08.05.13 bis 29.05.13

 

Am Mittwoch, den 8.5.13 fahren wir von Escalante nach Boulder über eine der verrücktesten Straßen, die wir kennen. Man fährt über einen überaus schmalen Höhenzug, der nur wenig breiter als die eigentliche Straße ist, durch eine unwirkliche Canyonlandschaft, bis zum Horizont. Rechts und links geht es mehrere Hundert Meter in die Tiefe.

Fotografisch ist diese Straße nur aus der Luft richtig darstellbar. Da uns das Flugzeug fehlte, habe ich (Hartmut) trotzdem ein paar Fotoversuche gemacht. Die Wirklichkeit ist natürlich viel eindrucksvoller.

 

Nach einer einsamen Übernachtung links der Straße fahren wir von Boulder aus durch den wunderschönen Dixie National Forest.  Leider ist das Wetter äußerst ungemütlich, Schnee und Hagel begleiten uns. Oben auf der 3.200 Meter hohen Passhöhe machen wir trotzdem ein Erinnerungsfoto von uns beiden. Im Spätsommer 1994 haben wir uns an gleiche Stelle im Fahrraddress bei strahlendem Sonnenschein ablichten lassen. Der Stolz über den geschafften Anstieg mit Fahrrad und Gepäck stand uns ins Gesicht geschrieben.

 

Nach Überquerung der Passhöhe ist es noch eine gemütliche Fahrstunde bis zum Capitol Reef National Park, diese mit  160 Kilometern durchgehend  längste hochgeschobene, und gekrümmte Erdfalte  der USA. Der Park selbst: dunkelrot aufgetürmte Felsmonolithe, deren Farbigkeit und Glanz sich  im Schein der untergehenden Sonne ins Unendliche steigert, Canyons, die man erwandern kann, aber auch den Freemont River, durch den Fruita, eine ehemalige Mormonensiedlung zur Oase wurde. Mittendrin, am Freemont River, von Obstgärten umgeben, liegt der zauberhafte Campingplatz. Am frühen Morgen zieht Rotwild, hier“ deer“ genannt über den Platz, wenig später bevölkern ganze Heerscharen unterschiedlichster Vögel den Platz. Beim Camphost, der Schälchen mit Zuckerwasser aufgehängt hat,  kann der vogelverrückte Europäer  durchreisende Kolibris beobachten, die sich hier für  zwei, drei Wochen für die Rückreise in den Norden stärken.

Wir werden immer wieder auf unser WOMO angesprochen, sei es von Amerikanern, die unser Gefährt bewundern, sei es von Deutschen, denen unser Nummernschild auffällt. Wie der Zufall so spielt, kommen wir mit einem jungen Paar ins Gespräch, die aus Heidelberg kommen, und beruflich unseren Sohn Patrick kennen. So etwas wird uns bestimmt noch des Öfteren passieren.

Nach zwei erholsamen Tagen  müssen wir weiter. Wir haben eine wunderschöne „gravel road“ unter den Rädern, die einen Abzweig zum Lake Powell hat. Von dort würden wir gern mit der Fähre auf die andere Seite des Sees gelangen, um von dort in die Richtung des Monument Valleys zu gelangen. Aber der See ist nun mal nur noch zur Hälfe gefüllt, und die Fähre ist deshalb zurzeit außer Betrieb.

Weil es schon spät ist, übernachten wir an See. Aber was heißt hier AM SEE ??? Der Blick auf die Karte sagt uns, dass wir zur im See übernachten, weil, wie gesagt, sich die Wassermenge halbiert hat. Überall zeugen Muschelschalen davon, dass wir auf dem See-Grund stehen, ein komisches Gefühl. Und  überall stehen noch intakte Toilettenhäuschen herum, die gesamte, ehemalige „Recreation-Area“ ist bis auf wenige Zelte und WOMOS verwaist. Nur in unmittelbarer Wassernähe  geht am Samstagabend noch die Post ab. Am nächsten Morgen brechen wir früh auf, um diesen merkwürdigen Ort schnell zu verlassen.

Die Gegend hier ist mir einfach zu einsam und drückt auf die Stimmung, trotz der vielen pinkfarbenen Kakteenblüten. De Weg zum Monument Valley führt über das  National Bridges Monument, das man erreicht, wenn man von der Nordspitze des Lake Powell in Richtung Osten fährt. Die Nordspitze bietet ebenfalls einen trostlosen Anblick. Die einstige Marina Hite ist stillgelegt, dort, wo wir vor 19 Jahren nach einem langen Fahrrad-Tag gebadet haben gibt es nur noch schlammige Pfützen. Amerikaner, an den Aussichtspunkten auf das Desaster hin angesprochen, geben sich optimistisch. Der See hatte wohl schon einmal einen solchen Wassermangel, irgendwann käme doch bestimmt der Regen zurück. Zustimmung dazu, dass die Amerikaner hier und anders wo einfach zu viel Wasser verbrauchen, aber wer sollte das ändern?

 

Am Abend erreichen wir die National Bridges, drei riesige Natursteinbrücken, die in einem Gewirr von hellen Sandsteincanyons zu finden sind. Man kann eine Besichtigungstour abfahren, und die Brücken von Aussichtspunkten aus sehen. Aber ihre imposanten Gestalten erfährt erst der, der sich runter in die Canyons traut. Wir steigen also am nächsten Vormittag ab, und bewundern gleich zu Anfang die erste Brücke, riesige Höhe, imposante Breite, sie wird doch wohl nicht gerade jetzt einstürzen?

Acht Kilometer geht es durch den Canyon, die zunächst mal kurz erscheinen. Aber acht  Kilometer über Stein und Geröll und Sand können ganz schön lang werden, zumal ja noch der 150 Meter hohe Aufstieg zu bewältigen ist. Marion, eh kein Freund von  hohen Temperaturen, holt vor dem Aufstieg ihr Fläschchen mit den Korodin-Herztröpfchen heraus, ein altes Hausmittel, hilft angeblich immer. In diesem Fall aber macht Marion auf halbem Wege fast schlapp, die Pumpe rast, wie auf dem Ergometer beim Arzt. Jetzt rächt es sich, dass wir vor lauter Reisevorbereitungen zu wenig an ein gewisses Fitnesstraining gedacht haben. Als gar nichts mehr geht, werden die Beine hoch gelegt, die Handgelenke und der Nacken mit Wasser gekühlt, und gut zugeredet. Irgendwie schaffen wir dann doch den Aufstieg, über Geröllpfade, glatte, steile Steinpassagen, über Leitern  bis nach oben. Schönes Gefühl, zu wissen, dass man so was doch noch kann, auch wenn wir immer als die letzten sind, die irgendwo ankommen.

Am nächsten Morgen fahren wir auf dem Weg zum Monument Valley den Moki Dugway, eine enge, schmale Serpentinenstraße, geschottert, und gefährlich nahe am Abgrund gelegen. Dort, wo die Strecke beginnt, hat man einen überwältigenden Blick auf das „ Valley of The Gods „: So tief unter uns, so weite Blicke, dass „ nur fliegen schöner ist“:

 

Das Monument Valley, dort wo der früh verschiedene Marlboro-Cowboy und John Wayne  geritten sind, hat nichts von seiner erhabenen Schönheit eingebüßt, wären da nicht die Heerscharen von Menschen.  Die meisten lassen sich gruppenweise zu einer Besichtigungstour im offenen Wagen in das Tal hinunter kutschieren, heute kein Vergnügen bei hohen Temperaturen und Staubwolken. Wir machen unsere Tour privat, und verbringen die Nacht auf einem Campingplatz, der teuer und laut ist. Aber es gibt halt an touristischen Brennpunkten nicht immer die große Auswahl an Unterkünften.

 

Wir düsen am nächsten Morgen  Richtung Moab. Moab, einst ein kleines, verschlafenes Örtchen mit einem Hotel und keinem Campingplatz, hat sich mindestens verzehnfacht. Überall  Hotelanlagen, Campingplätze, Souvenirgeschäfte, Restaurants und Anbieter von sog. Outdoor-Aktivitäten zu Hauf. In Moab regiert die Jugend. Nach einer lauten Nacht am Colorado, und einer Wanderung im Arches National Park flüchten wir  in den Teil des Canyonland-National Park, der Island in the Skye heißt. Wohl deshalb, weil das Hochplateau tatsächlich wie eine Insel im riesigen Canyonlands Park liegt. Als Stützpunkt kommt hier ein sehr kleiner, sehr einfacher Campground in fantastischer Lage  in Frage. Er liegt am Rande eines höher gelegenen Plateaus, und bietet eine tolle Fernsicht. Leider ist es unangenehm windig und kalt. Von dort aus klappern wir die einzelnen „View-Points“ ab, die zum Beispiel Blicke auf den Green River und den Colorado( die sich hier in diesem Gebiet bald treffen)

bieten. An einem Tag wagen wir den Shafer-Trail, eine sagen wir mal Straße, die einst für den Abtransport von Uran in den fünfziger und sechziger Jahren gebaut wurde. Es geht 450 Höhenmeter in die Tiefe, zwei Autos kommen an Ausweichstellen aneinander vorbei, und sie ist teilweise so steil und eng in den Felsen gebaut, dass beide Fahrzeuginsassen  fahren, Hartmut und Marion.

Unten angekommen, kann man  sozusagen Island in the Skye auf dieser 4 weel drive road umrunden, es gibt sogar Einfachst-Campingplätze auf dem Weg. Nach  etwa 15 schon sehr rauen  Kilometern und einigen Gesprächen mit Besitzern von weitaus fahrtüchtigeren Modellen, wie das unsrige, beschließen wir, unser Auto noch eine Weile zu behalten, und treten den Rückweg an.

Am nächsten Tag dann der Ausflug zur berühmtesten Natursteinbrücke der Welt, dem Delicate Arch.

Marion, wie gesagt nicht sonderlich hitzeresistent, schleppt sich die Slickrock-Felsen hoch, irgendwann muss er doch mal kommen! Und auf einmal biegt man um die Ecke, und da steht er, im Bogen sieht man die Spitzen der La Sal Mountains, einfach grandios. Ich genieße aus der Ferne, Hartmut macht sich auf den Weg zu einer günstigen Foto-Position. Alles wäre prima, wenn nicht laufend irgendwelche Touristen den Bogen okkupierten. Der Fotograf soll sie  mit erhobenen Armen, zu zweit, in Gruppen, usw. auf die Platte bannen. Das sieht schon jetzt absolut lächerlich aus. Aber welches Wunder der Natur ist schon vor den Menschen sicher .Dass  sie auf den späteren Bildern aussehen wie Ameisen stört im Moment nicht.

Es wird noch ein langer Tag. Nach einem notwendigen Einkauf von Lebensmitteln verlassen wir Moab, und kommen noch am Abend im Needles-District des Canyonlands National Parks an. Er heißt so, weil viele Felsformationen aus der Ferne Nadeln ähneln. Dieser Teil ist Hartmuts Lieblingspark. Es ist ein reiner Wanderpark. Es gibt, wie auch in vielen anderen Parks, Canyons und Felsformationen. In den Needles führen einige Canyons noch Wasser und sind daher dicht bewachsen. Wasser zieht auch immer Tiere an, und deshalb gibt es hier neben Deers, Chipmunks, Squirrels, Coyoten und Füchsen, auch Berglöwen und sogar Bären auf Wasser- und Nahrungssuche. Nachdem ein Tag mit Hausputz vorüber gegangen ist, und wir einen netten Abend mit amerikanischen Nachbarn verbracht haben, machen wir am nächsten Tag zwei Touren. Am Nachmittag  frischt der Wind, der uns schon wochenlang, mal mehr und mal weniger, begleitet hat, dermaßen auf, dass wir fast von den Felskuppen fliegen.  Im Verlauf des nächsten Tages fliegt so alles durchs WOMO,  was nicht irgendwo festgeklemmt wird. Den Sand gibt es gratis dazu. Zum Glück hat sich der Wind am heutigen Tag so weit beruhigt, dass wir noch einen ruhigen Urlaubstag mit Schreiben und fotografieren verbringen, bevor wir Morgen  ein letztes Mal zu einem Spaziergang in den Arches National Park aufbrechen. Dann  werden wir das Colorado-Plateau verlassen, und nach Salt Lake City fahren. Dort heißt es dann: Yellowstone Park, wir kommen!

Hier ein paar Bilde aus dem Needles District.

 

25.05.13 Als wir am nächsten Morgen die Parkgrenze verlassen haben, gibt es  sofort ein paar Foto-Stops Die Cowboy-Landschaft um uns herum ist gelb vor Blumen, Margueriten, so scheint es.  Auf der Hauptstraße Richtung Moab ist so viel los, dass wir den Kopf schütteln. In Moab, beim Fotohändler, bei dem wir eine bestellte Sonnenblende abholen, erfahren wir den Grund: Memorial Day, da ist unterwegs, wer Beine hat. Die Firma Nestle hat uns derweil gemailt, dass wir unser Kupplungs-Paket längst in Salt Lake City hätten abholen müssen. Nun bitten wir den Foto-Händler um seine Mithilfe. Nach einigen Telefonaten heißt es von Seiten des Paket-Dienstes Fed Ex, unser Paket sei noch im Lande, und wir könnten es am Dienstag in Salt Lake City abholen. Erst mal großes Aufatmen, aber so richtig entspannt sind wir nicht.

 

Nach einem letzten Abstecher in den übervollen Arches Park flüchten wir vor den Menschenmassen in Richtung des Ortes Green River, der auf unserer Strecke liegt.  Eine Abkürzung über eine „unpaved road“ beschert uns einen ruhigen Übernachtungsplatz mitten in einer Halbwüste. Die Spuren der letzten Regengüsse sind noch deutlich zu erkennen. So blicken wir immer wieder besorgt  Richtung Himmel, der nichts Gutes verheißt. Aber die Nacht bleibt trocken, und wir setzen unseren Weg am nächsten Morgen erleichtert fort. Unterwegs kommt es zu Begegnungen mit den vorwitzigen Prärie-Hunden. Wir fahren an großen Kolonien vorbei, die teilweise bis zur Straße reichen. Da die Tiere nur Bewegungen wahrnehmen können, kann man sie im stehenden Fahrzeug aus kurzer Distanz gut beobachten.

Die Wüste kurz vor Green River
Die Wüste kurz vor Green River

 

Im Ort Green River machen wir in einem sehr schönen, am Flussufer gelegenen Restaurant eine große Telefon-Session. Das Internet ist hervorragend, und die Enkelkinder können endlich mal wieder Omi und Opi sehen, und ihre Basteleien in die Kamera halten. Wir rufen Gott und die Welt an, so ein schnelles Internet in angenehmer Umgebung gibt es selten.

Danach stellt sich die Frage: wohin an diesem heißen Tag? Die Bedienung empfiehlt  eine recreation-area mit Camping gratis dazu, direkt am Green River. Zur Erinnerung: der Green River vereint sich etwa 100 km weiter südlich mit dem Colorado. Es ist ein bisschen so, wie auf der Neckarwiese an einem hochsommerlichen Wochenende, nur mit mehr Disziplin und Sauberkeit.

Wir ergattern zufällig einen Platz direkt am Ufer, und richten uns ein.  Bis zum Abend wird gespielt, sich unterhalten, gegrillt, Musik gehört. Am frühen Abend nimmt der Geräuschpegel schon deutlich ab, um 11.00 Uhr ist Ruhe im Karton; wir haben eine ruhige Nacht. Wir sind jedes Mal aufs Neue überrascht, mit wie viel Rücksichtnahme das Campingleben (bis auf wirklich wenige Ausnahmen) in den USA funktioniert.

Amerikanisches Campingplatzleben
Amerikanisches Campingplatzleben
Und es gibt gratis wunderschöne Trommelmusik dazu.
Und es gibt gratis wunderschöne Trommelmusik dazu.

 

Am nächsten Morgen  machen wir die erste Rafting-Tour unseres Lebens:  Am Abend zuvor sind wir nach einem netten Gespräch dazu eingeladen worden. Wir fahren ein Stück den Fluss aufwärts, und dann geht es auch schon los, zusammen mit dem Bootsführer, seiner Frau und zwei seiner Kinder. Schon bei den ersten Stromschnellen werden wir patschnass, aber es ist ja ein warmer Tag. Die Familie sind alte Rafting-Hasen und erzählen uns von ihren Touren in der Wildnis von Utah und  Idaho, und wir werden ganz neidisch.

 

28.5.13 Nach einer schönen Übernachtung in den Bergen, rollen wir nach Salt Lake City. Unser Paket ist noch nicht da, und so begeben  wir uns auf Einkaufstour. Wir erstehen neue Druckerpatronen, holen bestellte Bücher ab und kümmern uns um einen Frisörtermin für Marion, die nicht länger wie ein angefressener Blumenstrauß aussehen möchte. Am Nachmittag erfahren wir, dass unser Paket lustig und munter wieder in Deutschland ist; das haut die stärkste Mannschaft um. Abe so eine Reise ist halt immer für eine Überraschung gut, mal im positiven, mal im negativen Sinn.

 

29.05.13 Nach einer lauten Nacht auf einem KOA-Platz haken wir am nächsten Tag die noch ausstehenden Aufgaben ab, Frisör, Wäsche waschen, Bekleidung und Werkzeug kaufen. Nachts um 11.30 sinken wir völlig erschöpft ins Bett.