30.05.2013 bis 14.07.2013

Die Fahrstrecke nach Alaska
Die Fahrstrecke nach Alaska

Es geht jetzt immer weiter nach Nordwesten. Anbei die Fahrstrecke (aus "Base Camp" kopiert). Wenn ich mal Zeit (und ein WiFi) für einen gemütlichen Computerabend, dann werde ich eine bessere Fahrstrecke versuchen.

 

30.05.13

Mit einem vollbepackten WOMO fahren wir noch am Tempelbezirk der Mormonen vorbei, um  die dortigen Prachtbauten zu „bewundern“. Es gibt, verteilt zwischen den monumentalen Verwaltungs, Geschäfts- Kirchen- und Infogebäuden, einen wunderbaren Garten, der von einer Heerschar von freiwilligen  „Gärtnern“ von Unkraut befreit wird. Eine Hochzeit zieht unsere Aufmerksamkeit auf sich. Alle Männer, von Kleinkind bis zum Greis, tragen Schlipse, die Frauen sind züchtig gewandet.  Bei einer Großfamilie, deren weibliche Mitglieder alle gelbe Kleider tragen, kommen wir ins Schleudern, da wir die Anzahl der Mitglieder nicht ordnungsgemäß ermitteln können. Ab der Nummer Zwölf wird es unübersichtlich.

 

Am frühen Nachmittag verlassen wir Salt Lake City, aber was heißt schon verlassen? Wir fahren mindestens noch eine Stunde, bevor wir den endlosen Städtebrei endlich hinter uns gelassen haben.

Wir fahren durch weite Täler, dann durch eine grüne Hügellandschaft, die an den Film der „Pferdeflüsterer“ erinnern. Schon jetzt ist der Westen der USA für uns das Land der Blicke bis zum Horizont, nicht durchbrochen von Siedlungen. Am frühen Abend dann wieder gelbe Blumenhänge, die in der Sonne leuchten. Oben auf einem Pass verbringen wir, umgeben von Chip Munks und Rotwild, die Nacht. Um uns eine Wiese und die Berge sind voller Aspenbäume, die Hartmut so sehr liebt.

 

31.05.13 Über den Teton Nat. Park geht es in den Yellowstone Park. Der Teton ist ein wunderbarer Hochgebirgspark, in dem auch viele Wildtiere beobachtet werden können. Wir aber wollen uns hier nicht aufhalten, sondern streben im Abendlicht nach einigen Fotostops an den wunderbaren Seen des Teton Richtung Yellowstone.

 

01.06.13 Heute nun geht es zum Madison Camp Ground, der sich laut Reiseführer als Basisplatz für die Erkundung des Yellowstone anbietet. Bis zum Platz sind es 90 km, und unterwegs kommt es zu einer ersten Begegnung mit einer Herde von Bison-Müttern, die ohne Eile mit ihren Kälbern die Straße entlang wandern. Wir bekommen noch problemlos einen Platz für drei Tage, erfahren aber, dass in 14 Tagen alle Stellplätze schon lange im Voraus ausgebucht sind. Bei schönem Wetter machen wir uns zur Yellowstone Schlucht auf, die dem Park seinen Namen gab. Der Yellowstone River ergießt sich in zwei Stufen in die Schlucht. Wir bewundern besonders den zweiten, fast 100 Meter tiefen Wasserfall von verschiedenen Aussichtspunkten rechts und links der Schlucht. Ein Ranger des Parks macht uns auf einen Weißkopf-Seeadler aufmerksam, der inmitten der Schlucht auf einer spitzen Felsnadel seine Eier ausbrütet. Wenig später gibt es eine Zufalls-Bekanntschaft mit einem Murmeltier. Marion vergisst mit ihrem Fernglas Raum und Zeit, aber irgendwann müssen wir uns von diesem zauberhaften Ort trennen, der Campingplatz liegt schließlich nicht gerade „ um die Ecke herum“.

2.6.13 Heute besichtigen wir die berühmten Geysire des Yellowstone, schließlich befinden wir uns in der Mitte eines Super-Vulkans. Über Bohlenwege  laufen wir die Geysire ab, die, je nach Beschaffenheit viel oder wenig  Wasserdampf oder Schwefeldampf ausspucken. In diesem Areal des Yellowstone, wie auch noch in einigen weiteren, lassen sich jedoch auch  heiße Quellen bewundern, die je nach Wassertemperatur und der darin lebenden Bakterien in allen möglichen Farben schillern. Die schönsten Farben werden von Bakterien produziert, die in fast kochendem Wasser leben. Wie hieß es so schön im Park-Flyer? „ Some like it hot…“. Wegen den wunderbaren Farben und den schönen Spiegelungen des Himmels kommt Hartmut (mal wieder) in den Fotorausch. Entspechend viele Bilder davon gibt’s in der Diashow, ich hoffe, Ihr entschuldigt es.

Die Krönung bildet „Old Faithful“, der Zuverlässige. Der Geysir spritzt seine Dampffontäne pünktlich alle  70  bis 80 Minuten in den Himmel, und enttäuscht dabei nie. Heerscharen von Touristen sitzen wie im Zirkus im Halbrund vor dem Geysir und harren aus. Dann wird geknipst, was das Zeug hält, dabei gibt es doch so schöne Postkarten zu kaufen…..

Am letzten Tag im Yellowstone bewältigen wir wieder ein Mammut-Programm, aber es lohnt sich. Zunächst bewundern wir den riesigen Yellowstone-Lake, an dessen  Westufer ebenfalls  Geysire und Hot Springs zum Teil direkt aus dem Wasser des Sees ragen.  Der Auslauf des Sees bildet den Yellowstone-River, der durch das Hayden-Tal fließt. Das Tal ist von unglaublicher Schönheit. Es ist  am Boden ein breites Wiesental, was in leichter Neigung die Berge bis zur Baumgrenze hin ansteigt.  Am Flusssaum halten  sich tausende kanadische Wildgänse auf, in der Luft kreisen Adler, und aus dem Wald taucht eine  Herde von Rotwild der größeren Sorte auf. Einige unentwegte Tierbeobachter mit Spektiven warten an den Aussichtspunkten schon seit Stunden auf  Wölfe und Grizzlies, die im Hayden-Tal öfter zu sehen sind. Die Sonne kommt  auch noch mal hervor, und beleuchtet alles ganz wunderbar.

 

4.6.13 Vor der Ausfahrt aus dem Yellowstone National Park besuchen wir noch die berühmten „Mammoth Hot Springs, Sinterterrassen, einst ganze Generationen von Touristen ob ihrer schneeweißen Terrassen entzückten. Hartmut kennt die Sinterterrassen von einem Besuch des Parks zu Studentenzeiten. Mittlerweile sind die Quellen der Mammoth Hot Springs fast versiegt, und die neue Quelle in Laufnähe  hat  bei weitem nicht das Potenzial der alten; aber das ist eben die Natur. Obwohl wir gerne noch einen Tag geblieben wären, machen wir uns auf den Weg nach Missoula, wo unsere Kupplung mittlerweile bei einem Toyota-Autohändler liegen müsste. Am Donnerstag können wir dort zur Reparatur antreten.

05.06.2013 Mittwochmittag rufen wir beim Toyo-Händler an. Vom Paket weiß er nur wenig, es ist auf jeden Fall nicht da. Am Montag habe ihn deswegen einer von Fedex angerufen, unternommen hat er aber nichts. Leider kenne ich die Paketnummer nicht, so dass der Toyomensch auch nichts machen kann, um das Paket nach Missoula zu holen.

Ein email an die Firma Nestle wegen der Paketnummer, mehr können wir im Moment nicht machen. Den Rest des Mittwochs nutzen wir, um Einiges zu erledigen und einzukaufen. Wir bekommen die Adresse einer Frau, die in Marions Jacke einen neuen Reißverschluss ein nähen kann, die „Zipper-Queen“ von Missoula. Es stellt sich heraus, dass Frau Kester vor 40 Jahren nach Amerika gekommen ist, und trotz einiger Schicksalsschläge von umwerfendem Optimismus ist. Frau Kester residiert im Souterrain eines kleinen Häuschens, inmitten von Reißverschlüssen, diversen Stoffen und Nähmaschinen. Die Mini-Rente geht fast komplett für die Miete drauf, deshalb ist der Nebenjob mit den Reißverschlüssen so wichtig. Trotzdem ist die Bewunderung für Amerika ungebrochen. Hartmut und ich  gucken uns immer wieder verstohlen an, so ein bisschen was von ihrer Fröhlichkeit hätten wir auch gern.

Am Abend genießen wir die heiße Dusche auf einem KOA-Campingplatz. Endlich mal wieder mit dem Wasser aasen zu können ohne Rücksicht auf einen beschränkten Wasservorrat im Womo. KOA-Plätze sind teuer und laut. Aber sie haben zwei unbestreitbare Vorteile: sie liegen immer zentral in einer Stadt und sind pieksauber, was wir besonders schätzen. Wer beim Stichwort Camping an kalte, zugige Waschräume und schmuddelige Toiletten ohne Papier denkt, ist hier, wie auch in den Anlagen der National Parks, schief gewickelt. Die Anlagen sind alle sehr gepflegt.

Ein weiterer wichtiger Unterschied zu Campingplatzen in Europa – auf den Campgrounds  in den USA (und hoffentlich auch in Kanada) gibt es keine Musik. Wer also am Abend um zehn Uhr sein Haupt zur Ruhe betten will, kann dies unbesorgt tun. Auch am Lagerfeuer wird sich nur leise unterhalten, der Nachbar könnte ja schon schlafen. Diese Rücksichtnahme hat uns auf unserer bisherigen Tour immer wieder schwer beeindruckt. Während wir in Europa Campingplätze meiden wo wir nur können, sind diese in den USA eine angenehme Alternative zum Freistehen.

06.06.13 Mit  der Versandnummer in der Hand machen wir uns hoffnungsfroh zum Toyota-Händler auf. Der junge Angestellte versucht von 9.00 bis 13.00 Uhr, die Einfuhrgenehmigung des Zolls für die Teile in Memphis/Tennessee zu erhalten. Erst nach drei Stunden, angefüllt mit diversen Telefonaten, wird uns klar, dass hier was schiefläuft. Es stellt sich heraus, dass die Firma eine offizielle Importgenehmigung von der USA benötigt, um unsere Kupplungsersatzteile einführen zu können – und so was dauert.

Fast wollen wir schon aufgeben, als uns die Dame bei Fedex den Rat gibt, die Teile doch „privat“ einzuführen. Der Rest ist danach ein Kinderspiel: es müssen nur etwa zehn „Fragebögen“ ausgefüllt werden, es muss auf zwei Seiten mit 25 verschiedenen „Lagertypen“ das richtige Kreuzchen gemacht werden, die Anschrift der japanischen Lieferfirma (Toyota) darf natürlich auch nicht fehlen. Die Dame beim Zoll in Memphis will alles ganz genau wissen.

Endlich!!!!! Die Ersatzteile sind da.
Endlich!!!!! Die Ersatzteile sind da.

 

06.06.13 Mit  der Versandnummer in der Hand machen wir uns hoffnungsfroh zum Toyota-Händler auf. Der junge Angestellte versucht von 9.00 bis 13.00 Uhr, die Einfuhrgenehmigung des Zolls für die Teile in Memphis/Tennessee zu erhalten. Erst nach drei Stunden, angefüllt mit diversen Telefonaten, wird uns klar, dass hier was schiefläuft. Es stellt sich heraus, dass die Firma eine offizielle Importgenehmigung von der USA benötigt, um unsere Kupplungsersatzteile einführen zu können – und so was dauert.

Fast wollen wir schon aufgeben, als uns die Dame bei Fedex den Rat gibt, die Teile doch „privat“ einzuführen. Der Rest ist danach ein Kinderspiel: es müssen nur etwa zehn „Fragebögen“ ausgefüllt werden, es muss auf zwei Seiten mit 25 verschiedenen „Lagertypen“ das richtige Kreuzchen gemacht werden, die Anschrift der japanischen Lieferfirma (Toyota) darf natürlich auch nicht fehlen. Die Dame beim Zoll in Memphis will alles ganz genau wissen.

7.6.2013 Heute ist endlich das Ersatzteil  beim Toyota-Händler, ein triumphales Foto beim Toyohändler. Leider kann es  aber erst am Dienstag eingebaut werden, vorher ist kein Termin frei. Wir beschließen, am  Wochenende einen kleinen Ausflug in die Umgebung zu machen.

 08.06.2013 In Missoula residieren die „Smoke Jumpers“; Das sind die harten Kerle (Damen sind auch dabei), die bei großen Waldbränden vor Ort mit dem Fallschirm abspringen, um den Waldbrand zu bekämpfen. Oft sehen sie vor lauter Rauch nur wenig vom Boden (deshalb Smoke Jumpers) und hin und wieder landen sie in einem Baum. An diesem Tag gibt es nur eine abgespeckte, wenngleich interessante Führung durch die Räumlichkeiten, weil die Akteure  gerade in punkto Brandbekämpfung in Kalifornien im Einsatz sind.

11.06.2013 Heute ist der große Tag: nach einem entspannten Wochenende in den Bergen rücken wir erwartungsvoll um Punkt neun beim Toyota-Händler an. Da der Toyota-Händler wegen Umbauarbeiten keine ausreichend hohe Hebebühne hat, beginnt Hartmut, die Kabine vom Wagen zu trennen. Das hat er ja nun oft genug gemacht.

Alles geht gut, unser Auto fährt in Richtung Werkstatt. Dann aber passiert das Unglück: an einem der Haltefüße vorne fangen die beiden Schweißnähte an der Halteplatte an zu reißen. Die Kabine neigt sich immer weiter nach links, Hartmut steht daneben und kann nichts machen. Sekunden später knallt die Kabine links auf den Boden. Die beiden vorderen Halteplatten und das GFK-Material sind eingedrückt, bzw. gerissen. Wir sind beide entsetzt. Erst der ganze Affentanz mit dem amerikanischen Zoll, nun auch noch das! Bis in den Abend hinein versucht Hartmut unter Mithilfe eines Angestellten, die Kabine zu stabilisieren. Es gibt einen schmächtigen Hubwagen, von Hand zu bedienen vom nahen Ford-Händler, sowie 16 Holzpaletten. Nach einem Tag Arbeit sieht die Kabine zwar immer noch aus, wie die Titanic auf ihrer letzten Fahrt, aber sie liegt ziemlich stabil auf zwei intakten Haltefüssen hinten und Paletten vorne.

Mit  Nachtzeug und unseren Wertsachen bewaffnet, tippeln wir zum nahen Motel, und sinken bald in einen Schlaf der Erschöpfung. Vor allem eine Frage macht uns zu schaffen: wie kriegen wir die Kiste wieder auf die Ladefläche???

12.06.2013 Mittags ist unser Auto endlich repariert. Am Tag zuvor ist der Mechaniker schon um halb fünf in den wohlverdienten Feierabend aufgebrochen trotz „Notfall“. Aber die Amerikaner haben die Ruhe weg, morgen ist schließlich auch noch ein Arbeitstag.  

Nun ist das Auto also da, und Hartmut legt los. Marion läuft derweil unentwegt um den Tatort rum, und sieht ihren Gatten wohl alle 10 Minuten plattgedrückt unter der Kabine liegen, muss doch die Kabine auf ca 1,30 m nach oben gehoben werden, damit der Toyo darunter passt. Mehr als gute Ratschläge kann sie allerdings nicht geben. Zu den schon genannten „Hilfsmitteln“ gesellen  sich noch zwei Uralt-Dreibeine mit Seilzughalterung. Ein dritter Haltefuß wurde soweit repariert, dass er wieder verwendbar ist. Allerdings wackelt die zugehörige Halteplatte an der Kabine wie ein Lämmeschwanz.

Nun geht die Arbeit richtig los, Hartmut läuft unentwegt um die Kabine herum, und kurbelt die drei Stützen und den Hubwagen cm-weise hoch und dann auch mal wieder 2 cm runter. Der Hubwagen ist dabei für die rechte Kabinenseite zuständig. Mit dem Zollstock wird immer wieder die Höhe vermessen. Wegen der wackligen Grundplatte muss die Stütze vorne links immer wieder nachjustiert werden, dabei muss die Uralt-Seilzughalterung das ganze Kabinengewicht alleine tragen (was ist, wenn dabei das Seil reißt???). Bislang wusste ich noch nicht, wie hoch 1,3 m sein können. Großes Aufatmen, als die Kabine endlich wieder auf der Ladefläche sitzt. Drinnen sind die Schäden marginal, eine Schublade muss repariert werden.

Nachher natürlich die Ursachenforschung. Kabine und Stützen stammen von Ormocar. Diese Ormocar-Stützen halten die ganze Querbelastung der Kabine über 2 je 1 cm lange Schweißnähte, d.h. der Hebelarm für die Aufnahme der Momente ist gerade 5 mm lang. Das mag gut gehen, wenn die Kabine 500 kg wiegt. Bei einer schweren Kabine (wie unsere), vollgefüllt mit Wasser und Lebensmittel und sonstiges Zeug ist das aber absolut nicht ausreichend. Und wenn die Schweißnähte auf einer Seite dann anfangen auszureißen, kann das Unglück nicht mehr aufgehalten werden. Die Halteplatte der Stütze gibt nach, die Kabine neigt sich immer mehr zu einer Seite, die Querbelastung für die Stütze wird immer größer und die Halteplatte reißt komplett ab, die Kabine knallt auf die Seite. Die Ormocar-Stützen sind (zumindest für schwerere Kabinen) eine glatte Fehlkonstruktion.

Die Stützen hinten werde ich lassen (das Auflagegewicht dort ist sehr gering). Die vorderen Stützen dagegen müssen nahezu das gesamte Kabinengewicht tragen. Hier will ich im Herbst die „Amerikastützen“ anbringen. Die sind für je 900 kg gut und haben eine lange Kraftaufnahme an der Kabine (es gibt sie auch mit abnehmbarer Halterung). Denen traue ich auch bei für unsere Kabine die notwendige Stabilität zu. Leider sind sie deutlich schwerer und deutlich länger im eingefahrenen Zustand, als die Ormocar-Stützen, aber irgendeinen „Tod“ muss man sterben.

14 06.2013 Glück im Unglück: nachdem ein Bootsreparateur den ganzen Donnerstag und noch den Freitag heute bis zum Mittag  unsere Löcher recht gut geflickt hat, fahren wir nun endlich Richtung Kanada. Die Reparatur haben wir notdürftig mit grüner Lackfarbe, gut sichtbar, übertüncht.

Zu den Bildetrn - ich hätte gerne Bilder von der "umgekippten" Kabine gemacht. Wir haben uns aber nicht getraut, die gekenterte Kabine zu betreten, um die Kamera rauszuholen. Die Kabine lag so schräg, dass wir Sorgen hatten, die Kabine würde dann ganz auf die Seite kippen. Deshalb gibt es nur Bilder von der "Normallage".

 

15.06.2013 Heute und morgen gibt es einen richtigen Urlaubstag auf einem zauberhaften Campingplatz am Flathead Lake, kurz vorm Eingang zum Glacier National Park. Hartmut versucht sich im Angeln, Marion bäckt ihren zweiten Kuchen, die Sonne scheint, am Abend schlendern zwei Mule-Deer gemächlich an unserem Platz vorbei. Der Camp-Host kommt immer mal wieder auf ein Schwätzchen vorbei. Als Marion  die Vermutung äußert, dass er doch mit seinem absolut prächtigen weißen Rauschebart bestimmt schon den Santa Claus für seine sieben Enkel gespielt hat, lacht er stolz. Ja, den Santa Claus spiele er seit 10 Jahren, und zwar würden jeden Sommer in Las Vegas Fernseh-Aufzeichnungen für eine Weihnachts-Werbesendung gemacht. Da würde er zum Beispiel Parfums für die Damen anpreisen, als Weihnachtsmann, versteht sich. Und dann zählt er auf, was er in seinem Leben sonst noch alles gearbeitet hat, eine schier unendliche Liste. Wir gucken uns an: „That is Amerika!“

 

09.07.2013            Heute komme ich endlich mal wieder dazu, Hartmuts „Tagebuchseiten“ durch zu sehen, und zu schauen, was interessant für diese Webseite sein könnte und was nicht. Immer kam was dazwischen, meist wollte ich erst den nächsten Brief an Linus und Mattis, unsere Enkelsöhne, fertig schreiben. Und dann reichte die Zeit  für eine Zusammenfassung der Ereignisse oft nicht mehr. Augenblicklich stehen wir an einem (recht großen) See, der von uns und einem Nachbar-WOMO-Pärchen bevölkert wird, wir sind wirklich die einzigen Leute hier. Der See liegt schon im Yukon-Territorium, und ohne Mücken- und Bärenspray werden wir unseren Spaziergang heute Nachmittag am Seeufer nicht antreten. Wir gönnen uns hier einen Tag, um die Web-Seite auf den neuesten Stand zu bringen. Unsere Arbeitsteilung: Hartmut führt Tagebuch, ich fasse zusammen. Aber zunächst der Rückblick:

Am 17.06.2013 sind wir endlich in den letzten amerikanischen Nationalpark auf dem Weg nach Norden gefahren, in den Glacier Nat. Park. Leider ist die spektakuläre „Going to the sun“ Straße wegen Bauarbeiten gesperrt. Sie gilt als eine der schönsten Hochgebirgsstrecken Nordamerikas, aber wir haben da nicht so das rechte Glück. So machen wir zunächst bei schönstem Sonnenwetter eine Wanderung zum zauberhaften Avalanche-See, der in einem Talschluss liegt, und von hohen, schneebedeckten Bergen umgeben ist. Mehrere Wasserfälle glitzern in der Sonne.

Danach  umfahren wir den ganzen Park, und fahren einen Tag später am Osteingang  wieder in den Park hinein - bis zur Passhöhe, die noch tief verschneit ist. Hartmut kann einen riesen Dickhorn-Schafbock aus nächster Nähe aufnehmen. Wir übernachten auf einem großen Park-Campground, und fahren am nächsten Morgen nach Kanada hinein. Der Grenzübertritt verläuft reibungslos, nur die routinierte Frage des Zöllners nach Waffen irritiert uns.

Die Waterton-Zeitung kündigt für Juli ein „Wildflower Festival“ im gleichnamigen Örtchen an. Der Park beherbergt 900 verschiedene Wildblumen und –Pflanzen. Sechzig davon sind in der Zeitung farbig abgebildet; ich bin fasziniert. Mittlerweile gießt es in Strömen, so dass wir die Flucht aus dem Park antreten.

Die Waterton Lodge - der Luxustraum aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts.
Die Waterton Lodge - der Luxustraum aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts.

Unser Plan sieht vor, über  die sog. Foresty Trunk Road in Richtung Banff National Park zu fahren. Banff und Jasper Nat.Park sind die beiden südwestlichen kanadischen National Parks, die wir vor unserer Tour gen Alaska noch anschauen wollen. Aber das Wetter macht uns auch jetzt einen Strich durch die Rechnung. In den Ort Pincher Creek, wo wir unsere Vorräte ergänzen wollen, bekommen wir die  Übernachtungs-Einladung von Familie Warris aus Bellevue, am Crows Nest Highway gelegen. Wie sich heraus stellt, waren die Warris`in ihrer Jugend für einige Zeit im VW-Bus in Europa unterwegs, und haben insbesondere die Gastfreundschaft einer Lübecker Familie genossen. Nun können sie etwas davon zurückgeben. Das Grundstück der Warris  grenzt an ein Naturschutzgebiet; von einer Felswand sprudelt ein Wasserfall direkt in einen Schwimmteich: Das Grundstück wird regelmäßig von Rotwild, gelegentlich von Bären und selten von Pumas besucht. Dabei wohnen die Warris nicht etwa in der Einöde, sondern nur am Ortsrand. Wir sitzen am Abend am großen Kamin; ein Unwetter hat eingesetzt, es regnet ohne Unterlass.

20.6.13 Es regnet immer noch, und wir erfahren von den Warris, dass ein Hochwasser viele Straßen unpassierbar gemacht hat. Unsere Wunschstraße Foresty Trunk ist wegen des Hochwassers nicht befahrbar, ebenso die beiden Straßen, die in den Banff Nat. Park hinein führen. Wir werden, so fürchten wir, große Umwege fahren müssen. Und so kommt es auch. Mit Mühe und viel Glück können wir die Straße Nr.3, die über den Crowsnest Pass nach British Columbia hineinführt, noch am gleichen Nachmittag einspurig passieren, danach fahren wir im Zickzackkurs durch die Lande; es regnet immer noch. Und dies sind die Bilder hierzu.

 Nach einer ruhigen Nacht in einem Waldstück besuchen wir eines der schönsten Museumsdörfer im Westen Kanadas. Museumsdorf ist eigentlich falsch, denn Fort Steele war eine Stadt, die im Zuge des Kootenay Gold Rush im zweiten Drittel des 19.Jahrhunderts entstanden war, und 1910 schon wieder Geisterstadt war. Viele Originalgebäude sind erhalten, bestückt mit allem, was das Leben damals ausmachte. Zwischen den wunderbar restaurierten Gebäuden wandeln in zeitgenössische Gewänder gekleidete „Bewohner“ und spielen Szenen aus der Historie der Stadt  nach. Obwohl es kalt ist und pausenlos regnet, macht der Spaziergang durch Fort Steele einfach Spaß. Beim Verlassen des Museumsdorfes kommen neue Hiobs-Botschaften: viel mehr Straßen als angenommen, sind wegen des Hochwassers gesperrt, in Calgary musste evakuiert werden. Auf unserem weiteren Weg versinkt das Land links und rechts der Straße im Wasser, und wir fragen uns, wie weit wir noch kommen werden. An einer Straßeneinmündung ist erst mal Schluss, Brücke kaputt, Straße gesperrt. Ich will schon entnervt für diesen Tag aufgeben, aber Hartmuts Kartensatz auf dem Navi zeigt einen Umgehungsweg durch die Berge an. Wir machen uns auf den Weg, der schließlich nicht mehr als ein Waldweg ist, voller Wasser- und Schlammlöcher. Die Einheimischen kennen diesen ca. 25 km langen Weg auch, und wollen alle nach Hause. Vor uns prescht ein normaler PKW durchs Wasser. Hartmut staunt, und meint, wenn der das schafft, dann schaffen wir das auch….

Als wir unsere Umgehungstour geschafft haben, fahren wir  mutterseelenallein auf der breiten Straße weiter gen Norden (ist doch die Straße hinter uns gesperrt) und suchen uns einen Übernachtungsplatz. Der Abend beschert uns Sonne, eine Begegnung mit einer Weißwedelhirschdame auf kurze Distanz, der Morgen einen leibhaftigen Puma, der in etwa 100 Metern Entfernung einen Waldweg kreuzt.

22.06.13 Heute fahren wir über den Kotenay National Park, der an die beiden großen Parks Banff und Jasper anschließt, in das große Gebiet der beiden National Parks hinein. Wir haben riesiges Glück, die Straße in den Park wurde erst  knapp eine halbe Stunde vor unserem Eintreffen an der Parkgrenze nach den Regenfällen der vergangenen Tage wieder geöffnet. Da Banff  immer noch nicht erreichbar ist, erübrigt sich die Frage, in  welche Richtung wir fahren, wenn die Straße durch den Kootenay National Park auf den Yellowhead Highway stößt, die etwa 250 km lang, die beiden Orte Banff  im Osten und Jasper im Norden miteinander verbindet. Die Fahrt durch den Kotenay Park  erweist sich im Nachhinein als Glücksgriff: es  ist noch sonnig, die Straße wegen der Regenkatastrophe gähnend leer. Wir fahren fast Schritttempo und genießen weite Blicke in  das Tal des Kotenay hinein. Gleich zu Anfang: Bärenalarm! Und da steht er da am Straßenrand und schiebt sich Löwenzahnblätter rein: ein junger Braunbär, der erste auf dieser Reise.

Am Abend gibt es beim Übernachten auf einem Picknickplatz noch eine weitere Begegnung, diesmal überquert eine Bärenmutter mit zwei Kleinen die Straße.

23.6.13 Auf dem Yellowhead Highway, teilweise zur „Autobahn“ ausgebaut sehen wir dann die ersten Grizzly-Bären. Ein Pulk von PKW und WOMOs am Straßenrand bedeuten in den Parks immer „Tiere in Sicht“, so auch hier. Auf dem Lake Louise Campground dürfen wir im Zeltbereich stehen, der durch einen Elektrozaun vor Bärenbesuch schützt. Der Platz ist nur 2 km vom Ort entfernt, und beim Wegfahren  mampft auch prompt ca. 50 Meter vom Zaun entfernt ein Grizzly sein Grünfutter. Laut Infoprospekt ist die Umgebung von Lake Louise ein Platz, an dem Grizzly-Mütter bevorzugt  ihre Jungen aufziehen. Im ungünstigsten Fall würde hier auch kein Bärenspray mehr helfen.  Lake Louis liegt wunderschön, Nadelwald bis zur Baumgrenze, danach alles noch schneebedeckt. Nach einem Blick auf das noble The Fairmont Chateau Lake Louse Hotel machen wir uns am nächsten Morgen auf den Weg zum etwas höher gelegenen Lake Moraine. Auch hier: atemberaubende Blicke auf die Bergwelt. Ein Blick auf die Wanderkarte zeigt, dass es einen sehr reizvollen Wanderweg gäbe, den ich mit meinen lädierten Bändern am Fuß vielleicht gehen könnte. Einiges spricht jedoch leider dagegen: erstens wird dringend empfohlen, wegen Grizzly-Aktivitäten die Wanderung nur mit mindestens vier oder sechs  Personen zu machen, zweitens ist es schon etwas spät, und drittens fängt  es wieder an, zu regnen. Es bleibt ein kurzer Trail am Seeufer entlang, den wir trotz des schlechten Wetters  genießen. Wir haben unser Bärenspray dabei, und machen ordentlich „Lärm“, d.h. wir verbreiten lauthals deutsches Liedgut, angefangen von „La – Le – Lu, bis hin zu „Wir lagen vor Madagasgar“, ist alles dabei. Die wenigen Spaziergänger, die wir schließlich noch treffen, schweigen still, die sind froh, dass andere für sie Lärm machen!

Anbei einige Bilder von den Tieren, die wir so am Wegesrand gesehen haben. Der Gizzly mit Marke ist kein Grizzly im Zoo, sondern läuft frei herum, ist aber mit Marke und Sender versehen.

25.06.2013 Wieder hat es die ganze Nacht geregnet, obwohl der Wetterbericht eine deutliche Wetterbesserung „prophezeit“ hat. Heute geht es endlich auf den „Icefields Parkway, so wird die Strecke zwischen Lake Louise (Banff Nat. Park) und Jasper (Jasper Nat. Park) genannt. Laut Reiseführer wird die Strecke von 230 Kilometern  als „ die schönste Gebirgsstrecke Kanadas“ gelobt. Wir jedenfalls sind begeistert, trotz der Überfülle an PKW und WOMOS aller Größen, die mit uns die Straße (und die Aussichtspunkte) bevölkern. Besonders nerven die Japaner und Chinesen, wenn sie sich, aus den Reisebussen flutend, benehmen, wie eine johlende Schulkasse, alles vor dem Hintergrund einer atemberaubenden Natur. Um wenigstens trotz des miesen Wetters etwas Bewegung zu haben, gibt es wieder eine Kurzwanderung um einen See herum, mit deutschem Liedgut, versteht sich!

26.6.2013 Heute wollen wir bis zum Athabasca-Gletscher fahren, der bekanntesten Attraktion im Jasper Nat.Park. Reise Know How schreibt dazu: „ De Athabasca Gletscher gehört zum 325 Quadratkilometer großen Columbia Icefield, das gleich drei große Flusssysteme speist: Der Athabasca River ist einer der Quellflüsse des über 4.200 Km langen, ins Polarmeer strömenden Mackenzie Rive. De North Saskatchewan River fließt aus den nördlichen Banff in den Lake Winnipeg in Manitoba und bahnt sich von dort als Nelson River nach 2.470 Km seinen Weg bis in die Hudsun Bay. An der Westseite des Glaciers fließen die Gletscherbäche in den Columbia River, der 2.000 Km bei Portland/USA in den Pazific mündet“.

Zuvor jedoch erleben wir auf der Strecke dorthin majestätische, schneebedeckte Berggipfel, Wälder, die sich langsam, aber sich in die Höhenlagen der Berge schieben (was sehr malerisch ausschaut, aber den veränderten klimatischen Verhältnissen geschuldet ist), Wasserfälle, die sich von schroffen Felsen stürzen, Flüsse, die abrupt in Schluchten stürzen, die sie so tief gegraben haben,  dass man kaum den Grund sehen kann, Gletscherseen, die türkisblau und türkisgrün erstrahlen, von tiefem tannengrün rund um  gerahmt, ohne auch nur ein Anzeichen einer menschlichen Ansiedlung, für uns Europäer immer noch unvorstellbar. Zwischendrin lugt an einem sehr lebhaften Aussichtspunkt mal ein Schwarzbär um die Ecke, der sich nach einigen Ausrufen: „ Oh, guckt mal, ein Bär!“, schleunigst zurückzieht, ins gletscherkalte Wasser des reißenden Flusses springt, und mal eben auf die andere Seite schwimmt, um von dort im Wald zu verschwinden. Wir sichern uns am späten Nachmittag einen Platz auf einem Campingplatz wenige Kilometer vom Icefield Center entfernt, und erkunden dann den Athabasca Gletscher mit einem kurzen, aber sehr steilen Spaziergang bis an den Gletscherrand. So sehr uns der Gletscher auch beeindruckt, wir sind bedrückt, als wir anhand von Schautafeln ablesen können, wieviel sich der Gletscher in bestimmten Zeitabschnitten zurückgezogen hat. Es handelt sich dabei nicht etwa um Meter, sondern um Kilometer in den letzten hundert Jahren. Viele Menschen scheint das aber nicht sonderlich zu beeindrucken. Sie lassen sich fröhlich lachend vor den kümmerlichen Resten des einstigen Riesen fotografieren und lassen dabei ihre Automotoren an Aussichtspunkten weiter laufen. Wir hatten gemutmaßt, die Kanadier seien „aufgeklärter“ in punkto Umweltschutz als die Amerikaner, aber da haben wir uns getäuscht.

Im Icefield Center selbst sind die Informationen dürftig, keine Ausstellung zur Situation der schwindenden Gletscher. Auf meine Frage, was denn in Kanada dafür getan wird, dass der Gletscherschwund zumindest verlangsamt wird (sind doch die Kanadier neben den US-Amerikanern das Volk mit dem mit großem Abstand höchsten Prokopf-Energieverbrauch) ist die Antwort ein Schulterzucken, ein hilfloses Lächeln und ein „ Nothing“! Wir verlassen das Center sehr nachdenklich.

27.6.2013 Die heutige Wanderung zunächst in Serpentinen auf einen Aussichtberg  entschädigt für den Frust des Vortages. Nach einer anstrengenden Wanderung an der steilen Flanke eines Berges empor stehen wir auf einmal  auf einer Almwiese, auf der sich die wirklich allerersten Blumen hervor gewagt  haben. Ich bin entzückt, und fotografiere alles, was mir vor die Linse kommt. Wenig später, als wir um die Ecke biegen, liegt ein Teil des Columbia Icefields  vor uns, unten im Tal windet sich in eisblauen Strömen der Saskatchewan-Gletscher durch das Tal, ein einmaliger Anblick. Ich, die sehr selten in „ Ahs und Ohs ausbreche, bin begeistert. So etwas habe ich mit meinen 65 Jahren noch nicht gesehen. Auch ein Gefühl der Dankbarkeit mischt sich  darunter, dass es in meinem Alter noch Dinge gibt, die einen so  berühren, begeistern können.

28.6.2013 Nach einer angenehmen Nacht auf einem der Campgrounds  geht es gen Jasper. Auf dem Weg dorthin wollen wir noch eine letzte Wanderung machen, die Fünf-Seen-Wanderung. Wir wählen die Variante um den größten See. Es geht rauf, es geht runter, der See kommt nicht in Sicht, stattdessen verfangen wir uns im dichten Gestrüpp eines Knüppelpfades und sichten einen Fußabdruck. Bär oder Puma? Sichtlich verunsichert kehren wir um und ackern uns die Höhenmeter wieder rauf und runter. Ziemlich geschafft kommen wir am WoMo an, und finden, dass es sich trotz allem gelohnt hat.

Weil die Campingplätze in und um Jasper knüppelvoll sind, machen wir im Nat. Park einen heimlichen kurzen Abstecher von der Straße weg und übernachten wunderschön hinter einem maroden Holzgebäude.

29.6.2013 In Jasper erfahren wir am nächsten Morgen, dass wir wieder einmal einen Feiertag nicht beachtet haben. Dieses Mal ist es der Kanada-Tag, der am Montag drauf gefeiert wird. Immer deutsche Verhältnisse vor Augen, versuchen wir nun wieder einmal, hektisch unsere Vorräte auf zu füllen. Später stellt sich raus, dass die ganze Aufregung vergeblich war, auch am Kanadatag müssen die Angestellten der großen Supermarktketten stramm stehen. Wir waschen noch unsere Wäsche und fahren dann aus dem Jasper National Park. Noch ein letztes Mal bewundern wir einen Fluss, der sich unglaubliche 40 Meter tief in einen unglaublich schmalen Canyon gegraben hat. Wir laufen, sehen, fotografieren, und vergessen dabei, dass wir noch einen Übernachtungsplatz brauchen. Und selbst, als es immer später wird, halten wir erneut an, um eine Gruppe kapitale Wapiti-Hirsche zu fotografieren, die unmittelbar an der Straße äsen. Es ist eben bis in den späten Abend hinein taghell, da vergisst man sein Bett. Erst um 20 Uhr finden wir einen Übernachtungsplatz auf einer  Forststraße.

Der Beginn des Alaska Highways
Der Beginn des Alaska Highways

30.06.2013 Bei schönstem Wetter, wie ich es prophezeit habe, fahren wir über Grande Cache und Grande Prairie nach Dawson Creek, wo wir am nächsten Nachmittag ein Foto vom Beginn des Alaska Highway machen. Der Alaska Highway ist eine historische Straße, die Geschichte beginnt 1941, mit der Bombardierung von Pearl Harbour durch die Japaner; eine Invasion der Japaner im hohen Norden wurde befürchtet. Nun mussten die Kanadier dem Bau einer Verbindungsstraße von Dawson City in British Columbia zur Delta Junction in Alaska zustimmen, obwohl man den Einfluss der Amerikaner durch den Bau einer solchen Straßenverbindung immer gefürchtet hatte, aber nun war Krieg, da änderte sich auch die Stimmung. Unter ungeheurem Einsatz von Soldaten und Maschinen  gelang die provisorische Fertigstellung dieser Straße durch Wälder, Sümpfe, über Pässe. Elftausend größtenteils amerikanische Soldaten, dazu eine unglaubliche Menge an  schwerem Straßenbaugerät kamen zum Einsatz. Schwarze Bataillone bekamen in der Regel die schlechtere Verpflegung und Ausrüstung und die schwierigsten Arbeiten zugewiesen. Viele Soldaten kamen ums Leben, teils bei alltäglichen Arbeitsunfällen, teils, weil viele von ihnen noch nie in einem so kalten und rauen Klima  gelebt hatten. Junge Piloten, die aus der Luft den Nachschub sichern sollten, wurden mit unzureichenden Karten losgeschickt, frei nach dem Motto: „Ihr könnt das nicht verfehlen!“ Nach neun Monaten (März bis November) wurde die Straße offiziell eingeweiht. Heute ist die Alaska Highway durchgehend asphaltiert, und zumindest in den ersten Tagen nicht sonderlich aufregend.

Die Stadt Grande Prairie lebt vom Öl- und Gasgeschäft. Noch nie haben wir große Areale gesehen, auf denen alles steht, was man so fürs Öl- und Gasfördern so braucht: riesige Maschinen, die uns in Staunen versetzen. Nun fahren wir also den Alaska Highway entlang, und begreifen, wofür man das alles braucht: links der Straße verläuft die Gaspipeline, rechts der Straße die Ölpipeline. Gefördert wird ab ca. 500 Meter landeinwärts. An zwei Abenden schaukeln wir die holprigen Wege entlang, um einen Übernachtungsplatz zu finden, der nicht an einer Förderanlage mit der Aufschrift:“ diese Anlage ist videoüberwacht „ endet.                                                                                                                                                      

03.07.13 Die Mücken haben uns letzte Nacht so geplagt, dass wir beginnen, nach versteckten „Durchschlupflöchern“ zu suchen. Als erstes werden die Luftschlitze im Badfenster abgeklebt. Dann fahren wir in den nächsten Ort zurück (Fort Nelson), und können in einer Kaffeestube mit den Kindern und mit Freunden telefonieren und Bilder auf die Website laden. Am Nachmittag bummeln wir los, und kommen nicht weit : wir übernachten am Tetsa River National Park, wo wir nach Wäsche waschen, Tagebuch schreiben, Lagerfeuer machen und weitere Mückenabwehrmaßnahmen treffen (ein weiteres Dachfenster  bekommt Klebestreifen verpasst, die Schlafkoje wird jetzt konsequent mit einem No-Seeum-Mückennetz mit Klettband verschlossen) eine erste „mückenfreie „ Nacht erleben.

04.07.13 Heute sind wir 150 Kilometer den Alaska Highway entlang geschlendert. Er bietet jetzt herrliche Bergblicke, wunderschöne Flusstäler und endlose Wälder. Es ist eine wilde, einsame Landschaft; nur etwa alle 40 Kilometer gibt es einen Campingplatz oder ein Resort (hier eine etwas geschönte Bezeichnung für ein paar Blockhäuser und einer Tankmöglichkeit). Da ich mit meinem Fernglas immer auf der Pirsch bin, erspähen wir vom Auto aus eine Bergziege, ein Karibou und eine Elchdame. Alle lecken am Straßenrand Mineralien. Wie wir inzwischen wissen, verlieren die Tiere im Winter aufgrund des veränderten Nahrungsangebotes Mineralstoffe, die sie dem Körper im Sommer wieder zuführen müssen.

An einer Lodge erspähe ich auf dem an ihr vorbeiführenden Todt River eine riesige Biberburg, die wir natürlich aus der Nähe betrachten wollen. Am Ufer stolpert Hartmut fast über einen Biber, der wenige Meter vor ihm im Wasser  massenweise Birkenblätter in sich rein stopft; ein kleineres Exemplar folgt wenig später. Wir sind von den Socken: das Wasser ist so klar, dass wir den Biberschwanz und die Pfoten unter der Wasseroberfläche gut sehen können. Mit dem Fernglas kann ich jedes Barthaar, die braunen Pfoten,  die gelben Nagezähne und das geölte Fell genau inspizieren. Die Lodgebesitzer haben den Tieren jede Menge großer, dicker Birkenzweige ins Wasser gelegt, vielleicht, um zu verhindern, dass die am Uferrand stehenden Birken von den Tieren angenagt werden. Hartmut macht jede Menge Bilder, und wir beide können unser Glück kaum fassen. Am Abend steuern wir den Munco Lake Regional Park an, um dort zu übernachten.

05.07.13 Wir fahren zum Campingplatz der Liard River Hot Springs. Der Liard River ist ein sehr breiter Fluss, in dessen Bereich seit Urzeiten zwei heiße, leicht schweflig riechende Thermalquellen sprudeln. Frühzeitiges Eintreffen auf dem Platz ist angesagt, weil die Thermalquellen  das touristische Highlight auf der Strecke ist. Leider liegen die Quellen direkt in einem Sumpfgebiet, so dass schnelles Hinlaufen über einen Bohlenpfad, schnelles Entkleiden und ins heiße Wasser gleiten  Pflicht sind. Man sitzt oder schwimmt in einem wunderschön angelegten Naturteich, ringsum  wuchert das Grün. Am Abend probieren wir zum ersten Mal  unseren   „Outdoor-Mückenschutz“ aus, ein simples No-Seeum Mückennetz in Kastenform, gehalten durch zwei Schnüre am WoMo und zwei abgespannten Stangen. Tisch und zwei Stühle passen locker drunter, nur regnen oder wehen darf es nicht.

06.07.13 Die große Sensation heute ist eine riesige Herde von Waldbüffeln, der etwas kleineren Vertreter der Prairiebüffel, die auf einem sandigen Areal neben der Straße friedlich vor sich hin wiederkäuen, über hundert Tiere zählt die Herde, davon viele Jungtiere. Wir sind wieder einmal hingerissen. Während sich  all die anderen Touristen, die ebenfalls angehalten haben, längst wieder unterwegs sind, stehen wir da, staunen, machen Bilder, gucken durchs Fernglas. So haben wir uns den Norden vorgestellt.

Dies ist nur ein Teil der Herde.
Dies ist nur ein Teil der Herde.

07.07.13 Auf dem Weg in den vorerst letzten größeren Ort mit ordentlichem Supermarkt können wir gleich am Morgen zwei Schwarzbären auf Futtersuche auf dem großen Grünstreifen neben der Straße fotografieren. In Watson Lake folgt dann ein zweites Frühstück gegen Benutzung des dortigen Internets. Wir telefonieren noch einmal mit einem müden Patrick und zwei überdrehten Enkeln und schicken eine ganze Reihe von versprochenen Fotos an die Enkel (z.B. vom größten LKW der Welt, aufgenommen in einer Minenstadt in Alberta). Im Supermarkt treffen wir Hiltrud und Siegfried, die in einem „Rundhauben-Mercedes“ auf Langtour sind. Die Klamotten der Beiden sehen etwas „rustikal“ aus; es sind ihre ältesten Sachen, die sie kräftig mit Mückenspray bearbeitet haben, um einigermaßen ruhig am Abend draußen sitzen zu können. Ich überlege, welche meiner drei Hosen am besten als Mückenabwehr-Hose dienen könnte, alt sind sie leider alle drei nicht! Nach einer ausgedehnten Klönrunde bei strömendem Regen schauen wir uns noch die sog. „Watson Lake Sign Posts an. Ein heimwehkranker Soldat hat während des Baus der Alaska High Way ein Ortsschild seiner Heimatstadt in Illinois an einen Pfosten genagelt. Mittlerweile gibt es einen ständig anwachsenden Schilderwald, der ca. 67.000 Ortsschilder und Auto-Kennzeichen aus aller Herren Länder umfasst.

In Watson Lake verlassen wir den Alaska High Way, und fahren zunächst über den Campbell Highway weiter nach Norden, grobe Richtung Dawson City. Zwischen Watson Lake und Faro begleiten die Pelly Mountains auf der einen, und die Selwyn Mountains auf der anderen Seite den Highway. Dazwischen eingeschlossen liegt der über 700 km lange Senkungsgraben „Tintina Trench“, dem die Straße im Tal von  Pelly River und Finlayson/Frances River folgt. Die Straße ist geprägt durch zahllose, zu überquerende Wasserläufe, ringsum ragen Gebirgsformationen hoch auf. Der Campbell ist nach den ersten gemütlichen geteerten Kilometern eine „gravel road“ mit Schotter, teilweise Wellblech und auch tiefen Furchen und Rillen von den großen LKW, die aus verschiedenen Minen auf den Campbell einbiegen, um nach Watson Lake weiter zu fahren.

Obwohl wir spät los gekommen sind, fahren wir doch noch die 80 km bis zum Simpson Lake Campground. Die neue Straße ist schmal und dicht bewachsen, wir sind einfach noch unsicher.

08.07.13 Heute tuckern wir mit teilweise 30 km/h  durch die Lande, die Straßenqualität lässt nichts anderes zu. Als wir über eine Kuppe kommen, entdecken wir ihn, einen Elch, der am Rande eines Sees steht, das Fotomotiv schlechthin. Elche sind äußerst scheue Tiere, und bevor ich aussteigen und ein Bild machen kann, stakst er durch den See und verschwindet im Grün. Ich mache ein langes Gesicht: trotz meiner Bitte stehen zu bleiben, ist Hartmut in guter Absicht einfach noch ein wenig weiter die Straße hinab gerollt, zu viel Nähe für den sensiblen Elch.

Am Nachmittag rollen wir auf den Frances Lake Campground, und kommen direkt am dunklen Sandstrand neben den einzigen anderen Gästen zum Stehen. Das kanadische Paar will hier mit zwei großen Hunden, einem kleinen Boot und einem noch kleineren Wohnwagen  14 Tage in völliger Einsamkeit verbringen.

09.07.13 Wir verbringen den Tag am See, und tun alles, was man so macht an einem freien Tag: Schlafsäcke lüften, was Schönes kochen, Vögel und Eichhörnchen füttern, am See entlang laufen, das Bärenspray in der Tasche, Steine sammeln. Am Abend scheuche ich Hartmut gleich mehrfach aus dem WOMO. Nach einem heftigen Regen bricht die Sonne durch und beschert uns den schönsten doppelten Regenbogen seit langem. Spät am Abend, als ich noch einmal hinaus muss, zieht ein Biber im Wasser lautlos an unserem Platz vorbei. Weit nach Mitternacht färbt die Sonne  Wasser und Wolken rosa, am Horizont ahnt man die Silhouetten der Bergketten, eine hinter der anderen; ja, so kennen wir den Norden schon aus Finnland.

10.07.13 Wir tuckern weiter über das üble Wellblech, und machen uns Sorgen, 180 Kilometer mit Tempo 20 km/h, das könnte dauern. Aber nach kurzer Zeit zweigt die Straße zur Mine, in der Wolfram gefördert wird, ab, und wir können auf glattem Schotter 70 km/h fahren. Die Straße ist so einsam, dass uns den ganzen Tag nur ein Auto begegnet. Wir fahren durch eine Landschaft, in der die Waldlandschaft immer wieder durch Teiche, Tümpel und Seen unterbrochen wird. Es geht rauf und runter, immer wieder weite Blicke in die Landschaft. Hier müssten eigentlich Elche in Hülle und Fülle stehen, tun sie aber leider nicht. In der Mittagspause fängt Hartmut am Finnlayson Lake den ersten Fisch auf dieser Reise, der zu einem ordentlichen Abendbrot taugt. Er wird am Abend an unserem Übernachtungsplatz, der Einmündung des Big Campell Creek in den Pelly River ordnungsgemäß in die Pfanne gehauen und schmeckt wunderbar.

03.08.2013 Heute sitze ich endlich mal wieder am PC, um unsere Web-Seite auf Vordermann zu bringen. Die vergangenen Tage und Wochen waren einfach zu „gefüllt“, um am Abend noch zu schreiben. Ganz ohne das Schreiben ging es für mich nicht ab, weil ja Linus und Mattis, unsere beiden Enkel, jede Woche einen Brief erhalten sie haben auf jeden Fall immer Vorrang. Wir haben auch beschlossen, nicht mehr jeden Tag zu dokumentieren, da der Alltag im WoMo doch erheblich mehr Zeit in Anspruch nimmt, als zunächst angenommen. Die Tage sind so spannend und auch anstrengend gewesen, dass wir am Abend oft todmüde aufs Bett geplumpst sind.

11.07.13 Wir sind den ganzen Tag bei mäßigem Wetter weiter auf dem Campbell Highway in Richtung Faro  unterwegs, und treffen prompt ein englische Pärchen wieder, mit dem wir uns vor Wochen auf der Passhöhe des Glacier National Parks kurz unterhalten hatten. Sie sind schon sehr lange in einem kleinen Toyota mit Hubdach unterwegs, und wollen eine ähnliche Tour machen, wie wir, nur ohne Zeit-Limit.  Gegen den Toyota ist unser WoMo geradezu ein Palast, und wir sind fasziniert davon, auf welch engem Raum ein Paar über  lange Zeiträume hinweg zusammen leben kann. Aber die beiden sind seit 35 Jahren verheiratet, und die Dame ist von ansteckender Fröhlichkeit. Wahrscheinlich kann so eine Tour in so einem Auto auch nur in  dieser Konstellation funktionieren. Einen Tag zuvor hatten sie in der Nacht Besuch von einem Braunbären, der an den Inhalt ihres Abfalleimers gelangen wollte. Der Bär hat dabei seine Krallen in den Deckel des Eimers  geschlagen, so dass dieser jetzt etwas mitgenommen aussieht. Uns wird bewusst, dass die Tiere überall sind, und haben unser Bärenspray vorn in der Beifahrertür immer parat.

Der hübsche Ort Faro, den wir besuchen, ist im Zuge der Förderung von Blei und Zink im Tagebau entstanden. Mittlerweile wird versucht, den Tourismus zu fördern. In Faro kann man im Frühjahr ganz spezielle Dickhornschafe beobachten, wenn sie ihre Jungen an geschützten Stellen aufziehen. Außerdem gibt es geführte Touren zu Stellen, an denen die Schafe nach dem harten Winter durch Lecken  von Sand ihren Mineralienhaushalt wieder auffüllen. Außerdem durchqueren im Frühjahr ungezählte Zugvögel, darunter viele Kraniche, das Gebiet. Der Senkungsgraben Tintina Trench, in dem Faro liegt, ist einer der Hauptrouten für Zugvögel in den Norden und zurück.

Wir geraten zufällig in eine kleine frühsommerliche Party, die das örtliche Visitor-Center veranstaltet, und unterhalten uns lange mit der deutschen Leiterin. Langsam bekommen wir eine Ahnung davon, wie viele deutsche Auswanderer dem Zauber des Nordens verfallen sind, und dafür auf unser „Rundum-Sorglos-Paket“ verzichten.

14.07.2013 Zwei Tage lang sind wir den Klondike Highway, sowie eine wunderbare, kleine Umgehungsstraße entlang gebummelt, haben bei schönstem Wetter lange Pausen gemacht, und riesige abgebrannte Hänge bestaunt, die rot von Fireweed sind. Fireweed ist eine zyclamrote Blume, die die Eigenschaft hat, nach großen Feuern als eine der ersten Pflanzen wieder zu wachsen und zu blühen. Wenn die Berge allerdings bis zum Horizont rot vom Fireweed sind, fragt man sich irgendwann, wann das nächste Feuer ausbricht. Genau das passiert, als wir am zweiten Abend pausieren. Der Brand ist weit weg, der Rauch  jedoch zieht kilometerweit durchs Land. Als wir am Sonntagmorgen wieder auf den Klondike Highway stoßen, ist immer noch alles rauchverhangen. Den Klondike River können wir eher erahnen, als richtig sehen. Bei schönstem Wetter (der Rauch ist inzwischen in eine andere Richtung abgezogen), übernachten wir auf dem Klondike River Campground 20 km vor Dawson City.


Wie schon so oft, treffen wir Menschen, denen wir im Heidelberger Alltag nie begegnen würden. Diesmal ist es ein Schweizer, der jedes Jahr  3-4 Monate im Klondike-Gebiet verbringt, um seiner Leidenschaft, dem Fliegenfischen zu frönen. Er ist sogar Fliegenfisch-Ausbilder, und bietet kleine Touren an. Wir lassen uns seine (selbst hergestellten) Fliegen-Attrappen zeigen, die wie kleine Juwelen in einem Lederkästchen liegen - alle selber gefertigt.  Der Mann hat wirklich Ahnung, und wir sind beeindruckt. Zum Schluss gibt es ein Tauschgeschäft: zwei wunderbare Äschen gegen ein Glas selbstgemachte Erdbeer-Marmelade.