visa kennt er nicht. Da es zudem mit der Lebensmittelversorgung etwas schlecht steht (wir haben ja alles Frischobst und diverses anderes an der Grenze abgeben müssen). So bleibt uns nichts anderes übrig, als zum nächsten Geldautomaten und Supermarkt zu fahren, hinein nach Arica an der Küste. Am nächsten Tag geht es dann gleich zurück und dann auf unsere 4 Nationalparkstour. Es geht über zwei Wüstencamps und die Thermen von Pooluquere sowie den Salzsee von Huasco bis nach Iquique, ein wirkliche Traumtour durch atemberaubende Andenlandschaft, edndlose Weiten, Salzseen mit tausenden von Flamingos, Vulkane mit regelmäßiger Schneehaube, weite Andentäler, viele Vicunas, kurzum einer der schönsten Tourabschnitte bisher. Und immer übernachten wir in absoluter Einsamkeit, haben zwar kalte Nächte, aber zum Ausgleich jedesmal einen strahlend schönen Sonnentag. Es ist eine richtige Genußtour, ich hoffe, das komt auch bei den Bildern heraus.
Samstag, 26.12.2015 Heute wollen wir nach Chile hinüber fahren, und sind wegen der drohenden Lebensmittel-Kontrollen entsprechend nervös. Drei Vulkane begleiten uns auf unserem Weg: der Sajama (6542 Meter hoch), der Parinacota (6330 Meter hoch) und den Pomerape (6250 Meter hoch), ein tolles Bild.
In der Mittagspause halten wir in der Nähe des Sajama-Nationalparks, dessen Eintritt von 14 Euro pro Nase für eine Mittagspause zu hoch ist. Nach einigen Diskussionen bezüglich der Grenzkontrollen,hält es Hartmut es für das Beste, unsere Lebensmittel unter unseren Solarzellen auf dem Dach zu verstecken. Letzte Päckchen werden ein gewickelt, und überlegt, was wir den Zöllnern „ zum Fraß“ in den Kühlschrank und die Obstkiste legen können. Mit sehr gemischten Gefühlen fahren wir auf die 4.500 Höhe liegende Grenzstation zu. Die Kontrollen erinnern uns an die ehemaligen Kontrollen der DDR-Grenzer. Jedes Fahrzeug wird akribisch von Zöllnern und Beamten des Landwirtschaftsministerium untersucht, jeder Koffer, jede Tüte muss im Zollgebäude durch eine Röntgenanlage durch.
Uns wird so mulmig zumute, dass Hartmut in „Windeseile“ die versteckten Sachen vom Dach holt. Der „Drogenhund“, der jedoch nur nach Obst und Gemüse sucht, hat sich sofort eine geöffnete Packung „Aldi-Salami“ geschnappt, und der Zöllner konfisziert die Reste von unserem Obst und Gemüse, sowie die Eier. Eine große Einkaufstüte mit all den Nuss-und Samenpackungen übersieht er. Zum Glück haben wir unerlaubte Waren deklariert, und nach Prüfung der Zettel dürfen wir den Schreckensort verlassen. Gott, was bin ich froh, wir haben unsere Nüsse (die in Südamerika bisher kaum oder gar nicht zu bekommen waren), und ich kann meine Sprossenzucht weiter betreiben.
Der Chungara-See, schon im Lauca-Nationalpark gelegen, bietet ein trauriges Bild. Die bolivianischen LKW-Fahrer, die hier Tag und Nacht, am See entlang, über die Grenze fahren, um im chilenischen Arica einen der beiden zugänglichen Häfen zu erreichen, schmeißen alles an Plastikmüll hinaus, was das Zeug hält. Die malerische Kulisse des Sees, vor den wunderbaren Vulkanen, wirklich zugemüllt, Flaschenberge, und Seevögel, die auf bunten Plastiktüten sitzend, ihre Eier ausbrüten. Wir können es kaum mit ansehen, wie der Mensch hier haust! Aber in Südamerika ist Plastikmüll am Straßenrand ebenso normal, wie bei uns Müllbehälter. Auf dem Weg nach Arica übernachten wir in Putre, einem Andendorf auf immerhin noch 3.500 Meter Höhe. Wir stehen vor einem Hotel, dass ein verblüffend schnelles Internet hat, und telefonieren am nächsten Morgen mit unserer Familie.
Sonntag, 28.12.2015 Weil es in Putre kaum Diesel und Lebensmittel gibt – und vor allem für uns kein chilenisches Geld (der Geldautomat akzeptiert nur chilenische Karten), düsen wir am Mittag nach Arica hinunter. Nach einem Großeinkauf machen wir uns auf die Campingplatzsuche, eine frustrierende Angelegenheit. Alle Plätze entpuppen sich als eine Art Mini-Parzelle mit Swimming-Pools in Spucknapfgröße, in dem sich zu südamerikanischem Pop die Massen wiegen, genau das Richtige für uns! Wir finden schließlich Unterschlupf in einer Hotelanlage, in der es gegen neun Uhr am Abend wirklich ruhig ist. Vorher feiert hier aber die Fußballjugend aus Arica ihr Weihnachtsfest mit einem „echten Weihnachtsmann“. Es geht hoch her, der Swimmingpool ist total voll und das Wasser am Abend so verschmutzt, dass es den ganzen nächsten Tag über gereinigt werden muss. Und deshalb wird es wieder nichts mit einem Swimmingpool-Bad für uns.
Montag, 29.12.2015 Bevor wir die Stadt verlassen, tanken wir noch, und wollen Wasser auffüllen. Zum ersten Mal werden wir mit einem Schlauchdurchmesser konfrontiert, auf den alle unsere Adapter nicht passen. Zum Glück wird Hartmut in einem nahen Baummarkt fündig, auch wenn es etwas dauert. Wir vermuten, dass wir den neuen Adapter in Chile jetzt öfter brauchen werden.
Entgegen aller Erwartungen haben wir eine relativ entspannte Rückfahrt. Es schnaufen viel weniger LKW die Straße hoch, und die, die auf der Straße sind, sind so langsam, dass wir sie meist ganz gut überholen können. Am Abend isst Hartmut im Hotel in Putre, sozusagen als Gegenleistung für den Parkplatz und die Internet-Benutzung.
Mittwoch, 30.12.2015 Heute beginnen wir unsere Tour, die uns durch vier Nationalparks führen soll, die sich in Nord-Süd-Richtung an der Grenze zwischen Bolivien und Chile befinden. Es sind der Parque National Lauca, die Reserva National Las Vicunjas, der Parque National Volcan Isluga und der Parque National Salar del Huasco. Zunächst geht es in Richtung Parque National Lauca, dann biegen wir auf die Piste ab, die in die Reserva National Las Vicunjas führt. Recht schnell bemerken wir die vielen LKW, die uns entgegen kommen, nicht, wie der Reiseführer vermerkt, im 5 Minutentakt, sondern eher im Minutentakt. Die LKW, kommen vom Salar de Surire, wo eine private Minengesellschaft im großen Stil Borax abbaut, und von dort nach Arica bringen lässt. Die Piste weist dementsprechend ein grauenvolles Wellblech auf, über das wir nun schleichen. Den Kühlschrank haben wir wieder einmal vorsorglich ausgestellt, was aber in dieser Höhe nicht weiter tragisch ist. Bald tauchen die ersten Vicunjas auf, erst kleine Gruppen, dann auch größere Herden. Obwohl wir diesen zierlichen Andenkamelen nicht so nahe, wie gewünscht, kommen können, sind wir immer wieder aufs Neue begeistert, wenn wir wieder eine Gruppe entdecken. Dafür, dass sie Anfang der 1970er Jahre fast ausgestorben waren, haben sie sich nach Einrichtung von Schutzzonen prächtig entwickelt. Man schätzt, dass jetzt etwa 30.000 Tiere in der Region leben.
Seitdem wir Piste fahren, klappert am Auto etwas, nur was??? Zwei Mal liegt Hartmut unter dem Auto, und klopft alles ab, von dem er meint, es könnte sich gelöst haben. Der Erfolg ist gleich Null, also klappert es weiter. Wir bewegen uns heute den ganzen Tag so zwischen 4400 und 4500 Meter, zu hoch zum Schlafen. Aber von Michele und Kurt, die wir vor langer Zeit in Guatemala getroffen haben, haben wir die Daten für einen Übernachtungsplatz, der „nur“ 4.100 Meter hoch liegen soll. Es ist ein großräumiger Parkplatz in einer grünen Senke, die von Wasser durchzogen wird, und viele Tiere beherbergt. Gruppenweise tummeln sich Lamas und Alpakas und Schafe rechts und links der Piste. Über die feuchten Wiesen stolzieren Enten, Gänse und eine Gruppe Nandus, dazu viele kleine Vögel, ein Paradies in der sonst staubtrockenen Umgebung.
Mittwoch,30.12.2015 Nach einer klaren, kalten Nacht mit Minusgraden stellt Hartmut das Womo so hin, dass die Sonne durch das große Heckfenster scheinen kann. Unsere Dieselheizung können wir in dieser Höhe vergessen. Trotz „Höhenkit“ (einer Dieselpumpe mit verringerter Fördermenge) verrußt sie in dieser Höhe recht rasch und startet dann nicht mehr. Man muss sie dann mühsam reinigen und kann sie dann für wenige Male neu benutzen, bis sie erneut wieder verrußt. Dieselheizungen sind für die Anden total unbrauchbar, es sei denn, es ist ein einfacher Dieselofen, wie es die „vagabunden.de“ haben. Hilfreich wäre hier eine Gasheizung, die wir aber nur in Form unseres Kochers haben. Zum Glück hat unsere Kabine so dicke Wände, dass wir weder Nachts frieren, noch am Morgen beim Frühstück wirklich frösteln.
Als wir einen Mann mit einer Herde Lamas fotografieren wollen, die dieser in einen Coral treibt, ruft er :“ No Fotos, no Fotos!“. Wenig später separiert er ein Tier von der Herde und tötet es mit einem Stich in den Nacken. Danach häutet und zerlegt er das Tier nach allen Regeln der Kunst, und hängt Fell, Fleisch und Innereien auf ein Holzgestell.
Als wir los fahren, haben wir ein ''Wetter zum Mäuse melken, dazu die Kette von Sechstausender zu Linken, der Vulkan Parinacota hinter uns. Der LKW-Verkehr ist kräftig, und dann sehen wir auch den Salzsee, auf dessen vorderem Teil sich die Borax-Mine befindet. Immer wieder wehen weiße Staubfahnen bis in den Himmel, wenn einer der Laster auf einer vorgegebenen Spur über den See fährt. Erst, nachdem wir den See zur Hälfte umrundet haben, wird es ruhiger. An einer schönen Stelle pausieren wir, und bewundern ein ums andere Mal die Vicuna-Herden, und zum ersten Mal die Flamingos weit draußen auf dem See. Am Abend fahren wir zum Südrand des Sees, an dem die heißen Schwefelquellen Polloquere sprudeln, und scheuchen ein splitterfasernacktes Pärchen auf, die im heißen Wasser sitzt. Aber warum sollte man sich in dieser Einsamkeit auch ein Badekostüm anziehen?
Angesichts des scharfen, kalkten Windes verzichten wir auf ein Bad. Als wir uns es gerade gemütlich machen wollen, kommt ein holländische Pärchen mit einem Pick up , und stellt tatsächlich in einem dafür vorgesehenen Mauergeviert ein Minizeltchen auf. Die Nacht, die höchste, die wir je verbracht haben, wird dank einer gehörigen Portion Aspirin erträglich.Trotzdem wollen wir unsere Route möglichst so legen, dass die Übernachtungsplätze die 4000 – Grenze nicht weit überschreiten.
Donnerstag, 31.12.2015 Am Morgen herrscht draußen eine unwirkliche Stimmung. Es dampft nicht nur aus der Quelle selbst, sondern noch in weiter Entfernung steigen Dampfsäulen aus dem Boden. Alles wird schon von der Sonne beschienen. Dennoch ist es immer noch bitterkalt. Die vielen Dampfquellen zaubern einen surrealen Anblick, als wären wir auf einer andren Welt. Überall sgteigt der Dampf aus dem See, dahinter die Berge im frühen Morgenlicht, eine Herde Vicunas quert den Salzsee. Kein Wunder, das Hartmut in den Fotorausch kommt.
Wie sich herausstellt, hat das holländische Paar etwa den gleichen Weg vor sich, wie wir. Zunächst laufen wir gemeinsam zu einer offenen Wasserstelle, auf der wir gestern viele Flamingos entdeckt haben. Und wirklich, im Vordergrund sind es hunderte von Flamingos und im Hintergrund eine regelrechte „Flamingowand“, hier müssen tausende stehen. Leider sind es scheue Vögel, die einen nicht nahe ran lassen, selbst mit Hartmuts 500er Teleobjektiv sind sie immer noch zu weit weg für „Porträtaufnahmen“. Und die Flamingowand ist noch weiter weg, bis dahin müssen es Kilometer sein.
Danach machen wir uns getrennt ohne etwaige Verabredung auf den Weg. Es wird eine Traumfahrt durch eine Traumlandschaft bei wiederum schönstem Wetter. Wir fahren zwar weiterhin auf einer Piste, aber die LKW, die das anstrengende Wellblech produzieren, fahren diese Strecke nicht. Trotzdem geht es natürlich rauf und runter, einige Abschnitte müssen wir mit Bedacht angehen.
Bei der Siedlung Mucomone beginnt der Parque National Volcan Isluga, der typische Feuchtgebiete schützt, und in denen Wasservögel und Nandus leben (Reise Know How ). Immer wieder blicken wir – von der Höhe kommend – auf ein Kilometer langes und breites Tal mit Wasserflächen, darüber erhebt sich der Vulkan Isluga (5.530 Meter hoch).
Unterwegs besichtigen wir im verlassenen Ort Isluga eine der schönsten Adobe-Kirchen im Norden Chiles. Sie ist leider verschlossen. Aber wir vermuten, dass uns keine Kostbarkeiten entgangen sind. Die Ureinwohner des Gebietes, die Aymara, feiern ihre Feste eh vor dem Platz der Kirche, als in der Kirche, ihrem alten Glauben entsprechend.
Am Nachmittag suchen wir eine bei Touristen bekannte, eingefasste Schwefelquelle auf, um dort eventuell sogar für die Nacht zu bleiben. Aber der Ort ist so vermüllt, dass ich noch nicht mal kurz in das warme Wasser springe. In Colchane suchen wir am frühen Sylvester-Abend nach einer Wasserquelle. Unser Wassertank ist fast leer und wir können uns nur dann auf den Weg zum Salar del Huasco machen, wenn wir den Tank wieder auffüllen. Der Ort ist total verschlafen, alle Geschäfte sind zu. Als ich am zentralen Platz eine Rotkreuz-Ambulanz entdecke, kommt mir die Idee, es mal hier zu versuchen. Und wirklich, sie haben einen Wasserhahn mit Schlauch und wir können dort unseren Tank auffüllen, die Fahrt zum Salar del Huasco ist gerettet, wir können uns in den nächsten drei Tagen wieder sorglos unter die abendliche heiße Dusche stellen.
Die Suche nach einem Kakteen-Wald verläuft dann leider ergebnislos (hier wollten wir übernachten) und so stehen wir am Sylvester-Abend mutterseelenallein mitten in der Wüste, und beschließen, unsere Flasche Sekt doch nicht zu köpfen. Stattdessen denken wir nach dem Abendessen um 8.00 Uhr an unsere Familien zu Hause, und begeben uns lange vor Mitternacht in die Koje.
Freitag, 01.01.2016 Am Neujahrsmorgen treffen wir unverhofft auf unser holländisches Pärchen, die gar nicht so weit von uns übernachtet haben. Sie haben schon ganz früh den Weg zum „Riesen-Kakteen-Wald“ gesucht und auch gefunden, und wir wollen es ihnen gleich tun. Aber leider war wohl die Wegbeschreibung zu ungenau, und wir kehren nach einer Stunde Kraxelei auf einem Geröllhang wieder um. Wir trösten uns: wenigstens sportlich haben wir uns ein wenig betätigt, und außerdem hatten wir zuvor, 100 Meter neben der Hauptroute, einige Exemplare, sogar mit Blüte, fotografieren können, wenn auch keinen ganzen Wald.
Eine weitere Traumfahrt folgt. Wieder sehen wir große Herden von Vicunjas und Lamas, beobachten Nandus und Wasservögel. Und immer wieder genießen wir die weiten Blicke hinüber zu den Vulkanen. Dann türmt sich vor uns ein Gebirge auf: wir müssen über einen Pass. Die Piste schraubt sich hoch und höher, rechts und links davon bewundern wir die farbigen Aschehänge der Vulkane. Dann endlich ist es geschafft: Wir steigen aus, und machen Bilder von uns Beiden. Die Passstraße ist so neu, dass hier oben noch kein Schild mit der Höhenangabe steht, nämlich 5050 Meter. Dafür recken wir die Hand mit unseren 5 Fingern hoch: der erste 5000er Pass ist geschafft. Aber eigentlich müssen wir ja unseren Hilux streicheln, der hier ganz zügig hoch geklettert ist. Nach der Passhöhe geht es auf niegelnagelneuer Straße 1.200 Meter in die Tiefe. Noch ziemlich weit oben, erkennen wir in der Ferne ein helles, schmales Band. Sollte das der Salar de Huasco sein? Dann stoßen wir in eine weite Ebene hinunter, auf dieser neuen Straße eine reine Genussfahrt. Dann durchfahren wir die Kilometer lange Ebene, links und rechts begleiten uns die Berge. Die Straße ist jetzt nicht mehr geteert, aber schon gut vorbereitet für diesen letzten Schritt.
Irgendwann fahren wir durch ein geöffnetes Tor mit dem Schild Privatgelände hindurch und denken uns zunächst nichts dabei. Über vieler Kilometer fahren wir die Straße weiter und kommen dann an ein weiteres Tor, wieder mit dem Schild „Privatgelände“. Es wird uns klar, dass es sich hier um eines dieser riesigen Grundbesitze handeln muss, die in Südamerika noch gang und gäbe sind.
Die Berge links und rechts der jetzt schwierig werdenden Piste wirken nicht hoch, und haben weiße, pudrige Areale, die die Bergrücken hinab zu fließen scheinen. Wir vermuten erst Salzablagerungen, aber der Blick durch das Fernglas zeigt eher helle Vulkanasche. In der Ferne sieht der Salar del Huasco völlig unspektakulär aus, immer noch ein heller Streifen inmitten pastelfarbiger, nicht allzu hoher Berge.
Hartmut muss jetzt höllisch aufpassen, da die Piste viele tiefsandige Passagen aufweist. Aber endlich ist es dann doch geschafft, und wir biegen am See angekommen, von der Piste ab, und stehen auf einem Parkplatz. Die Holländer mit ihrem Pick up sitzen längst mit ihrer Weinflasche am See und genießen die Aussicht, und die ist nun wahrlich grandios. Ein paar Meter vom Parkplatz entfernt gibt es eine Quelle, die ihr Wasser in den See schickt. Die Flächen rings um den kleinen Bach sind tiefgrün, weiter vorn erstreckt sich über 100 Meter eine weiße Salzkruste, auf der man fast bis zur offenen Wasserfläche laufen kann. Auf der Grünfläche halten sich kleine Vögel, Enten, Gänse und eine Gruppe Nandus auf. Am nächsten Tag sehen wir dort auch vereinzelt Lamas herum laufen. Auf der offenen Wasserfläche stehen Flamingos in großer Zahl, es mögen tausende sein. Die Berge spiegeln sich im See, und die untergehende Sonne verstärkt die verschiedenen Rosatöne der Flamingos perfekt. Wir laufen noch einmal mit der Kamera los, um diese Farbenpracht ein zu fangen. Leider wird es nach Sonnenuntergang schnell richtig frisch, und so verschwinden wir dann schnell im Womo. Und auch unsere Holländer verschwinden schnell in ihrem Mini-Zelt, und schlagen unser Angebot aus, unsere Flasche Sekt, die wir gestern nicht allein trinken mochten, mit uns zu leeren. Aber, so viel steht fest, alt wird der Sekt in diesem Jahr trotzdem nicht werden.
Samstag, 02.01.2016 Wir beschließen, an diesem wunderbaren Ort noch einen Tag zu bleiben: zu essen ist genug da, und Wasser haben wir auch zu Genüge. Außerdem endlich mal Zeit, uns bei allen unseren „Lesern“ zu bedanken, die unsere Reiseberichte im vergangenen Jahr „begleitet“ haben. Euch allen wünschen wir ein gesundes, erfolgreiches Neues Jahr 2016 mit vielen, schönen Reisen, es muss ja nicht gleich Südamerika sein. Wenn wir nach Hause kommen, stellen wir immer wieder fest, wie schön Europa ist!
Der zweite Tag des neuen Jahres wird ein sonniger, kalter und windiger Tag, an dem wir noch einmal an die offene Wasserfläche laufen, fotografieren, mit dem Fernglas beobachten, und viele Nandufedern einsammeln und die Natur auf uns wirken lassen. Einen schöneren Jahresbeginn hätten wir uns gar nicht wünschen können.
Sonntag, 03.01.2016 Bevor wir uns auf den Weg nach Iquique machen, kontrolliert Hartmut noch einmal alle möglichen „Klapperstellen am Auto, und wird tatsächlich fündig: die Halterung der Autobatterie hatte sich gelockert; hoffentlich hat das keine Auswirkungen auf die Batterie selbst. Aber nun fahren wir natürlich viel entspannter. Nach 10 Kilometern Piste gibt es bis zur Hafenstadt nur noch erstklassigen Asphalt. Wir schrauben uns in zwei Phasen zur Küste hinunter. Von ganz oben können wir die weite Ebene der Atacama-Wüste überblicken, ein tolles Gefühl, 2800 Meter hinab in die Tiefe zu schauen. In der trockensten Wüste der Welt wächst jetzt bis Iquique kein Grashalm mehr.
In Iqiuque angekommen fahren wir sofort zu unserem Domizil für die nächsten Tage, dem Vereinsgelände einer Paraglideschule, welches oberhalb der Stadt liegt, und einen weiten Blick über Stadt und Meer bietet. Als wir dort ankommen, stehen dort ein Mercedes-Truck und ein VW-Bus aus Berlin auf dem Parkplatz, wir sind verblüfft. Die beiden Paare aus Berlin sind „Langzeit-Fahrer“, und haben Südamerika schon mehrfach bereist. Dafür waren wir in Nord- und Mittelamerika, was wir auch nicht missen wollten. In den nächsten Tagen lassen wir es ruhig angehen; der obligatorische Einkauf wartet, eine Trommel Wäsche muss wieder eingeräumt werden, wir telefonieren mal wieder ausgiebig, und unterhalten uns natürlich. Weil meine Erkältung einfach nicht weichen will, geht Hartmut am Mittwoch allein auf Sight Seeing Tour.
Mittwoch,06.01.2016 Ich versuche, etwas ruhiger zu treten, damit meine leidige Erkältung endlich verschwindet (tut sie aber nicht). Ich erfahre etwas mehr von unseren Mitreisenden, z.B. dass das Paar mit dem VW die Sommermonate in Berlin, die Wintermonate in Südamerika verbringt.
Am Nachmittag hören wir eine äußerst traurige Nachricht, eine junge Deutsche, die hier mit ihrem Mann das Gleitschirmfliegen betrieben hat, wurde von einem Windwirbel erfasst und prallte gegen eine Felswand. Man hat sie noch versucht, wieder zu beleben, sie ist dann aber gestorben. Wir sind alle bedrückt, weil ein so junges Leben auf so eine Weise enden musste. Aber der Sport ist nun mal sehr gefährlich, auch weil die Winde, die hier vom Pazifik auf die 600 Meter hohe, fast senkrechte Wand treffen, unberechenbar sind.
Eine Schweizerin kommt mit ihrem Womo für eine Nacht angefahren. Sie kennt unser Mercedes-Paar von der Überfahrt von Deutschland nach Südamerika, und nun wird gequatscht, bis in die Puppen. Sie ist mit einer WoMo-Gruppe unterwegs, die unter der Leitung von Seabridge 6 Monate durch Südamerika und Zentralamerika reist. 500 Kilometer am Tag zu fahren ist da ganz normal. Natürlich werden auch immer wieder Touren zu den absoluten Highlights angeboten, aber der zeitliche Druck muss dennoch enorm sein.Wir bewundern die Frau, die diese Tour auch noch alleine absolviert, sie ist sicherlich über 70 Jahre alt.
Wir verlassen Iquique und fahren endlich mal wieder am Wasser vorbei, keine kalten Nächte mehr und kein kurzer Atem, dafür angenehme Tagestemperaturen und angenehme Nachttemperaturen. Die Küste wird begrenzt von hohen Bergen, die Küstenebene selber ist schmal und meistens eine Felsenküste. Dafür kann man fast überall über Nacht stehen, so lieben wir es.
Zweimal übernachten wir am Meer und dann geht es bei Tocopilla wieder Richtung Anden. Mit einem Schlenker wollen wir nach San Pedro de Atacama fahren. Der Schlenker geht von der Minenstadt Chunchurri aus gen Nordosten. Hier übernachten wir zwei mal in der Wüste, besuchen das höchst gelegene Geysirfeld der Welt und kommen dann nach San Pedro de Atacama, der Touristenmagnet im Norden von Chile.
Allerdings gibt es dort auch leider Touristenpreise und da wir keine Lust haben, über 30 € pro Nacht für einen staubigen Parkplatz zu bezahlen, verziehen wir uns in die umliegende Wüste. Die erste Nacht hier verbringen wir auf einem Aussichtspunkt über das Valle Luna, einer der Highlights in der Umgebung von San Pedro.
Donnerstag, 07.01.2016 Heute fahren wir weiter, obwohl meine Erkältung sich hartnäckig hält. Wir wollen die Küste hinunter fahren bis Tocopilla, von dort aus bis nach Calama. Dort werden wir unsere weitere Route festlegen.
Die Küste besteht nun bis Tocopilla aus einem meist schmalen Küstenstreifen, der zu einer Seite von hohen, bis zu 600 Meter hohen Bergen begrenzt wird. Die Berge sind kahl, und breite Schotterstreifen und ausgewaschene Rinnen ziehen sich die Berge hin ab. Als am Nachmittag dichte Wolken auf ziehen, wird es mir richtig unheimlich zumute. Der nördliche Küstenstreifen von Chile hat im März des vergangenen Jahres extrem viel Regen abbekommen, und die Spuren sind immer noch zu sehen: Schlammlawinen haben sich über die Straße gewälzt, und sie an vielen Stellen zerstört. Immer wieder gibt es holprige Abschnitte und Straßenerneuerungs-Trupps. Dort, wo die Küste etwas mehr Platz bietet, haben sich viele Chilenen ihre „Urlaubs-Zuhause“, und auch ihre dauerhafte Behausung geschaffen. Wir sehen einzelne Zelte stehen, wir sehen ganze Zeltstädte, und wir erkennen ganze „Ortschaften“. Die Bewohner haben sich aus Pappen, Planen, Folien, Holzresten, Stangen und Seilen abenteuerliche „Haus-Konstruktionen“ zusammen gebastelt, und es sieht aus, als wenn hier große Flüchtlingslager existierten. Viele der kleineren Kuppelzelte stehen unter einem riesigen, aufgespannten schwarzen Plastikdach, so dass das Ganze wie ein Beduinenzeltlager wirkt. Um alles herum liegt alles, was man nicht sofort, oder überhaupt nicht mehr braucht: Müll, Flaschen, ausrangierte Möbel, usw…Wir sind sprachlos, ziehen es aber am ersten Abend trotzdem vor, in Sichtweite einer dieser Siedlungen zu stehen.
Freitag, 08.01.2016 Beim Frühstück erfahren wir, womit sich die Menschen hier ihr Brot verdienen: sie sammeln Seetang, der getrocknet und zu Rollen geformt, verkauft wird. Auch heute begleiten uns viele Wolken, bedrohlich wirkende Berge, kaputte Straßenabschnitte, und wieder viele, viele einsame Zelte, Zeltstädte und Bretterbuden-Siedlungen, von denen sehr wenige wenigstens über Strom verfügen. Die Straßen sind Sand-und Schotterwege, das Wasser wird von Tankwagen angeliefert, der Müll wird wohl selten oder gar nicht abgeholt, und wo Fäkalien und Schmutzwasser landen, das können wir uns denken. Aber wenn wir an einer Behausung dicht neben der Straße vorbei fahren, winken uns die Menschen zu. Am Abend stehen wir auf einem „iOverlander-Platz“, von dem aus wir einen Felsen im Meer entdecken, der voll mit Lummen und Pelikanen ist. Ich entdecke außerdem einen einzigen Pinguin, obwohl es hier davon viel mehr geben soll. Ist „El Ninjo“ etwa schuld daran? Das Wasser vor dieser Küste dürfte jetzt so warm sein, dass es für Seevögel, Pinguine und Seelöwen kein ausreichendes Nahrungsangebot mehr gibt. Am Abend verlassen die Lummen ihre Plätze auf dem weißen Felsen, und fliegen wie eine riesige Wolke in den Himmel, ein schönes Schauspiel.
Samstag, 09.01.2016 So richtig flott kommen wir heute nicht los, obwohl der Himmel bewölkt ist. Bis Tocopilla, der Ort, an dem wir in die Atacama-Wüste hinein fahren wollen, biete sich das übliche Bild für diese Küste: auf der einen Seite die hohen kahlen Schotterberge, auf der anderen Seite jetzt größere, völlig zerfurchte Sand- und Schotterflächen, die zum Meer hin abfallen und dort entweder an einer Sandbucht oder aber an einem schroffen Cap enden. Auf der Straße halten wir an einem der vielen Mausoleen an, die von den Familien der unendlich vielen Verkehrsopfern in Chile errichtet werden. Hier wird einem jungen Paar gedacht. Es gibt einen steinernen Bau, überdacht, rundherum sind Sträucher und Blumen gepflanzt, vor dem Ganzen schützt eine Metallkette vor dem Autoverkehr. Drinnen gibt es Bilder von den Opfern, Devotionalien, Grüße von den untröstlichen Eltern. Während es in Peru und Bolivien eher kleine Steinhäuschen waren, die an die Verkehrstoten erinnern sollen, erleben wir hier in Chile eine Flut von Mausoleen (anders kann man diese Bauten nicht bezeichnen), die jede pompösen Grabstelle auf einem Friedhof in Europa weit in den Schatten stellen. Wir haben aus Pietät nur einige wenige davon fotografiert, um das einmal zu zeigen. In Tocopilla tanken wir, und fahren ohne Wasser (das hier nicht auf zu treiben war) in Richtung Calama, der Wüstenstadt.
Nachdem ich im Reiseführer nach gelesen habe, dass die hier existierende größte Kupfermine der Welt (Tagebau) die Umgebung, die Luft und das Wasser mit giftigen Chemikalien schwer belastet, verzichten wir, hier Wasser zu tanken. Mit arsenhaltigem Wasser wollen wir unsere Kartoffeln und unseren Kaffee dann doch nicht kochen. Auch die Übernachtungsfrage ist schnell geklärt: hier finden wir keinen sicheren Übernachtungsplatz. Wir fahren in einem großen Bogen zur Oase Chiu Chiu, die eine berühmte Kirche beherbergt, die wir leider nicht mehr besichtigen können, und fahren zur Laguna Inca-Coya, einem verblüffenden Wüstensee. Ringsum ist nur die Wüste, der Kreis runde See wird von grünem Schilf gesäumt. Leider können wir hier über Nacht nicht stehen, in der Nähe wird mit lautem Südamerika-Pop gefeiert; gewiss harmlos, aber für uns einfach zu laut. Wir fahren noch etwa eine halbe Stunde, bis wir auf etwa 3000 Meter Höhe einen Platz entdecken, der von der Straße nicht einsehbar ist.
Sonntag, 10.01.2016 Nach unserem obligatorischen Sonntagsfrühstück mit weich gekochten Eiern, machen wir uns auf den Weg nach Caspana, und von dort zu den Geysiren El Tatio“, den höchst gelegenen der Welt. Aber der Tag entwickelt sich anders, als geplant. Denn ab und zu verfranzt man sich eben trotz Navi. So kommen wir anstelle von Caspana zum Örtchen Tocone, einer Oase, die steil am Hang liegt. Das Wasser kommt von einem Fluss, der oberhalb des Ortes kanalisiert und auf die terrassenartig angelegten Felder verteilt wird. Der Ort liegt in tiefster Sonntagsruhe, und verzaubert uns. Ringsum nichts, als Felsen und Sand, und in der Mitte eine grüne Oase. Die Farbe Grün sehen wir auf einmal mit ganz anderen Augen, sie bedeutet hier Wachstum und Leben.
Dieser Navi-Ausrutscher ist nicht schlimm, sind es doch laut Navi von hier aus nur 40 km bis zu den Geysiren, das können wir noch gut schaffen und nachher gleich weiter in tiefere Gefilde fahren. Leider unterscheidet das Navi nicht die Qualität der Straßen und so kommen wir auf eine „Knüppelpiste“, die kaum befahrbar ist, zumindest nicht in vertretbarer Zeit. Nach drei Kilometern ist uns klar, dass wir für die wenigen Kilometer viele Stunden benötigen würden und so kehren wir um und machen erst einmal Mittagspause.
Der Weg zu den Geysiren ist jetzt erheblich weiter und es ist klar, dass wir erst morgen früh dort sein können. Also besuchen wir eine weitere Oase, nämlich Caspane, wo wir auch ursprünglich hin wollten. Der Ort ist größer als Tocone, hier wachsen Pfirsiche, Äpfel und Birnen, alles im Mini-Format. Der Pfirsich ist so groß, wie eine Glasmurmel, ein zuckersüßer Genuss. Wir genießen die nachmittägliche Stille, und trennen uns nur schwer von dem Ort, um einen Übernachtungsplatz zu suchen. Weg von der asphaltierten Hauptstraße hoppeln wir einen Weg entlang, der weit in die Pampa hinein reicht. Hier verbringen wir wieder eine ruhige und ungestörte Nacht. Wir gehen früh ins Bett, denn wir haben noch einige Kilometer bis zu den Geysiren zu fahren, und die Geysire sind bis morgens bis neun Uhr (in der Morgensonne) am schönsten zu fotografieren.
Montag, 11.01.2016 Obwohl keine Morgenlerchen sind, kommen wir dank unseres Weckers pünktlich los. Heute muss eben mal ein „coffee to go“ reichen, also einer, den ich Hartmut bei der Autofahrt kredenze. Richtig frühstücken können wir später. Die Asphaltstraße windet sich 28 Kilometer die Berge empor und dann geht es noch ein ganzes Stück über eine Piste bis zu den Geysiren, schließlich fahren wir zu den höchst gelegenen Geysiren der Welt. Die kahlen Berge schimmern in allen Erdtönen, von zartem Ocker, über leichte Rosatöne, bis hin zu hellem Nougat, und Schokoladenbraun. Auch Grüntöne sind dabei, nämlich dann, wenn eine Fläche noch von Vegetation überzogen ist. Die Geysire werden in einem Tal sichtbar, in dem es an verschiedenen Stellen dampft und brodelt. Wir finden das alles sehr schön, aber wir kennen durch unsere Nordamerika-Tour natürlich die Geysire im Yellowstone-Park, die um einiges eindrucksvoller sind. Hartmut will sich eigentlich mal so zum Spaß in die eigens für diesen Zweck gefasste Quelle setzten, aber dann sitzt auf einmal eine ganze Busladung im Wasser, und er ist sich nicht mehr sicher, ob das so hygienisch wäre, sich dazu zu hocken. Außerdem ist es morgens um 8 Uhr in 4300 Meter Höhe immer noch ganz schön frisch…..
Nach dem Frühstück auf dem Parkplatz bei den Geysiren machen wir uns auf den Weg nach San Pedro de Atacama, dem touristischen Hot Spot in der Gegend. Wir wollen zumindest so ankommen, dass wir mit der Familie telefonieren können. Es wird eine tolle Fahrt; es gibt endlos weite Blicke bis an den Fuß der Berge. Wir kommen durch ein breites Flusstal: Grün bis zum Horizont, Enten, Gänse, Flamingos und Vicunas bevölkern die Ebene. Wenig später, hinter einer letzten Kehre ist alles wieder sandig, staubig, trocken und kahl.
San Pedro de Atacama ist eine ehemalige Oase, die es bis in den Rang einer Touristen-Hochburg geschafft hat; angesichts der vielen Ausflugsmöglichkeiten von dort aus kein Wunder. Für uns Womo-Fahrer ist der Ort allerdings eine Zumutung. Zwischen hohen Adobemauern eingekeilt, irren wir durch die Gassen, auf der Suche nach einem Internet-Cafe, aber es will sich einfach nichts ergeben. Zum Glück finden wir die einzige Tankstelle ziemlich schnell, die dazu auch noch die einzige Wasserzapfstelle für Nomaden wie uns, besitzt. In einem Hostal kann ich Patrick wenigstens schnell mitteilen, wo wir überhaupt sind, dann bricht die Verbindung wieder ab, ein Hoch auf das chilenische WiFi!!
Anschließend fahren wir zu einem Aussichtspunkt (an dem wir dann auch übernachten), von dem aus man in das berühmte „ Valle de La Luna blicken kann, und von wo aus man einen meist wunderbaren Sonnenuntergang erleben kann. Es ist ein ehemaliger See, der durch Verwerfungen angehoben und dadurch phantastische Felsformationen gebildet hat. Natürlich wollen sich auch andere Touristen dieses Schauspiel nicht entgehen lassen. Am Abend ist es dort proppevoll, Wein wird ausgeschenkt, Volksfeststimmung kommt auf. Aber damit haben wir gerechnet, und lassen uns unseren Sonnenuntergang nicht vermiesen, zumal es auch erfrischend ist, die vielen, meist ganz jungen Leute aus vieler Herren Länder zu beobachten und ihnen zuzuhören.
Vom Valle Luna aus fahren wir an San Pedro vorbei in Richtung von zwei Lagunen in den Anden (Laguna Miscanti und Laguna Miniques). Sie liegen auf 4200 m, weshalb wir nicht bei den Lagunen übernachten, sondern davor, bevor die Straße zu den Lagunen hochsteigt. Wir sind früh am nachmittag an diesem Platz und genießen Sonne, Weite und einen warmen Wind.
Am nächsten Vormittag fahren wir dann hoch zu den Lagunen, genießen die wunderbare Lage der Seen und dann geht es zurück nach San Pedro de Atacama. Hier wollen wir (wegen Internet) eigentlich auf einen Campingplatz in der Stadt, aber 41 € Übernachtungsgebühr für einen staubigen Parkplatz sind uns einfach zu viel. Wir kommen "auch so" an das Passwort des Internets heran und können uns bei dem ESO-Observatorium Paranal für den kommenden Samstag anmelden (das Very Large Observatorium). Dann verziehen wir uns wieder in die Wüste (Wüstenplatz) und übernachten hier absolut kostenfrei.
Wir müssen dann in zwei Tagen bis Paranal fahren, eine Übernachtung wieder in der Wüste (Wüstenplatz) und eine Übernachtung bei der Sternwarte.
Der Besuch der Sternwarte hat uns beide begeistert. Danach geht es wieder zur Küste, die genauso trocken ist, wie die Küste weiter nördlich. Wir übernachten an einem Strandcamp und an einer Felsenbucht, einem "Platz am Meer".
Dienstag, 12.01.2016 Heute geht es, vorbei am Salar de Atacama, und den beiden Oasenorten Soconao und Socaire (beide mit schönen Adobe-Kirchen) zu den beiden Lagunen Meniques und Miscanti, die eingebettet zwischen den beiden gleichnamigen über 5000 Meter hohen Vulkanen liegen. Wir fahren an einer Tamarugo-Baumpflanzung vorbei, in der Lamas weiden. Der Baum, der früher großflächig in der Wüste wuchs, kann Grundwasser über die Wurzeln bis zu 12 Metern aus der Tiefe holen. Lamas können die kleinen, harten Blätter, die von Stacheln umgeben sind, aufgrund ihrer gespaltenen Lippe gut erreichen. Ein merkwürdiges Gefühl ist es schon, plötzlich in der Wüste in einem Wald zu stehen.
Je höher wir kommen, desto besser können wir den Salar de Atacama sehen. Auf der anderen Seite der Straße haben wir Kilometer weite Blicke auf Berge und Vulkane, von denen aus die Sand- und Kiesflächen in einer schiefen Ebene von oben nach unten, und von links nach rechts laufen. Es erstaunt uns immer wieder, über so große Entfernungen hinweg Formen und Farben wahr zu nehmen. Am späten Nachmittag suchen wir uns oberhalb von Socaire einen Übernachtungsplatz, der von der Straße weg in eine Kakteen- und Blumenlandschaft führt. Der übliche, thermische Wind ist zwar da, aber es ist so warm, dass wir noch draußen sitzen können, seit langem das erste Mal. Wieder haben wir einen wunderbaren Sonnenuntergang mit Blicken in die weite Wüstenlandschaft.
Mittwoch, 13.01.2016 Wir schaffen es tatsächlich, um 7.00 Uhr auf zu stehen, und für unsere Begriffe relativ früh weg zu kommen. Nach dem Frühstück nehmen wir das letzte Stück zu den beiden anvisierten Lagunen unter die Räder. Es geht stetig bergauf durch eine wunderbare, fast „grüne“ Landschaft, Flächen voller Kakteen und roten, kriechenden Blumen. Da die Gravelroad Wellblech aufweist, klemmen wir den Kühlschrank vom Strom ab, und Hartmut düst mit 60 kmh los. Als wir über den letzten Sattel fahren, liegt der erste See, die Laguna Miscanti, in atemberaubenden tiefen Blau, umgeben von weißen Salzkristallen. 3 Fahrminuten entfernt, versteckt sich hinter einem kleinen Sattel die Laguna Minique, genauso schön und eindrucksvoll. Wir genießen die unglaublich schönen Anblicke, weniger Genießen wir die Vielzahl von Leuten, die von San Pedro hier hochkommen und die Lagunen bevölkern. Genauso wenig genießen wir es, das die Chilenen während der Besichtigungsaufenthalte grundsätzlich die Motoren von ihren Autos laufen lassen (es kommt ihnen nicht in den Sinn, den Motor mal auszustellen). Es ist weniger schön, wenn man in dieser schönen Landschaft laufend das Motorengeräusch diverser Touristenbusse hören muss.
Auf dem Rückweg beschließen wir, heute bis San Pedro de Atacama zu fahren, und dort auf dem Campingplatz Los Abuelos (mit Internet, wichtig) zu übernachten. Als wir jedoch 41 Euro für einen staubigen Parkplatz und einen trocken gelegten Swimmingpool bezahlen sollen, passen wir. Ich kann jedoch von einem holländischen Ehepaar das Passwort für das Internet des Platzes bekommen. So stehen wir dann an der Außenmauer der Anlage, und erledigen einige Telefonate; u.a. melden wir uns für den kommenden Samstag für eine Führung durch das „ European Southern Observatory“, kurz ESO genannt, in Paranal an. Da es später wird, als erwartet, fahren wir ein paar Kilometer, und biegen dann in eine staubige Piste ein, an deren Beginn ein Hinweisschild auf Petroglyphen steht. Leider bleiben wir irgendwann fast im Sand stecken, und drehen deshalb sicherheitshalber um, bis wir wieder festen Boden unter den Rädern haben. Dort, weitab der Straße, stehen wir wieder einmal mitten in der Wüste, und genießen die Weite und Einsamkeit. Leider orgelt der Wind so stark, dass im Womo alles mit einer leichten Staubschicht überzogen ist.
Donnerstag, 14.01.2016 Nachdem wir in San Pedro noch einmal Wasser gefasst haben, fahren wir über Calama in Richtung des Observatoriums. In Calama mache ich im Jumbo-Supermarkt noch ein mal einen Großeinkauf, da wir nach dem Besuch des Observatoriums ein paar Tage lang an der einsamen Küste entlang fahren wollen, ohne großartige Einkaufsmöglichkeiten. Der Großeinkauf ist jedes Mal ein Ritt durch die Gänge. Währenddessen überlege ich mir, was ich kochen könnte, was ich noch im Womo habe, und was ich ergänzen muss. Hartmut bewacht derweil das Womo, das wir nicht mehr aus den Augen lassen, seit der vielen Berichte über Einbrüche in Nord-Chile. Die Landschaft auf dem Weg zum ESO ist geprägt von Minen, deren Abraumhalden giftig leuchten. Auf dieser Strecke gibt es auch besonders viele Mausoleen von Unfallopfern, mindestens alle 100 Meter, auf Schnur gerader Strecke, unvorstellbar für uns! Am Abend fahren wir etwa 3 Kilometer den Weg zu einer aufgelassenen Piste hoch, und übernachten dort. Die LKW von der Straße hört man trotzdem noch gedämpft.
Freitag, 15.01.2016 Herzlichen Glückwunsch, mein Mann hat heute Geburtstag, und das wird „gefeiert“ . Auf dem Geburtstagstisch stehen eine Plastikrose, eine Geburtstagskarte, ein kleiner Mini-Schokokuchen, eine brennende Kerze und ein kleines Geschenk, dazu wird gesungen. Dann brechen wir bald auf, denn die Gegend ist nur trostlos. Beim Ort La Negra tanken wir, und bekommen das erste Mal so richtig mit, dass wir uns hier in einer Wüstengegend befinden. Die Tankstelle will uns nämlich zunächst kein Wasser für unseren Tank geben;verständlich, denn das Wasser kommt hier im Tankwagen, und muss bezahlt werden. Wir betteln ein bisschen, und dürfen dann vom Wasserhahn der Toilette mit unserem kleinen Wassereimer 8 Liter für unseren Tank abfüllen. Am Nachmittag stehen wir dann vor dem Observatorium auf einem großen Parkplatz, und können von dort bis zum Pazifik blicken, einfach toll. Solche Übernachtungsplätze lieben wir, bewacht, und trotzdem landschaftlich grandios ,und ruhig. Am Abend, als es richtig dunkel ist, gehen wir noch einmal hinaus, und haben den Eindruck, direkt in die Mitte der Milchstraße zu blicken. Leider ist es hier in 2550 Meter Höhe recht kalt, und deshalb wird das keine Abend füllende Beschäftigung. Beeindruckend war, wie dunkel all die Gebäude der Anlage sind, hier wird jede Lichtabstrahlung tunlichst vermieden, Autos dürfen nur mit Standlicht fahren.
Samstag, 16.01.2016 Pünktlich um 10 Uhr werden wir von zwei Führern abgeholt. Der eine ist für die etwa 80 spanischen Teilnehmer, der andere für die 7 Englisch sprachigen Teilnehmer zuständig. Zunächst sehen wir zur Einführung einen Film, der die Anlage vorstellt, und dann auf den Bau des neuen „ Extremly Large Telescope“, das auf einem Berg, gegenüber des „ESO“, Luftlinie etwa 30 Kilometer, entsteht. Dann fahren wir mit unseren eigenen Fahrzeugen zum Observatorium hoch. Zunächst besichtigen wir eine der vier Anlagen (Nr. 1), danach besichtigen wir das Kontrollzentrum. Alle sind sehr beeindruckt, von dieser ausgefeilten Technik, die hier den Blick in das Weltall ermöglicht. Es gibt vier Observatorien mit einem Spiegeldurchmesser von jeweils 8,2 m und daneben noch diverse Observatorien mit kleineren Spiegeln, vier davon sind auf Schienen fahrbar. Die Spiegel wurden von der deutschen Firma Schott gefertigt und bestehen aus einem Stück. Der Focus der Großspiegel kann in einem gewissen Maß durch Hydraulikstempel nachjustiert werden. Die Spiegel können um 360 Grad gedreht, und um jeweils 90 Grad aufgeklappt werden, so dass der gesamte Weltraum mit den Spiegeln erfasst werden kann.
Das gesammelte Licht jedes Spiegels wir mehrfach umgelenkt und kann wahlweise auch zu einem Strahlengang zusammengefasst werden. Die Luftschlieren können durch je einen adaptiven Spiegel im Strahlengang in einem gewissen Maße herausgeregelt werden. Wir das System genau funktioniert, muss ich nochmal im Internet recherchieren. Anscheinend gibt es dazu zwei Systeme. Bei einem werden die Reflektionen eines Laserstrahls in der Luft bei einem der Großspiegel dazu genutzt, bei dem anderen System wird ein Stern nahe des untersuchten Objekts verwendet, um eine möglichst deutlich Darstellung zu erhalten. Laut Aussage unseres Führers ist durch diese adaptive Technik die Detailgüte fünfzehn Mal so groß, wie beim Hubble-Teleskope.
Auf der großen Plattform, auf dem alle Teleskope stehen, gibt es noch ein ein 'Teleskope, dass den Sternenhimmel permanent absucht, und alle Daten zur Kontrollstation sendet. Dadurch kann man die Bilder verschiedener Tage miteinander vergleichen, und Veränderungen sofort bemerken.
Leider gab es die vielen wunderbaren Informationsschriften nicht auf Englisch, sondern nur auf Spanisch.
Zum Schluss besichtigen wir noch das Hotel, das über einen Swimmingpool, einen Tropengarten und ein schönes Restaurant verfügt.Es ist ein riesiges, frei tragendes Gewölbe, das halb in den Boden versenkt wurde. Bei Einbruch der Dunkelheit wird das Kuppeldach durch einen Schirm von innen abgedunkelt.
Um 14 Uhr machen wir uns auf den Weg zur Küste. Die Piste ist schmal und holperig, die Blicke sind, wie immer atemberaubend, erst auf die kahlen Berge, dann auf die Küste. Dort suchen wir uns einen „iOverlander-Stellplatz“ am Wasser aus. Die Brandung donnert an die Küste, und ich denke, auch wie immer, an einen möglichen Tsunami. Deshalb verlegen wir unseren Schlafplatz sicherheitshalber auf eine Ebene höher.
Sonntag, 17.01.2016 Nach unserem Sonntagsfrühstück machen wir einen Strandspaziergang, und fahren dann gemächlich an der Küste entlang, die immer noch hohe Berge und schmale Ebenen aufweist. Wir suchen heute ziemlich lange nach einem Übernachtungsplatz, denn überall haben die Chilenen entweder ihre kleinen Ortschaften aus den besagten „Pappschachteln“, oder aber sie zelten, meist in kleinen Gruppen, oder aber auch in größeren Ansammlungen. Endlich finden wir einen holprigen Pfad, der zu einem von der Straße uneinsichtigen Platz führt. Hier fühlen wir uns sicher, und haben eine ruhige Nacht.
Mit Chile Teil 2 geht es weiter.