11.09.2013 bis 23.10.2013

Rückreise durch Kanada
Rückreise durch Kanada

Das Bild nebenan zueigt die Rückreiseroute durch Kanada. Die weiteren Routenteil kommen an passender Stelle.

11.09.2013 Nach einem Einkaufs- und Telefontag  in Watson Lake sind wir nun auf dem Cassiar-Highway auf dem Weg nach Vancouver, mit einem letzten Abstecher nach Stewart/Haider, dem kanadisch/alaskanischen Doppelort. Wehmut hat uns erfasst. Schon in Watson Lake, dem Ausgangspunkt unserer Tour durch den Yukon und die Northern Territories hatte uns dieses Gefühl am Kragen. Nun, auf dem Cassiar Highway, verstärken sich diese Gefühle noch. Der Norden Kanadas und Alaska machen süchtig, nach mehr davon, nach Wiederkommen. Wie wird es sein, wenn uns die Zivilisation wieder hat? Links und rechts der Straße  schweift der Blick über eine bewaldete Gebirgslandschaft in den leuchtenden Farben des Herbstes, Indian Summer, so wie es sich Hartmut immer vorgestellt hat. Am Abend finden wir noch einmal einen wunderschönen Übernachtungsplatz an einem kleinen See, und werden, wiederum am späten Abend, noch einmal von einem zarten Nordlicht überrascht, Abschiedsgeschenk des Nordens.

13.09.2013 Nach einem weiteren Fahrtag an unendlich vielen großen und kleinen Seen entlang, mit Fotostopp für einen pummeligen, Blätter mampfenden Bären  50 Meter von der Straße entfernt, biegen wir heute vom Cassiar Highway nach Stewart/Hyder ab. Auf dem Weg dorthin wird das Wetter immer besser, und schon die Mittagsrast verbringen wir auf einem Rastplatz in Sichtweite des Bear Gletscher, der dort in den Bear Lake kalbt.

Später laufen wir in Stewart ein, und testen das WiFi aus, denn unser Enkel Linus wird Morgen eingeschult. Wir haben ihm versprochen, auf jeden Fall seine Schultüte zu bewundern.

Als wir sicher sein können, dass die WiFi-Verbindung vor dem kleinen Supermarkt in Stewart ganz gut läuft, machen wir uns auf den Weg zum Salmon Gletscher, und würden dort am liebsten gleich übernachten. Die Sonne scheint wunderschön und wir wollen den Gletscher bei Sonnenlicht betrachten. Aber wir  wollen ja Linus zum Schulanfang gratulieren, und kehren deshalb wieder nach Stewart zurück.

14.09.2013 Nach einigen Anlaufschwierigkeiten kann Linus uns tatsächlich seine Schultüte nebst Geschenken zeigen. Wir sind sehr erleichtert, dass die Internetverbindung an diesem wichtigen Tag nun tatsächlich geklappt hat. Sonst ist nämlich auf dem Cassiar Highway „internetmäßig“ tote Hose!

Als ich aus dem WoMo –Fenster schaue, steht hinter uns plötzlich der kleine Bruder von unserem WoMo: gleicher Aufbau, gleiche Farbe, Fürther Nummernschild, nur eben etwas kürzer und schmaler. Brigitte und Peter Blatt aus Fahrenbach (bei Fürth im Odenwald) sind seit Mai auf Tour. Nach kurzem Beschnuppern wollen wir uns später am Aussichtspunkt des Salmon Gletschers treffen. Die nächsten Langzeit-Tourer  mit einem größeren US-WoMo trudeln ein, ein älteres Paar aus Heidelberg. Leider können sie mit ihrem Fahrzeug die Strecke zum Gletscher nicht hochfahren.  Zu guter Letzt gibt es ein Wiedersehen mit Benjamin Hoffer und Severine Berney aus Lausanne mit ihrem Mitsubishi L 300, die wir schon in Tok am Visitor Center getroffen hatten.

Der Salmon Gletscher ist der sechstgrößte Gletscher Nordamerikas, und das Besondere an ihm ist, dass man  ihn in voller Größe von einer Aussichtsplattform, die Platz auch für einige WoMos bietet, bewundern kann, die ca 600 m über dem Gletscher liegt.  Zunächst geht es viele „rumpelige“ Kilometer die Gletscherzunge, am Gletschersee entlang, mit atemberaubenden Blicken zu weiteren  Gletscherbergen. Unter uns der für diese Region typische Regenwald der Westküste Kanadas, oberhalb davon Felsen und Bergwiesen. Oben angekommen bietet sich ein unglaublicher Anblick auf den Eisriesen, mit seinen in gleißender Sonne blau schimmernden Gletscherspalten. Es ist, als befände man sich fast direkt über dem weißen Riesen. Wir finden uns schnell in einer lustigen Runde zusammen. Wir sind etwas aufgekratzt, weil das Wetter uns einen Sechser im Lotto beschert hat. Hier regnet es fast immer, und nun: tiefblauer Himmel, Temperaturen für Shorts und T-Shirt. Wir können unser Glück kaum fassen. Ich backe schnell einen Kuchen, Brigitte Blatt kommt mit der Thermoskanne mit Kaffee an den großen Picknicktisch, und dann genießen wir einfach. Brigitte hat drei Enkelkinder zwischen zwei und sieben Jahren, und  hat  ähnliche Probleme, die Enkel für längere Zeit nicht zu sehen. Bevor die Sonne untergeht, duschen Hartmut und ich sogar noch mit unserer Außendusche (das Problem mit unserem Sorgenkind Innendusche haben wir nicht zufriedenstellend lösen können und erst mal vertagt, kommt Zeit, kommt Rat), und dann begeben wir uns zur wohlverdienten Ruhe.

15.09.2013 Heute kommen wir erst am Abend auf dem wunderschönen Campingplatz des Mediazin State Park an. Der Tag war lang und turbulent. Erst eine ausgiebige Verabschiedung der gestrigen Runde, dann noch ein wenig Sight Seeing mit Spaziergang  in den hinteren Teil des Tales, anschließend Rückfahrt, Picknick an der Mole, Bären-Begegnung mit einem vorwitzigen Schwarzbären, der wohl unser Auto geentert hätte, wenn wir nicht geistesgegenwärtig die Fenster geschlossen hätten, anschließend zweistündige Zwangspause an der Tankstelle wegen einer Stromsperre und dann noch eine Stunde Rückfahrt zum Cassiar Highway. Wir plumpsen wieder mal in die Betten.

17.09.2013 Nachdem wir vorgestern noch ausgiebig die Herbstfärbung der Aspen links und rechts des Cassiar Highway bewundert haben, begleiten nun Birken unseren Weg nach Süden. Während die Blätter der Aspen im Herbst leuchtend gelb werden, werden die Blätter der Birken grau, und fallen recht schnell zu Boden. Jeder Meter führt uns weg aus dem Norden und weiter in den Süden. Wir wissen ganz genau, dass wir auf dem Yellowhead Highway, auf den wir kurze Zeit später einbiegen werden, unaufhörlich der Zivilisation entgegen rollen. Die Natur links und rechts des Cassiar Highway war noch einmal grandios. Nun säumen mehr und mehr Gehöfte und landwirtschaftliche Flächen den Yellowhead, die ersten Kühe tauchen auf, und werden von uns bestaunt, wie das siebte Weltwunder. In Old Hazelton, einem kleinen Städten im alten Gewand direkt am wilden  Skeena River pausieren wir, und schauen uns in einem Freilichtmuseum wunderbare Totempfähle an. Dann kündigen wir uns telefonisch bei Familie Schuffert in Smithers an, der nächst größeren Stadt auf unserem Weg. Wir haben Marc Schuffert auf einem Campingplatz in Whitehorse getroffen, wo er auf seiner halbjährlichen Inspektionsreise durch den Norden kurz Station gemacht hatte. Marc hat in Deutschland Landwirtschaft studiert, und arbeitet seit vielen Jahren für die kanadischen Forstbehörden. Obwohl ihr Mann beruflich unterwegs war, hat uns Sandra Schuffert sofort zu sich nach Hause eingeladen. Wieder einmal  fahren wir mit gemischten Gefühlen am späten Nachmittag durch eine ländliche Siedlung, und finden das Haus der Schufferts zunächst nicht. Aber dann klappt es natürlich doch, und wir werden sofort zum Essen eingeladen. Obwohl Sandra ja Deutsche ist, läuft hier alles ebenso unkompliziert ab, wie immer, wenn wir irgendwo eingeladen sind. Zum Haushalt gehören noch Elena, eine deutsch, englisch und französisch sprechende, aufgeweckte Fünfzehnjährige, und Torben, der eine geistige Behinderung hat, und von seiner Mutter im Haus unterrichtet wird. Torben ist ein liebenswerter Junge, der mir voller Begeisterung und Sachkenntnis die Hühner und Ziegen der Familie zeigt. Später muss ich eine Ziege melken, gar nicht so einfach. Wir unterhalten uns noch lange mit Sandra, die mit unendlicher Geduld, Konsequenz und Sachverstand jeden Tag versucht, ihrem Sohn bestmöglich zu helfen. Als wir am nächsten Morgen aufbrechen, sind wir sehr nachdenklich geworden. Es ist ist für uns fast unglaublich, was Sandra hier Tag für Tag leistet.

Zwischen Smithers am Yellowhead Highway und Clinton am Alaska Highway verliert sich unsere „Tagebuchspur“ zum ersten Mal. Hartmut ist eine Woche später darüber sehr unglücklich, ich sitze am Tisch, und versuche, unsere drei verlorenen Tage zurück zu holen. Während die Landschaft für uns am ersten Tag nach Smithers eher etwas langweilig war,  wurde sie am dritten Tag noch einmal richtig schön. Die wellige Hügellandschaft verwandelte sich noch einmal  in eine sehr schöne Gebirgslandschaft entlang des Fraser River, die Straße lief dann durch ein ausgedehntes Seengebiet mit sehr vielen State Parks. Leider spielte das Wetter einfach nicht mehr mit, so dass wir selten anhielten, um etwaige Ausblicke zu genießen. Auch die Übernachtungsplätze sind uns nur noch vage in Erinnerung, zwei sehr primitive „Campingplätze“ an flachen Seen, und ein sehr schöner Platz, wirklich mitten im Wald. Trotz sinkender Temperaturen gab es immer noch die abendliche obligatorische Dusche im Freien, obwohl das schon etwas Überwindung kostete. Auf jeden Fall  sind wir am Samstag, den 21.09.2013 in Clinton eingetrudelt, und wieder „ auf dem Laufenden“:

 

22.09.2013  Nach einer  Übernachtung im Kelly Lake State Park fahren wir zurück nach Clinton, und genehmigen uns (zwangsweise) ein Frühstück gegen Internet-Benutzung. Soll das WiFi einigermaßen stabil sein, geht das in Kanada in der Provinz nur gegen Bezahlung oder eben Frühstück, Lunch, usw…. in einem Hotel oder Restaurant. Wir wollen wissen, wie die erste Schulwoche von unserem Enkel Linus verlaufen ist. „Alles im grünen Bereich“ versichert uns unser Sohn, und wir machen uns erleichtert auf den Weg.  Der Weg von Clinton bis Lillooet  über eine Nebenstrecke, die sich einen Pass hoch windet. Sie ist deshalb so interessant, weil sich die klimatischen Verhältnisse innerhalb einer sehr kurzen Strecke so verändern, dass die Vegetation, vorher üppig grün, urplötzlich karg und trocken vor uns liegt. Die Berge sind kahl, und der Fraser River hat bei Lillooet einen tiefen, für Boote aller Art unpassierbaren Canyon ins nackte Gestein gefräst. Nach Lillooet geht es, wiederum über eine sehr schmale Strecke durch den Cayosh Canyon: noch einmal hohe, jetzt wieder dicht begrünte Berge mit weißen Spitzen, und ein wunderbarer Canyon, der viele Ausblicke auf das glasklare, schäumende  Wasser frei gibt. An den Rändern des Cayosh Flusses stehen Baumriesen, zum Teil hoch aufragende, wunderbare Zedern. Das ist wieder mal nach unserem Geschmack. Auf einem völlig einsamen Platz neben dem Fluss übernachten wir. Nebelschwaden umhüllen am späten Abend die Bergspitzen, und am nächsten Morgen liegt dort oben Neuschnee. Unten fängt es an, zu regnen, es wird an diesem Tag, der uns nach Vancouver führen wird, auch nicht mehr aufhören.

22.09.2013 Vom letzten Übernachtungsplatz im Cayosh Canyon sind wir inzwischen bei strömendem Regen in Whistler eingetroffen, der Ort, in dem die Wettbewerbe der olympischen Spiele 2010 ausgetragen wurden. Fein durchgestylt wirkt der Ort. Im Visitor-Center hilft man uns jedoch sehr nett. Hartmut kann mit einer Werkstatt telefonieren, die sich unsere Diesel-Heizung mal anschauen soll. Sie will nicht immer sofort anspringen. Angesichts des Herbstes, der auch hier vor der Tür steht, wollen wir auf Nummer sicher gehen und wissen, was Sache ist. Die Werkstatt befindet sich Port Coquitlam, einem Vorort von Vancouver in südlicher Richtung. Von Whistler aus fahren wir zunächst eine wunderschöne Strecke auf dem Sea to Sky Highway, der im Nordwesten an der Horseshoe Bay direkt vor den Toren Vancouvers endet. Eine traumhafte Fahrt beginnt, nicht zuletzt deshalb, weil der Wettergott ein Einsehen hat, und ein paar Sonnenstrahlen hinunter schickt.  Noch einmal rücken vergletscherte Berge ins Blickfeld, links der Straße verschwenderisches Grün, geradeaus das Blau der Horseshoe Bay: das macht schon im Vorfeld Lust auf Vancouver.

In Vancouver dann quälen wir uns durch den abendlichen Berufsverkehr; auf der Interstate wird heftig gebaut. Ziemlich  müde stehen wir dann irgendwann vor der besagten Werkstatt, die natürlich geschlossen ist (es ist ja Sonntag). Wir erwägen eine Übernachtung auf dem Kundenparkplatz, nehmen dann aber doch Abstand. Das ganze Gebiet beherbergt Industriegebäude, und wie wir unsere kanadischen Pappenheimer kennen, wird am frühen Morgen in unserer Nähe ein Auto mit laufendem Motor stehen. Also suchen wir ein Motel. Mittlerweile kann Hartmut kaum noch aus den Augen gucken, und  das einzige, sehr teure Hotel steht direkt an einer viel befahrenen Straße, für uns immer der Albtraum. Wir tun, was wir in solchen Fällen zu tun pflegen, und stellen uns in eine relativ ruhige Wohnstraße. Gerade, als Hartmut das Auto auf Böcke gesetzt hat, kommt ein Paar mit einem Hund daher, den ich natürlich unbedingt streicheln muss. Wir kommen mit Jim und Sue  (die bayrische Wurzeln hat) ins Gespräch, und werden heftig aufgefordert, den Beiden in eine Parallelstraße zu folgen, wo wir vor ihrem Reihenhaus stehen sollen. Da wäre es doch bedeutend sicherer. Wenn eine Einladung so herzlich und bestimmt daher kommt, nehmen wir diese, wie in diesem Fall, immer gern an. Reisen bedeutet für uns nicht nur das Leben in und mit der Natur, sondern immer auch Kontakte mit anderen Menschen, wie und was sie arbeiten, wie sie leben, was sie von der Welt wissen oder auch nicht, welche Werte sie vertreten, Unterschiede und Gemeinsamkeiten, Feste, die Liste ließe sich unendlich fortsetzen. In diesem Fall sind wir wieder auf eine junge Familie gestoßen, die immer wieder neue Antworten auf eine schwierige familiäre Situation finden muss.

Sue hat sich in einen verlassenen Ehemann mit drei kleinen Kindern verliebt, und übernimmt fortan Mutterpflichten, und das seit 5 Jahren. Die leibliche Mutter der Kinder muss aber mit eingebunden werden. Das hört sich nach „ Jeden Tag einmal Spagat zwischen zwei eigentlich unvereinbaren ….“ an, und ist auch so zu verstehen. Aber die beiden machen einfach, was zu tun ist, und lassen sich nicht beirren. Uns bieten sie jedenfalls nach einer gemeinsamen späten Wein-Runde nicht nur ihren Parkplatz, sondern auch ihre Dusche und ihr WC an; die Haustür bleibt selbstverständlich in der Nacht geöffnet, für alle Fälle, versteht sich.

 

Die "Reparatur" der Heizung. Zumindest haben wir danach einen neuen Brennereinsatz in defr Heizung und ich weiß, wie man sie auseinander und wieder zusammen setzen kann.
Die "Reparatur" der Heizung. Zumindest haben wir danach einen neuen Brennereinsatz in defr Heizung und ich weiß, wie man sie auseinander und wieder zusammen setzen kann.

24.09.2013  Während Hartmut dem Heizungsmechaniker über die Schulter schaut, sitze ich bei Sue und Jim im Wohnzimmer. Die Kinder sind bei der Mutter, Sue nach einem Eingriff noch krankgeschrieben, ein Glücksfall. Sue erzählt von der bayrischen Oma, und von ihrem Besuch in Deutschland in jungen Jahren, ich entspanne einfach.
Am Nachmittag kommt Hartmut, um etliche Dollar erleichtert, mit einer funktionierenden Heizung  zurück. Wahrscheinlich ist die Heizung nur deshalb nicht angesprungen, weil es Spannungsverluste in den Zuleitungen gibt. Wahrscheinlich hätte er das im Begleitheft nachlesen können, aber wenigstens weiß er jetzt genau, wie man speziell diese Heizung auseinander- und wieder zusammen baut. Kleiner Tipp vom Monteur: die einzelnen Schritte fotografieren, dann bekommt man so ein Teil auch wieder korrekt zusammen gebaut. Überwältigt von der Gastfreundschaft unserer Familie (ich habe inzwischen Berge von Wäsche in der Maschine gewaschen und getrocknet), laden wir Sue und Jim in ein feines Fischrestaurant ein. Das haben wir schon lange nicht mehr gemacht, und das Essen ist wirklich vorzüglich.

27.09.2013 In den letzten beiden Tagen haben wir bei schönstem Wetter Vancouver erkundet, was so geht in zwei Tagen.  zunächst eine lange Tour mit dem sog.“ sky train“, eine Art S-Bahn, bei der man an vielen Stellen Teile der Skyline und die Häfen der Stadt bewundern kann, dann ein schönes Essen in einem Drehrestaurant in Down Town, und zum Schluss „Pflastertreten“ im angesagten Touristenviertel Gastown, dem Ursprungsgebiet von Vancouver. Hier reiht sich ein Souvenirgeschäft ans andere, und schließlich landen wir im Hill’s Native Art, mit einer, wie Reise Know-How schreibt „ Ausstellung indianischen Kunsthandwerks der Extra-Klasse“. Statt eines belanglosen Souvenirs kaufen wir schließlich kleine Drucke, einen von Bill Reid, dessen Kunst wir am nächsten Tag im anthropologischen Museum von Vancouver bestaunen. Das Museum widmet sich  hauptsächlich der Kunst der „First Nation People“, also der Indianer und Eskimos an der Nordwestküste Kanadas. Nicht nur die riesigen Totempfähle im Innen- und Außenbereich des Museums beeindruckten, sondern auch die gesamte Anlage, die über den Klippen des Pazifik liegt. In einem Raum werden die Arbeiten von Bill Reid gezeigt, einem Meister der Schnitzerei, der sowohl herausragende Miniaturen, als auch raumgreifende Kunstwerke geschaffen hat. Wir sind fasziniert, und begreifen, dass Bill Reid  Generationen von jungen Künstlern nachhaltig beeinflusst hat. Nach dem Besuch dieses wunderbaren Museums auf der University Peninsula, stoßen wir, fast zufällig, auf  einen der Zugänge zu den Stränden der Halbinsel. Durch dichten Regenwald geht es 400 Stufen hinab zu einem  der „Haus-Strände“ Vancouvers. Im Sommer ist hier „Party“ angesagt, jetzt kommen uns nur ein paar FKK’ler entgegen, das Wetter ist ja an diesem Nachmittag noch super. Schade, dass wir keinen Picknickkorb und eine Flasche Wein dabei hatten, sonst wären wir wahrscheinlich bis zum Sonnenuntergang dort sitzen geblieben. Stattdessen dröseln wir über eine Umgehungsstraße in West-Südrichtung zu unseren Gastgebern zurück, nicht  ohne vorher an einem der „sunset-points“ den Sonnenuntergang genossen zu haben. Am dritten Tag, als das Wetter von Sonne in Regen umgeschlagen ist, schreiben wir noch einmal ausgiebig unsere Mails, telefonieren, machen die Bilder fertig, und klönen mit der nunmehr kompletten Familie, also auch mit den Kindern Cameron, Jordan und Jaime, nicht zu vergessen mit Sadie, der freundlichsten und verschmustesten Beagle-Boxer-Mischung, der ich je im Leben begegnet bin. Am Samstagmorgen  gibt es noch ein richtig schönes, entspanntes Familienfrühstück, bevor wir endgültig aufbrechen. Die paar Tage Pause vom Nomadentum haben uns richtig gut getan.

Das nebenstehende Bild zeigt die Reiseroute von Vancouver bis nach Astoria an der Mündung des Columbia Rivers in Oregon.

29.09.2013 Der gestrige Tag war eins: regnerisch und ausgesprochen ungemütlich. Langes Warten am Grenzübergang in die USA brachte auch nicht sonderlich viel Kurzweil. Wir rätseln, warum das alles so lange dauert an der Grenze, und Erinnerungen an die ehemalige innerdeutsche Grenze werden wach. Als Berlinerin reagiere ich auf diese Situation besonders sensibel. Der Grenzbeamte jedoch ist – für amerikanische Verhältnisse - sehr nett, und lässt uns recht schnell passieren. Erst später finden wir eine Erklärung für den Stau: Es ist Samstagmorgen, und viele Kanadier nutzen den Tag, um in  den USA preiswert einkaufen zu gehen.

Heute nun, nach einer Reservierung auf einem KOA-Campground, machen wir uns auf den Weg nach Seattle. Das Wetter ist lausig, und ich hasse es, bei Regenwetter durch eine Stadt zu traben. Aber Hartmut hofft auf einige Momente Sonnenschein, um die Skyline Seattles angemessen fotografieren zu können. Ich füge mich in mein Schicksal, und wir kurbeln erst Mal eine ganze Weile über achtspurige Interstates, zweistöckige Highways, um schließlich nach gefühlten Stunden endlich  an der Space Needle stehen. Die Space Needle ist das 210 Meter hohe Wahrzeichen der Stadt, mit Aussichtsplattform und Drehrestaurant, aber was soll man bei Regen, Sturm und Nebel dort oben sehen? Nach einigen Parkplatz-Such-Runden werden wir tatsächlich fündig, und besteigen an der Needle, die inzwischen etwas altertümliche Mono-Rail, die uns in etwa 5 Minuten in die DownTown bringt. Wir besuchen den Pike Place Market, lt. Reiseführer „ einer der besten Dauermärkte der USA“.  Hier gibt es Obst, Gemüse, Fisch, Blumen, Gewürze, und noch vieles mehr, zu kaufen. Aber wollen wir uns eigentlich noch irgendetwas in unser kleines Gefährt packen? Eigentlich nein! Um nicht ganz mit leeren Händen von dannen zu ziehen, erwerben wir Koriander-Körner (für unsere Kürbis-Gerichte), sowie eine Muskatnuss, wiegt nicht viel, kostet nicht viel…..

01.10.2013 Über den gestrigen Tag gibt es eigentlich nicht viel zu sagen. Nach Endlos-Schleifen durch Seattle können wir unser Paket mit der neuen Duschwanne und der neuen Küchenarmatur (ja, auch  diese hatte sich bereits kurze Zeit nach Reisebeginn von uns verabschiedet, und war nur noch mit „Trick 17“ zu bedienen!) abholen. Da wir spät los gekommen waren, blieben gestern dann nur noch Zeit für einen Aussichtspunkt und ein Imbiss beim Asiaten. Dann war der Tag auch schon rum.  Heute jedoch überredet mich mein Gatte zu einer erneuten „Seattle-Runde“. Das Wetter bessert sich, und während einer Hafenrundfahrt ergattert Hartmut tatsächlich ein paar Sonnenstrahlen, um nun endlich die Skyline in etwas freundlicherem Licht fotografieren zu können. Am frühen Abend dann ein leckeres Essen in Downtown, und dann zurück zur Needle, wo unser Auto wartet. Der Komplex um die Needle herum ist bestückt mit Museen und Veranstaltungsgebäuden. Von außen bewundern wir verschlungene, beleuchtete, bunte Glasobjekte, sowie die Arbeit eines Künstlers, der mit  Hilfe von Solarenergie riesige, ca. 5 Meter hohe bunte Blumen zum Leuchten, zum Bewegen und zum Singen bringt. Als wir die Stadt am späten Abend verlassen, ist uns klar, dass wir nur einen Bruchteil von ihr gesehen haben. Für so eine große Stadt bräuchte man mindestens eine Woche Zeit, das Wetter muss auch mitspielen. So aber wollen wir jetzt nur noch eines: unseren Nachbarn Herrn Schulz  aufsuchen, um dort ohne Hektik unsere Dusche einbauen zu können.

02.102013 Nach einem kurzen Zwischenstopp in Tacoma, wo wir ein vorzügliches Glasmuseum besucht haben, geht es in Richtung Roy, etwa eine Autostunde von Tacoma entfernt. Unser Nachbar, der wechselweise in Deutschland und in den USA lebt, hat hier sein Domizil im Hause seiner Freunde Luther und Erica aufgeschlagen. Obwohl er zurzeit seine Familie in Kalifornien besucht, nutzen wir das Angebot seiner Freunde, trotzdem vorbei zu kommen. Wir bekommen wieder einmal amerikanische Lebensart vorgeführt: natürlich sollen wir im Haus schlafen (was  wir, wie immer, ablehnen), natürlich werden wir gefragt, ob wir mit essen wollen (wir wollen), natürlich steht die Haustür immer offen, auch nachts. In den nächsten drei Tagen nutzt Hartmut sowohl das riesige Angebot an Werkzeugen, über die Luther verfügt, als auch dessen tatkräftige Hilfe beim Einbau der Duschwanne.

Auch der unerklärliche Spannungsverlust bei der Heizung wird nachgeforscht. Es ist eine angegammelte Sicherung, die uns viel Geld gekostet hat (aber dafür haben wir einen neuen Brennereinsatz in der Heizung). Manchmal ist es schon sinnvoll, mit geeigneter Ausrüstung den Fehlerspeicher der Heizung auszulesen (eine Webasto-Werkstatt sollte so was können). Und dann wird auch noch die defekte Küchenarmatur ausgewechselt – wir haben endlich mal wieder ein Womo ohne jeden Defekt.

Ich erkunde derweil das Gelände, und koche für 5 Personen, da der Vater von Erica zu Besuch ist. Bei Luther und Erica „Gelände“ zu sagen ist nicht übertrieben, denn auf dem umzäunten Gesamtgelände wohnen etwa hundert Familien mit ihren Pferden. Jedes Grundstück ist etwa 20.000 qm groß. Es gibt Reitwege, sowie Fahrrad- und Spazierwege, Freiflächen zum Grillen, usw…. Abends sammelt Erica Äpfel  von ihren Apfelbäumen ein, und wir gehen Pferde füttern.

Unsere Gastgeber sind kinderlos, und Militär-Angehörige. Überall dort, wo es in den letzten Jahren geknallt hat, waren sie dabei, er bei der Artillerie, sie als Physiotherapeutin. Durch ihren Beruf haben sie zwar die ganze Welt gesehen, mussten aber sehr oft umziehen, und auch getrennt voneinander arbeiten. Unterm Strich kann man wohl sagen, dass alles seinen Preis hat.

Der Einbau der Duschwanne erweist sich als schwierig:  ein Holz-Unterbau muss heraus gehebelt werden, Schläuche gekürzt und Leitungen umgelegt werden. Aber schließlich ist alles   gerade gerückt und mit Silikon eingeklebt. Wir beschweren die Wanne mit Gewichten, Hartmut schickt ein Stoßgebet nach oben, und schmeißt sich in seine einzige, noch saubere Hose, damit wir im Kasino des nahe gelegenen Indianer-Reservats  in ordentlicher Kleidung essen gehen können. Luther und Erika  sind unsere Gäste. Als Armee-Angehörige bekommen sie einen dicken Rabatt, ebenso wie wir als Rentner. Wir fühlen uns nach Las Vegas versetzt. Im rauchgeschwängerten Saal sitzen Hunderte an den Daddel-Automaten, es surrt und klingelt in den Ohren. Am Buffet des Kasinos wird auf die Teller geladen, was nur irgend geht. Das sind hier an der Küste immerhin  feinster Fisch in allen Varianten, dazu King Crabs, Muscheln, Austern, usw…. An den Tischen wird dann schnell und zügig gegessen. Selbst wenn das Dessert schon der dritte oder vierte Durchgang ist, Süßes geht immer noch, speziell Sahnetorten. Bevor man auch nur annähernd fertig ist, liegt schon die Rechnung auf dem Tisch. Zum Glück blieb an diesem Abend noch ein bisschen Zeit zum Verdauen. Wir beschließen, in den nächsten Tagen und Wochen etwas kürzer zu treten.

06.10.2013 Als wir am Morgen auf dem Weg zum Mount Rainier auf die Hauptstraße biegen, wartet nach wenigen Kilometern eine Überraschung auf uns. Vor uns, direkt auf der Straße, zum Greifen nah, leuchtet der noch etwa 60 Kilometer entfernte vergletscherte Berg in der Sonne. Wir sind fasziniert. Die Erklärung einfach: Mount Rainier ist neben dem Mount Saint Helens der einzige Berg weit und breit, die Landschaft eben (beides sind Vulkane). Aber der Effekt ist unglaublich.

Die Straße zum Eingang des Mount Rainier National Parks ist tatsächlich durch ein schnödes Holzgitter versperrt (durch den shut down in den USA sind alle Nationalparks geschlossen). Wir fahren stattdessen eine endlos lange gravel road hoch, ein Tipp unserer Gastgeberin. Als wir schon aufgeben wollen, erscheint plötzlich hinter einer Biegung der vergletscherte Berg in voller Größe, da bleibt uns die Spucke weg. Den ganzen Nachmittag über bewundern wir  das tolle Panorama und genießen noch einmal die Sonne, morgen soll da Wetter schlecht werden.

Die Brücker über den Columbia River bei Astoria
Die Brücker über den Columbia River bei Astoria

08.10.2013 Gestern führte uns unser Weg nach Süden zunächst nach Castle Rock. In dieser hübschen kleinen Stadt standen wir vor 19 Jahren mit unseren Rädern bei strömendem Regen  am Abend auf der Straße, und suchten ein Motel. Ein gastfreundliches Ehepaar nahm uns auf. Den Rest zu erzählen, kann ich mir fast sparen: hier könnt ihr schlafen, dort ist die Waschmaschine und die Dusche, was esst ihr zum Frühstück. Leider schlafen solche Kontakte dann leider ein, zu groß ist die Entfernung. Nun wollte ich unbedingt noch einmal  guten Tag sagen, obwohl wir weder Name noch Adresse hatten. Mein innerer Kompass bot zwar einige Anhaltspunkte, aber die Stadt hatte sich dann doch zu sehr verändert, war gewachsen. Wir versuchten, das Haus „zu finden“ und fuhren die in Frage kommenden Straßen ab. Es waren aber vergebliche Versuche und irgendwann bogen wir ab in Richtung Astoria, zur Pazifikküste.

Heute nun, nach einer Übernachtung auf dem herrlichen Campingplatz des  wunderbaren Fort Stevens State Park  erkunden wir ein wenig die Gegend. Der Park liegt an der Spitze einer Halbinsel und hat gigantisch lange Strände. Aber Wind und Regen treiben uns immer wieder ins warme Auto zurück. An der Nordspitze hat man von einer etwas höheren Aussichtsplatzform einen fantastischen Blick über die Mündung des hier riesig breiten Columbia Rivers.  Den restlichen Tag nutzen wir zum Waschen, Prospekte von der Oregon-Küste besorgen, auf einen  Aussichtsberg fahren (hier scheint sogar mal die Sonne), und noch einmal Fisch essen gehen (wozu sitzen wir hier an der Quelle).

Die Route entlang der Oregon-Küste. Irgendwie ist der Teil südlich von Astoria im Computer-Nirwana verschwunden. Ich werde das noch manuell nachholen.

09.10.2013 Endlich haben wir schönes Wetter. Wir fahren nun über die berühmte 101 gen Süden. Wir sind ein bisschen aufgekratzt, denn vor 19 Jahren sind wir mit den Fahrrädern und Zeltgepäck diese Route zum ersten Mal gefahren. Die ersten Kilometer sind durchaus langweilig: dichte Bebauung, und vom Pazifik keine Spur.  Aber dann sehen wir die ersten Strände, und biegen nach einigen weiteren Kilometern zum Ecola State Park ab. Er ist der zweite von insgesamt 39 State Parks an der 600 Kilometer langen Küste Oregons. 16 State Parks haben einen Campingplatz, alle wunderbar gelegen, mit Picknicktisch und Grillplatz. Auch die heiße Dusche, die im Spottpreis von 15,00 Dollar  pro Übernachtung mit inbegriffen war, haben wir genossen. Hieß das doch, dass unsere eigene Dusche trocken blieb, und wir auch weniger Wasser nachfüllen mussten.

Der Ecola State Park liegt auf einem steilen Felsen, und bietet fantastische Blicke über die Küste gen Süden. Nach all dem Regen und dem wechselhaften Wetter der letzten Tage und Wochen erscheint uns die fantastische Küste mit dem tollen Wetter dazu geradezu wie ein Traum. Wir beten heimlich, dass es so bleiben möge. Im nächsten Ort, Cannon Beach, machen wir einen ersten Strandspaziergang. Obwohl die Sonne scheint, ist es nicht warm. Das wird sich auch in den nächsten 11 Tagen nicht ändern.Unsere Jacken und meine unmögliche Wollmütze sind immer dabei!

Attraktion am Cannon Beach Strand ist der sog. Haystock Rock, auf dem die Gelbschopflunde leben, die Verwandten der Papageientaucher. Zu dieser Jahreszeit sehen wir sie leider nicht, dafür eine Vielzahl von Pelikanen, die dort an einer Flußmündung auf der Sandbank sitzen, und ihr Gefieder waschen und trocknen.

 Die Pelikane sind Hartmuts Lieblingsvögel, und so werden die ersten Fotos von diesen wunderbaren Vögeln gemacht, hunderte werden in den nächsten Tagen noch folgen.

Am Cannon Beach erkennen wir auch den Holzpavillon am Strand wieder, der sich mit einem bronzenen Seelöwen schmückt, und unter dem wir auch vor 19 Jahren gesessen haben.

Hinter Manzanita biegen wir zum Nehalem State Park ab, um dort zu übernachten, für mich einer der schönsten Campingplätze in traumhafter Umgebung.

10.10.2013  Brauchen mal wieder einen Tag Pause. Das Wetter ist auch noch nicht so toll, also beschließen wir, zu bleiben, um unsere Web-site zu aktualisieren. Eigentlich wollte ich mit den Berichten unserer Web-site etwas lockerer umgehen, mehr Pausen zwischendrin, kürzer schreiben, usw…. Auf der anderen Seite will ich nicht nur beschreiben, wo wir gerade sind, sondern auch einige Informationen darüber geben, was es dort an schönen Dingen zu sehen und zu erleben gibt. Ab und an leiste ich mir deshalb einen „Schreib-Vormittag“, und wir kommen dann meistens an dem Tag gar nicht zum Fahren.

Heute also Pause im Nehalem State Park, für mich im Nachhinein der schönste Platz an der Küste Oregons. Der Park  liegt inmitten ausgedehnter Dünen auf einer Kilometer langen Nehrung: auf der einen Seite, direkt am Campingplatz, liegen  breite Sandstrände, auf der anderen Seite befinden sich die Sandbänke des Nehalem River, durch die Mitte der Nehrung führt ein Weg für Wanderer und Reiter. Der Campingplatz hat nämlich auch ein Extra-Areal für Pferdeliebhaber reserviert, die dort zusammen mit ihren Pferden Urlaubmachen können. Solche Plätze findet man in Europa wohl kaum, vielleicht ausgenommen ein paar handverlesene, teure Plätze der Luxusklasse.

Nach getaner Arbeit geht es an den Strand, obwohl es bedeckt und windig ist. Trotzdem ist es wunderschön: wir werden durchgepustet, und beobachten mit den Ferngläsern Pelikane  beim Fischfang. Ein großer Fischschwarm bewegt sich, aufgeschreckt durch viel Getöse und Flügelschläge, an die Wasseroberfläche. Wenn die ersten Fischflossen auf der Wasseroberfläche tanzen, fliegen die Pelikane erst hoch, um dann senkrecht ins Wasser zu schießen, um einen Fisch zu erbeuten. Auch andere Seevögel beteiligen sich an der Jagd, einfach ein faszinierendes Schauspiel. So haben wir das noch nie beobachtet.

11.10.2013 Heute fahren wir bei schönstem Wetter weiter. Wir sind bester Stimmung, denn die Sonne soll auch in den nächsten Tagen scheinen. Als wir fast um die ganze Nehalem Bucht herum gefahren sind, entdecke ich auf den Sandbänken des Nehalem River eine größere Anzahl von Seehunden. Sie müssten eigentlich, wenn man auf die Nehrung zurückfährt, von dort aus zu Fuß zu erreichen sein. Wir düsen zurück, parken unser WoMo  an der Flußseite der Nehrung, und laufen los, richtung Mündung. Das Ganze wird eine anstrengende Geschichte, weil  die Ufer des Flusses teilweise aus weichem Schlamm, teilweise aus dichtem Gestrüpp besteht, einen Wanderweg scheint es nicht zu geben. Endlich, als wir schon aufgeben wollen, erblicken wir unsere Seehundgruppe. Wir lassen uns am Strand nieder, und zücken unsere Ferngläser. Es macht einfach Spaß. Jeder Seehund sieht etwas anders aus, es wird sich gekratzt und geschubst, ab und zu gleitet ein Seehund ins Wasser, um sich abzukühlen. Ich rutsche auf dem Po immer ein Stück weiter heran, bis die Seehunde die Faxen dicke haben, und, einer nach dem anderen im Wasser verschwinden

Auf dem Rückweg quer durch die Nehrung finden wir nicht nur den beschriebenen Wanderpfad, sondern gleich noch  5 riesige Steinpilze, die zusammen 2 Kilogramm wiegen, alle taufrisch und madenfrei!  Nach einiger „Latscherei“, aber glücklich und zufrieden, landen wir wieder auf unserem gestrigen Campingplatz. Wir müssen uns  dort einen anderen Platz suchen, weil ein Club der „Kleinst-Wohnanhänger“ aus Oregon  einen ganzen Loop belegt hat. Wir kommen ins Gespräch.“ Nein“, meint eine Frau in unserem Alter,“ mehr Platz brauchen wir nicht, und außerdem sind wir viel mehr draußen, als die Leute mit ihren riesigen  Kisten“! Ach Gott, wie sympathisch, dass es solche Leute in Amerika auch gibt! Als  I-Tüpfelchen des Tages kommt plötzlich den Weg herangerollt, Familie Blatt aus Heppenheim, mit der wir einen schönen Nachmittag am Salmon-Gletscher in Kanada verbracht haben. Großes Hallo, und dann wird die Pilzpfanne in Angriff genommen. Familie Blatt hat da den heißen Tip von einem amerikanischen Pilzsammler  bekommen, nämlich die sehr klein geschnittenen Pilze in einer trockenen Pfanne ohne Fett so anzubraten, dass sie leicht angeröstet sind. Erst dann einen Hauch guten Olivenöls und, je nach Geschmack, etwas Knoblauch oder Schalotte /Zwiebel dazu geben.es wird eine lange Küchensitzung, ein Kilo Pilze müssen schließlich erst mal fein geschnitten sein. Später gibt es noch einen schönen Abend bei uns im WoMo, denn draußen sitzen ist nicht mehr, es ist schließlich schon fast Mitte Oktober.

Der Kampf mit dem Krebs.
Der Kampf mit dem Krebs.

12.10.2013 Heute geht es nun doch weiter. Ich trenne mich ungern von diesem wunderbaren Platz. Obwohl einige von den gefundenen Pilzen vom Vortag als nächstes Abendessen mit auf Reisen gehen, finde ich an der Ausfahrt noch 4 weitere Exemplare in Monstergröße, leckere Stein- und Butterpilze. Auf dem Weg nach Tillamook können wir einem Reklameschild nicht widerstehen, und verputzen einen frisch im Nehalem River gefangenen Krebs.

In Tillamook steht die große Käsefabrik, deren Käse man in jedem Supermarkt der USA kaufen kann. Wir folgen der Herde von Besuchern in das Gebäude, und erleben, wie man aus Käse eine ganz besonders gewinnträchtige Angelegenheit machen kann, mit einer Probiertheke, vielen kulinarischen „Drum herum Artikeln,“ einer Cafeteria, sowie einer gigantischen Speiseeis-Theke. Die Amerikaner sind eisversessen. Aber Eis pur reicht natürlich nicht, erst das, was man noch obendrauf packen kann, bringt es, also allerhand Süßkram, gestreußelt und gegossen. Wir bestellen ganz bescheiden „Frozen Joghurt“, in der Hoffnung mit ein paar Kalorien weniger davon zu kommen, aber allein mit einer Kugel hätte man eine Großfamilie versorgen können!

Anschließend machen wir uns auf, und fahren in Richtung des Three Cape Scenic Drive, einer Umgehungsroute direkt an der Küste entlang, die dann wieder auf die 101 einmündet. Am wunderbaren Strand von Cape Meare machen wir wieder einen wunderbaren Spaziergang, bevor wir auf dem Parkplatz Familie Blatt wieder treffen. Blatts wollen hier in der Nähe übernachten, wir fahren weiter zum Cape Lookout State Park, der einen Campingplatz direkt am Strand betreibt. Nach einem kühlen, aber wunderschönen Sonnenuntergang krabbeln wir in unsere Koje.

13.10.2013 Heute ist Geburtstagswetter, mein sechsundsechzigster! Beim Frühstück stehen plötzlich die Blatts vor dem WoMo, und gratulieren mit einem Blumentopf, wie lieb von Ihnen. Sie verabschieden sich dann aber recht schnell, weil sie dringend in den Süden fahren wollen. Brigitte Blatt verträgt das feuchte und durchaus kalte Seeklima nicht so gut. Wir telefonieren mit unserer Familie, und meine Enkelsöhne singen ein Geburtstagslied. Wir verbringen einen zauberhaften sonnigen Tag, in dem wir den Three Cape Scenic Drive abfahren, einen Strandspaziergang machen, viele, viele Seehunde und tausende von hier überwinternden Pelikanen beobachten,  essen gehen und mal richtig in einem Cafe  Kaffee und Kuchen bestellen. Den wunderbaren Tag beschließen wir im Fifthwheeler der Familie Offort aus Ontario, die wir am Strand beim Sonnenuntergang getroffen haben. Zum ersten Mal sitzen wir auf Plüschsesseln in so einem Monster-Wohnmobil, in dem man eine Fußballmannschaft locker unterbringen könnte. Zum Glück sind die Offorts ganz reizende Leute, und wir unterhalten uns auch deshalb lieber über Qualitätsweine, statt über Benzinpreise und  Zerstörung der Atmosphäre durch Autoabgase.

15.10.2013 Der gestrige Tag ist ohne rechte Höhepunkte vergangen. Wir haben es uns angewöhnt, immer  erst einen Strandspaziergang zu machen, so auch gestern. Am Abend haben wir dann im Beverly Beach State Park übernachtet, der tief in eine Schlucht hinein reicht. Am Abend war es hier dann wirklich rabenschwarz, bevor der Mond kam. Heute nun scheint die Sonne wieder vom wolkenlosen Himmel. Wir sind uns einig: die Entscheidung, trotz  der sehr unsicheren Wetterlage, an der Küste entlang zu fahren, war goldrichtig. Aber es hätte genauso gut verkehrt sein können. Wir fahren Richtung Newport, wo ich einen Optiker finden muss, der meine Brille repariert, und Hartmut ein Geschäft, in dem er mein Geburtstagsgeschenk endlich findet. Vorher jedoch steuern wir die Yaquina Head Outstanding Natural Area bei Agate Beach  nördlich von Newport an.  Das Areal umfasst eine Halbinsel auf einem Felsen, an dessen äußerster Spitze sich ein stillgelegter Leuchtturm befindet. Wegen des government shut downs ist die Zufahrt versperrt, aber wozu hat man Füße. Auf dem Gelände führen Pfade direkt zum Wasser hinunter, wo man in sog. „tide pools“ die kleinsten Meeresbewohner, wie Seesterne, Muscheln, Krabben und Salzwasserpflanzen  studieren kann. An anderer Stelle planschen Seehunde in Sichtweite, an den oberen Aussichtspunkten kann man Pelikane, Kormorane,  Möwen,  Seeschwalben, Murres, und noch viele andere Seevögel beobachten.

Wir verbuchen den ausgedehnten Spaziergang als heutige Wanderung, und laufen Newport ein, wo wir weder die Brille repariert bekommen, noch mein Geschenk ( von dem ich immer noch nicht weiß, was es ist) erstehen können, und beschließen, zum Hafen zu fahren, wo es laut Reiseführer Seelöwen „zum Anfassen“ gibt, da sie sich dort auf den schwimmenden Holzdocks herumlümmeln. Nach einem ausgezeichneten Fischessen in der warmen Sonne brauchen wir nur dem Gebelle folgen, und da liegen etwa 10  Exemplare der kalifornischen Seelöwenmännchen, die hier in Nordkalifornien überwintern. Vom Geländer aus braucht es  3 bis 4 Armlängen, um sie am Bart zupfen zu können (was wir aber tunlichst unterlassen), wir stehen und staunen. Die Tiere gleiten immer mal wieder ins Wasser, und wir können sehen, wie wunderbar sie sich in ihrem Element bewegen. Wenn einer von ihnen seinen ursprünglichen Platz auf den Planken wieder einnehmen will, gibt es heftige Rangeleien und lautes Gebell. So was kann man in keinem Zoo der Welt sehen.  Auf dem Parkplatz eines Supermarktes treffen wir mal wieder Langzeitfahrer aus Deutschland, die mit einem Iveco plus Woelcke-Kabine unterwegs sind. Sie wollen sich am Abend in Coos Bay auf dem dortigen Walmart – Parkplatz  mit einem weiteren deutschen Paar treffen. Wir sind irritiert: bis Coos Bay sind es etwa 160 Kilometer. Wenn schon Kilometer gemacht werden müssen, dann doch nicht an dieser schönen Küste bei diesem tollen Wetter. Wir beschließen den Tag mit einem Glas Wein am Strand des Beachside State Park.

23.10.2013 Wir sind seit gestern in Kalifornien, genau gesagt, stehen wir heute auf einem RV Park am Jedediah Smith Redwood State Park, in dem wir gestern eine lange, wunderbare Wanderung unternommen haben.

Viel ließe sich noch von den letzten Tagen an der Oregon Küste erzählen, von der wunderbaren Dünenlandschaft  in der Oregon Dunes National Recreation Area, vom unvergesslichen Anblick von bestimmt über tausend Stellar Sea Lions und California Sea Lions, die nur ca. 2 Kilometer südlich des Cape Arago State Park auf den Shell Islands überwintern, von wunderbaren Aussichtspunkten hoch über der Küste, vom Seenebel, der alles einhüllt, und nur die Spitzen der  vorgelagerten Felsen in der Brandung sichtbar werden ließ, vom Devils  Punchhole,  einer Felsspalte, in die bei Hochflut das Wasser mit beängstigender Kraft hineindonnert, die Liste lies  sich um noch viele Höhepunkte verlängern. Aber das würde den Rahmen dieser Website ja sprengen.

Aber Bilder zumindest wollen wir noch zeigen.