Am 06.03. „hüten“ wir unsere beiden Enkelkinder (3 und 5 Jahre), d.h. wir holen sie vom Kindergarten ab und fahren (da es endlich mal etwas wärmer ist) zu einem Spielplatz in Heidelberg Ziegelhausen. Wir alle waren noch so gar nicht mit dem Spielplatzgeschehen warm geworden, als Marion einen Begrenzungsstein eines Beetes übersieht und sich ganz furchtbar ihr rechtes Fußgelenk verknackst. Binnen zwei Minuten ist das Gelenk schon mächtig angeschwollen und Marion weint vor Schmerzen. Der ganze Fuß wird blau und sie kann ihn nicht mal ansatzweise aufsetzen. Ich (Harmut) sammele alle ein (Kinder und Marion) und wir fahren zur Atosklinik in Heidelberg. Der Fuß wird geröntgt (zum Glück ist nichts gebrochen), aber für eine MRT-Untersuchung ist er deutlich zu sehr angeschwollen.
Die holen wir 5 Tage später nach. Es ist zum Glück auch kein Kapselriss, aber zwei Seitenbänder sind abgerissen. In den folgenden Tagen kühlt Marion den ganzen Tag den Fuß mit Eis und allen möglichen Kräutertinkturen, in der Hoffnung, dass er bis zum Beginn der Reise zumindest soweit abschwillt, dass sie etwas beweglich ist. Der komplette Fuß ist blau und nimmt im Laufe der nächsten Tage recht interessante Farben an. Sie muss den Fuß möglichst schonen und fällt deshalb für die weiteren Reisevorbereitungen so ziemlich aus. Deshalb sind wir nicht (wie geplant) schon 1 bis 2 Tage vor der Abreise fertig, sondern müssen bis zum letzten Tag durcharbeiten.
19.03.2013 Der letzte Tag in Heidelberg. Morgens habe ich noch den Steuerausgleich 2012 fertig gemacht (die letzten Zuckungen, ich brauche immer etwas Druck, ehe ich solch ungeliebten Sachen erledige). Dann räume ich (endlich) mein Arbeitszimmer auf und sauge/putze den Rest des Hauses. Nachmittags melde ich den Golf ab und erst dann kommen wir beide dazu, all unsere Sachen in einen Seesack zu verpacken.
Wir decken diverse Möbelstücke mit Decken ab und hängen ein Nesseltuch vor das Balkonfenster (wegen der Sonne). Den ganzen Tag klingelt das Telefon und Freunde wollen sich verabschieden. Abends verabschieden wir uns noch von unseren Nachbarn. Es wird 10 Uhr abends, bis wir endlich mit allem soweit fertig sind und ins Bett sinken.
20.03.2013 Der Tag der Abreise. Morgens noch den Rest aufräumen und dann verlade ich Marion und das Gepäck mit dem Auto des Sohnes zum S-Bahnhof. Um 9:25 geht es dann mit der S-Bahn los. Marion hat am Tag zuvor einen Rollstuhltransport für den Weg vom Bahnhof zum Flugsteig angemeldet. Und so wird sie als VIP-Person die Kilometer durch den Flughafen bis zum Abflugterminal geschoben. Auch die Grenzkontrolle ist eine VIP-Kontrolle, da es einen Extraschalter nur für solch behinderte Personen. wie Marion ist. Am Terminal selber warten wir dann auf den Abflug.
Der Flug verläuft ruhig. Marion macht unentwegt kalte Wickel, legt den Fuß auf ein Dreibein und achtet wie ein Schießhund darauf, dass keiner dranstößt. In New York am Flughafen steht schon der nächste Rollstuhl bereit. Da der Flieger noch mehr „Kranke“ an Bord hatte, setzt sich eine Kavalkade von Rollstühlen in Richtung Pass- und Zollkontrolle in Bewegung. Wir werden zügig abgefertigt und sind im Husch durch. Das können wir erst richtig würdigen, als wir beim Abholen des Womos von Schweizer Wohnmobilisten erfahren, dass diese bei der Einreise zweimal nur noch in Unterwäsche da standen und zusätzlich Hautproben genommen wurden. Da kann man in Anlehnung an Obelix berühmten Ausspruch : „Die spinnen, die Römer!“ das gleiche von den Amerikanern sagen.
Nach anstrengender Stop and go-Fahrt gibt es für uns nur noch eine Dusche und das Hotel-Bett (Hotel Nyama, direkt beim Empire State Building).
21. bis 23.03.2013 Der New York-Aufenthalt: An eine Besichtigung per Fuß ist nicht zu denken. Marion humpelt bei jedem Schritt und kommt nur sehr langsam voran. Schnell tut der Fuß dann auch wieder weh und wird dicker, so dass nur „bewegungslose“ Besichtigungsweisen möglich sind. Das gilt auch für mich (Hartmut), da ich sie nicht alleine im Hotelzimmer zurücklassen möchte.
Eine "bewegungsfreie Besichtigungstour" ist z.B. eine Sight-Seeing-Tour mit einem Bus (grey line). Schon der Weg zur Bushaltestelle (zwei Blocks) strengt Marion ziemlich an. Es wird noch dauern, bis wir beide zu Fuß durch die Landschaft ziehen können. Die untere Busetage ist beheizt. Dafür sind Werbeschilder über die Fenster geklebt, sodass man durch ein Karomuster hindurch schauen muss und fast nichts sehen kann. Die obere Etage ist eigentlich offen. Nur über die vordere Hälfte wurde ein provisorisches Plexiglasdach befestigt. Außentemperatur ca 2 °C +. Oben pfeift es wie auf der Skipiste, deshalb verzieht sich Marion bald nach unten und beschaut die Handelsmetropole der USA durch die klein gemusterte Fensterscheibe. Hartmut hält es oben aus und macht viele Bilder. Am Ende ist er aber total ausgekühlt.
Am zweiten Tag wird erst einmal in einem Sportgeschäft eine lange Wollunterhose für Marion erstanden. Die dicke „Fahrtenhose“ ist halt im Womo. Mit solch kalten Temperaturen haben wir nicht gerechnet. Den Nachmittag über bleibt Marion im Hotel, der Fuß braucht Kühlung. Hartmut macht noch einmal die Sight-Seeing-Tour mit dem Bus und steigt dann am Uno-Gebäude aus. Er tingelt dann zu Fuß (mit vielen Bildern) durch die Straßen bis zum Hotel.
Auch der dritte Tag ist wieder lausekalt. Eine andere Art der bewegungsarmen New York Besichtigung ist eine Bootstour rund um Manhattan. Genau die machen wir deshalb. Hartmut sitzt fast die ganze Zeit draußen in der Kälte (und macht wieder Bilder), während sich Marion bald ins warme Innere verzieht. Es scheint teilweise die Sonne, so dass ein Gefühl der Wärme auftreten kann, in Wirklichkeit ist es aber nur knapp über Null und der Wind pfeift.
Danach geht’s zum Empire State Building, es steht ja gleich um die Ecke beim Hotel. Für Marion ist es eine Erstbesteigung, Hartmut war schon mal vor unendlich langer Zeit oben. Es macht Mut, dass vor dem Gebäude keine Schlange steht. Das ändert sich drinnen aber sofort. Wir stehen endlos (Marion sitzt auf dem Dreibein) und winden uns langsam durch diverse Räume an der Kasse vorbei (wir erhalten den Rentnerobulus) und dann weiter durch diverse Räume Richtung Fahrstühle. Irgendwann geht dann gar nichts mehr, alles steht und wartet auf die Dinge, die da kommen sollen. Endlich erfahren wir, dass es im 70. Stockwerk gebrannt hat. Da ein brennendes Hochhaus nicht so gerade unser Besichtigungswunsch entspricht, wollen wir umkehren und unser Eintrittsgeld zurückverlangen.
Eine Bedienstete klärt uns dann aber auf, dass der Brand mittlerweile gelöscht sei und es jetzt gleich weiter gehe. Marions humpeln ermuntert sie dann dazu, uns direkt zu den Expressfahrstühlen durchzulassen (die normalerweise einen Extraobulus kosten), d.h. wir können praktisch ohne weitere Wartezeit hochfahren. Oben bewundern wir bei Sonnenschein und einem kalten pfeifenden Wind die fantastische Ausschicht auf New York. Die Blicke sind grandios und wir sind „ganz weit oben“.
Die drei New York Tage sind nicht so gerade das, was wir uns ursprünglich vorgenommen hatten. Die Hochhausschluchten wollen halt per Fuß erkundigt werden und auch das „shopping“ geht nur zu Fuß. Wichtiger war uns, dass Marion ihren Fuß weiter kühlt und möglichst wenig beansprucht, damit sie bald zumindest etwas laufen kann. Aber New York ist auf jeden Fall einen weiteren Besuch wert.
24. und 26. 03.2013 Abholen des Fahrzeugs: Mit dem Greyhound geht es die etwas über 300 km nach Baltimore und dann mit dem Taxi zu unserem Hotel. Es ist witzig, wie unterschiedlich die Hotels zu ihrer Internetpräzenz aussehen können. Im Internet hat das Hotel einen großzügigen Eingangsbereich und schönes Innere, alles wirkt edel und modern. In der Wirklichkeit ist davon noch nichts zu sehen, die Gänge sind lang und grau und das ganze Hotel ist im Umbau. Aber zumindest unser Zimmer ist gerade fertig geworden und sehr schön.
Am Morgen schauen wir aus dem Hotelfenster in eine weiße Wunderwelt hinaus. Es hat kräftig geschneit und draußen liegen so 10 cm an Neuschnee. Allerdings ist es einige Grad über 0°C warm, sodass die weiße Pracht sich schnell in Matsch verwandelt.
Wir leisten uns den Luxus einer „Autoabholbegleitung“ durch eine Frau Müller. Sie nimmt uns beim Händchen und fährt uns mitsamt dem Gepäck zur Spedition. Mit uns sind wir gemeint und ein Schweizer Pärchen (die Familie Bachmann-Müller aus Zürich), deren Wohnmobil zusammen mit unserem über Seabridge aus Hamburg verschickt wurde. Sie wollen 6 Monate durch die USA und Kanada reisen.
Wir kommen schon beim Frühstück miteinander ins Gespräch (natürlich) und schwimmen sofort in gemeinsamen Wohnmobil-Reisende-Dauergesprächen.
Bei der Spedition erfahren wir, dass wir binnen ein Jahr das Womo aus Nordamerika inkl. Mexiko ausführen müssen. Bislang war ich davon ausgegangen, dass wir ein Jahr exklusive Mexiko Zeit haben.
Allerdings dürfen wir nicht alleine in den Hafen, sondern wir müssen eine „Escort-Person“ mit pachten, die darauf achtet, dass wir im Hafengelände nichts Unerlaubtes tun. Zur besseren Kontrolle darf pro Womo auch nur eine Person mit aufs Hafengelände. Und da steht unser Womo im Schneematsch unversehrt. Beim Womo der Schweizer dagegen liegt ein Teil der hinteren Stoßstange mitsamt den Rücklichtern abgerissen auf dem Boden. Es dauert etwas, bis diverse Hafenleute deren Womo soweit flicken, bis sie losfahren können. Und dann verlassen wir den Hafen ohne jede Kontrolle. Was hätten wir alles an Lebensmittel einschmuggeln können. Es ist der totale Kontrast zu den Flughafen-Grenzformalitäten.
Wir fahren zu einem KOA-Campingplatz, den Seabridge als Erst-Campingplatz empfiehlt. Der Campingplatz liegt ganz reizvoll genau zwischen zwei Autobahnen, der Verkehr dröhnt und neben uns stehen lauter Monster-Womo’s. Man kann da schon Minderwertigkeitsprobleme bekommen mit unserem Mini-Womo. Für die Verschiffung habe ich den Pickup innen komplett leer geräumt und alles in der Kabine untergebracht. Deshalb müssen wir zum Schlafen Diverses umräumen. Außerdem ist es sinnvoll, wenn der Wassertank gefüllt wird. Zu spät bemerke ich, dass der Füllschlauch zum Wassertank vom Tankstutzen abgerutscht ist. So fülle ich alles Wasser ins Womo hinein, eine schöne Sch…. Der Schaden ist schnell geflickt, aber es dauert noch Tage, bis alles im Womo trocken ist.
Wir brauchen noch den ganzen zweiten Tag, um im Womo alles fertig zu verpacken, die wichtigsten Utensilien und Lebensmittel zu kaufen und beim AAA vor allem Campingplatzverzeichnisse für die USA und Kanada zu erstehen. Eigentlich wollen wir noch mit den Schweizern klönen, aber die haben den ganzen Tag gut zu tun, um den Schaden versicherungsmäßig abzuklären. Trotz aller Mühe haben sie bis abends praktisch nichts erreicht und sind vollkommen frustriert.
Obwohl Marion noch immer mehr humpelt als läuft, beschließen wir, Washington D.C. einen Besuch abzustatten, um wenigstens einmal vor dem Weißen Haus und dem Kongress ( größte Machtzentrale der Welt) zu stehen. Das Weiße Haus wirkt wie eine überdimensionale Villa, richtig nett mit viel Grün drum rum. Menschen aus aller Herren Länder zücken ihre Fotoapparate, oft auch nur ihre Handys. Wir bitten eine junge Frau, die mit ihrem Gerät sehr professionell umgeht, um ein Bild, Hartmut und Marion vor dem Weißen Haus. Auf mein Nachfragen hin erfahren wir, dass sie mit ihrer kleinen Reisegruppe aus der Mongolei gekommen ist. Mongolen mit Kamera in der Hand bei uns zu Hause? Da muss man wohl doch in die USA fliegen! Der imposante Kongress kann dagegen nicht darüber hinweg täuschen, dass er die größte Ansammlung politischer Querköpfe beherbergt. Bei der nachfolgenden Sigh-Seeing-Tour mit unserem Auto durch das Viertel der Museen tränen uns dann aber doch fast vor Bedauern ob entgangener Besichtigungs-Freuden die Augen.
Wir verlassen Washington D.C. am späten Nachmittag und beratschlagen die weitere Route. 4000km mal eben auf der linken Backe ab zu sitzen und zu fahren hält Marion für verfehlt. Der Smoky Mountain National Park lockt. Es soll der schönste Park im Osten und meistbesuchte überhaupt sein.
Davor jedoch liegt der Shendandoah National Park (der im Lonely Planet Reiseführer Amerikas Osten so hoch gelobt wird) und etliche Fahrmeilen dazwischen. Anmerkung zum Lonely Planet: für WOMO-Reisende nicht empfehlenswert, es fehlen Hinweise auf Übernachtungsplätze, um überhaupt etwas zu finden, irrt man minutenlang zwischen den Seiten hin und her.
Wir finden für den ersten Abend nach langem Suchen – ganz verheißungsvoll für den Anfang – einen State Park. Da er geschlossen ist, parken wir an der Seite, und werden prompt am späten Abend von irgendeinem der vielleicht selbsternannten Aufseher vertrieben. Nach nochmals vielen anstrengenden Kilometern in völliger Dunkelheit erbarmt sich ein Hotelmanager unser im nächsten Ort, wir dürfen hinterm Hotel nächtigen (leider steht das Hotel dicht bei einer vielbefahrenen Straße). Das bleibt jedoch vorerst die einzige Begegnung der unangenehmen Art. Aber die Suche nach Übernachtungsplätzen bleibt anstrengend. Im gesamten Osten der USA darf man nie frei übernachten (außer bei der Supermarkt-Kette Walmart). Die ausgewiesenen Plätze in State- und National Parks waren in Virginia jedoch alle noch geschlossen. Die privaten Plätze kann man getrost vergessen, es sei denn, man ist hochgradig schwerhörig. Sie liegen meistens direkt an den Interstates oder ähnlich befahrenen Straßen.
In Front Royal, dem Eingangsort des Shendandoah, reserviert uns der nette Herr im Info-Center ein Zimmer in einer Lodge, die etwa 100 km entfernt liegt. Angesichts kalter Temperaturen und geschlossener Campingplätze auch im National-Park die einzige Möglichkeit auf halbem Weg zu übernachten. Der Shenandoah ist ein über 300 km sich lang hinziehender, schmaler Höhenzug, dessen höchster Punkt bei besagter Lodge bei knapp über tausend Meter liegt. Die Parkverwaltung hat hunderte von Aussichtspunkten, alle direkt am „Skyline Drive“ gelegen, angelegt, so dass man jeweils nach Westen oder nach Osten weit ins Land gucken kann. Von der Straße zweigen dann Wanderwege und Campgrounds ab (die aber alle geschlossen sind). Im Frühling, Sommer und Herbst ein einmalig schöner Höhenweg .Jetzt aber schneit es sogar ein wenig, bei jedem Fotostop knattern die Hosen im steifen Wind. An der Lodge werden die letzten Schneeballschlachten des Winters ausgetragen. Wir verköstigen uns selbst und genießen den Sonnenuntergang durch das große Fenster des Zimmers auf unserem King Size Bett sitzend.
Am nächsten Morgen verzichten wir auf „american breakfast“ im großen Hauptgebäude, und kochen unseren eingeschmuggelten Espresso auf dem heimischen WOMO-Herd.
Dann geht es weiter.Bei der nächsten Abfahrt wollen wir den Park verlassen, denn es ist ja alles noch kahl, mit Schnee bedeckt, da hilft auch das erste, am Straßenrand gesichtete Stinktier nicht, das die ersten Sonnenstrahlen herausgelockt hat. Es geht weiter in Richtung Roanoke, einem Hauptort in Sichtweite der Appalachen. Es wird etwas wärmer, und Hartmut prognostiziert einen irren Wärmeschub für die nächsten Tage.
In der Stadt geht die Suche nach einem Übernachtungsplatz wieder los. Weder Campingplatz noch State Park sind in Reichweite. Auf Empfehlung einer netten Amerikanerin kehren wir erst mal in ein Edelrestaurant ein, welches die Bezeichnung tatsächlich verdient: die Amerikaner haben also neben fast food auch noch Anderes zu bieten. Dann folgen wir einer zweiten Empfehlung von ihr und fahren endlos lange über kleine Nebensträßchen durch die Pampa. Das NAVI führt uns bis an ein Flüsschen: dort endet die Straße zwangsweise, und wir haben die Nase voll, und bleiben genau dort auch stehen und betten unsere müden Häupter auf die Kissen.
Am nächsten Morgen geht es nach einem erneuten, kurzen Abstecher nach Roanoke endlich weiter.
Endlich weiter heißt in diesem Fall bis zur nächsten shopping mall, um hier eine 100$-Prepaidkarte für das Handy zu erstehen .In den nächsten Wochen wird das häufig so sein: mindestens ein Mal am Tag müssen wir ein shopping-center ansteuern, weil wir am Abend zuvor gemerkt haben, dass wir dies und das und jenes nicht eingepackt haben; kleine Auswahl gefällig: Haarwaschmittel, Tesafilm, Topfdeckel ,Bodenwischtücher, Küchenlappen, Briefpapier und Briefmarken ,Spülmittel ,Stifte. Nun möchte man meinen, dass man solche Dinge recht schnell findet, aber weit gefehlt: allein für den Topfdeckel klappern wir Geschäfte wie Dollar Tree ,Family Dollar und Dollar One ab. Natürlich wissen wir, dass unsere Excursionen von Tag zu Tag weniger werden, aber im Moment gibt es immer noch was zu besorgen.
Inzwischen sind wir in Tennessee und steuern am Abend in der Mt.Rogers Recreation Area einen Campingplatz an. Lange fahren wir durch endlose, noch kahle Wälder, die jedoch mit meterhohen Rhododendronbüschen bedeckt sind. Wir stellen uns vor, wie es hier zur Blütezeit aussehen muss. Auf Anfrage hin dürfen wir vor dem noch geschlossenen Platz übernachten.
Der Ostersonntag wird mit Regen und nochmals Regen eingeläutet. Wir fahren durch Abington, der im Reiseführer als sehr hübscher, alter Ort ausgewiesen ist. Die „Main Road“ säumen wirklich schöne, alte Holzhäuser aus dem 19. Jahrhundert. Mit einem Telefonat nach Heidelberg checken wir ab, ob unsere „Ostereier“ ( Bücher) bei unseren Enkeln Linus und Mattis auch gut „angekommen“ sind. Das Wetter ist auch zu Hause nicht so grandios. Wir werden noch von Kirchgängern, die gerade eine der in allen Städten und Gemeinden zahlreichen Kirchen verlassen, freundlich gegrüßt, und verlassen den Ort Richtung Nashville. Wir fahren durch eine hügelige, stark bewaldete Landschaft mit vielen Stauseen. Vor Nashville steuern wir eine „Recreation Area“ an, die dort auch einen Campground besitzt. Der „Camp-host“, so eine Art Platzwart, schüttelt den Kopf, als wir um Einlass bitten .Wir könnten am nächsten Morgen anreisen, das wäre der offizielle Eröffnungstag. Als wir darum bitten, vielleicht vor dem Tor an der Seite das WOMO für die Nacht zu parken, weist er auf das Schild am Tor hin: no parking allowed. Verärgert machen wir uns auf den Weg zu einem State Park, der schon geöffnet sein soll. Dort stehen wir auf einer Wiese, und haben Besuch von drei Truthähnen, die den Weg kreuzen unmittelbarer. Wir sind übrigens gar nicht so sicher, ob wir hier mit unserer Weinflasche rein dürfen, denn am Eingang weist ein Schild darauf hin, dass dieser State Park waffen- und alkoholfrei sei.
Um die Möglichkeit zu haben, eventuell am Abend in Nashville Life-Musik hören zu können, steuern wir vor Ort einen kommerziellen Platz an, einen von vielen Plätzen, die alle direkt an der Interstate 40 liegen. Beim Aussteigen dröhnt es ohrenbetäubend von der Interstate herüber .Scheinbar unbeeindruckt vom Lärmteppich übernachten hier die Amerikaner in ihren riesigen, 12 bis 15 Meter langen Campern, mal als kompletter Bus, mal als Wohnanhänger von einem Pick-Up gezogen, fast immer mit „Zweit-Auto“ hinten dran. Wir staunen über den Gleichmut und die Schwerhörigkeit der Amis, die Amis staunen über unser Mini-Gefährt.
Wir vertagen erst Mal unsere Entscheidung, wo wir gegebenenfalls bleiben, und nehmen Kurs auf die Down Town von Nashville: ein paar Wolkenkratzer, daneben eine Straße, wie aus den zwanziger Jahren, in denen schon am Vormittag das (Musik)Leben tobt. Alles, was das Touristenherz begehrt, ist hier zu haben: Cowboystiefel,- und –Hüte, Süßkram, abgrundtief hässliche und skurrile Souvenirs und CDs. Auf ein paar hundert Metern verteilt spielen in den Bars und Restaurants Lifebands Countrymusic vom Feinsten. Wir setzen uns in eine der Bars und hören einer recht guten Band zu.
Die drei gestandenen Jungs spielen nicht nur gut, sie wissen auch, wie man Touristen so unterhält, dass diese beim Verlassen der Lokalität noch einen ordentlichen „tip“ in den Plastikbecher am Eingang schmeißen. Nach dem Erwerb von einigen CDs (endlich mal Johnny Cash!!) verlassen wir Nashville. Wir fahren etwa 50 km in Richtung Memphis und übernachten hier auf einem sehr ruhig gelegenen State Park Campground.
Nachfolgend einige Bilder von Down Town Nashville, ein Musik-Disneyland zwischen Wolkenkratzern.
Am 02.04.13 kommen wir an einem frühen Dienstag Nachmittag im kalten und regnerischen Memphis an, Anziehungspunkt für Elvis-Fans aus aller Welt. Wir folgen einem Tip aus dem Lonely Planet Reiseführer und essen Hähnchen in einem Lokal, in dem angeblich die besten Hähnchen der Welt serviert werden. Der Lonely Planet „Amerika – die Ostküste“ ist von Amerikanern geschrieben worden, entsprechend enthusiastisch fallen auch immer die Gastro-Tips aus. Aber in diesem Fall: lecker, lecker ,lecker!!! Dann machen wir bei strömendem Regen Sight-Seeing wie die Amerikaner, im Auto; bei dem Wetter bleibt uns ja auch nichts Anderes übrig. Das erste Mal stehen wir am Mississippi, am Ufer dümpeln die Pseudo-Raddampfer. Einmal noch über eine lange Brücke über die Grenze nach Arkansas gehüpft, dann fahren wir zur wohlverdienten Nachtruhe in den nahen State Park, von außen recht hübsch anzusehen. Ab 23.00 aber ziehen im Minutentakt in etwa 300 mtr. Höhe Postflieger über unsere Häupter hinweg, bis ein Uhr am Morgen. Da hilft auch kein Ohropax.
Am nächsten Tag besuchen wir die Down Town von Memphis, oder vielmehr das, was davon noch übrig geblieben ist: eine leere Stadt, mit vergammelten, leerstehenden Gebäuden, kaputtem Pflaster.
Eindrucksvoll der Besuch im Memphis Rock`nSoul Museum. Hier wird anhand von Bild- und viel Tonmaterial die Verschmelzung der Musik der Schwarzen und der weißen Siedler im Mississippi-Delta bis hin zur Rockmusik beschrieben. Hier lassen wir uns alle Zeit der Welt. Danach folgt ein kurzer Abstecher zur Gibson-Gitarren-Fabrik, wo die preiswertesten Modelle so um die 3000$ kosten. An der berühmten Beale Street schließlich bewundern wir noch die ins Pflaster eingelassenen Namen früherer Musikgrößen. Auf dem Weg zur Interstate noch ein schneller Blick auf „Graceland“, die ehemalige Residenz und Grabstätte von Elvis . Alles kostet hier viele, viele Dollars, und angesichts der überdimensionierten Parkplätze haben wir den Eindruck, dass wir gerade einen Blick auf eine riesige Gelddruckmaschine werfen: bloß weg hier!
Und hier die Bilder von Memphis. Eine Öde in der Down Town, dazwischen die Gibson Gitarrenfabrik. Einzig die Beale Street mit ihren Musikschuppen verspricht etwas Leben. Aber auch hier sind einige Häuser nur Fassade. Was ist aus Memphis geworden!
04.04.13 Wieder ein Fahrtag durch Arkansas. Am Abend übernachten wir dann schon im Okmulgi State Park in Oklahoma, an einem See gelegen. Wir sind etwas genervt. Für ein Telefonat nach Hause haben wir nicht rechtzeitig ein offenes W-LAN gefunden, die Jagd nach einem Topfdeckel verlief ergebnislos, und kostete viel Zeit. Eigentlich glaubten wir, gut ausgestattet zu sein für unsere Tour. Nun merken wir, dass es vergessene Kleinigkeiten sind, die uns viel Zeit kosten. Ob es eine Telefon-Chipkarte ist, Wischlappen, Spülmittel, ein zusätzliches Handtuch, ein Schreibblock oder Briefmarken, alles will erst mal gefunden werden: müssen wir nun für den Erwerb einer ‚Flaschenbürste zu Dollar Tree, Dollar One oder Family Dollar?
In den Supermärkten traben wir, so schnell uns die Füße tragen, die Reihen ab, immer in der Hoffnung, etwas Brauchbares zu finden. Mittlerweile aber hat sich die Lage beruhigt: wir wissen, dass man in den USA mit viel Spürsinn (und ab und an hilft Kommissar Zufall) auch ordentliche Lebensmittel bekommt und das man Kekse einfach nicht essen sollte! Wir sind wirklich schockiert vom Anblick der Schwergewichte, die in den Supermärkten alles in die Wägen laden, was dick macht. Junge Frauen, die so korpulent sind, dass sie, ihre kleinen Kinder auf dem Schoß, auf Elektrowagen durch die Märkte fahren. Unsere Vorstellungen, was dick bedeutet, müssen wir hier revidieren: dick ist hier erst Jemand, wenn er mindestens 300 Pfund auf die Waage bringt.
06.04.13 Nach einer Übernachtung an einem Stausee, noch in Oklahoma, nehmen wir heute Texas unter die Räder .Links und rechts der Interstate ist die Landschaft potteben und menschenleer. Erst in New Mexico wird die Landschaft wieder reizvoller, und wir übernachten im Ute Lake State Park sehr ruhig. Der Park hat offenes W-LAN, und wir können mit Patrick telefonieren. Zu Hause ist alles ok. Die Enkel sind auf der Walz, bei Freunden, wie schön dass sie mehr und mehr selbstständig werden.
Auf der Autobahn sind wir das langsamste Fahrzeug. Selbst die Riesen-LKW ziehen mit 115 - 120 km/h an uns vorbei.
07.4.13 Ein heftiger Wind lässt uns nach Albuquerque, der größten Stadt New Mexicos mehr schaukeln als fahren. Die Kilometeranzeige zeigt uns von Baltimore bis Albuquerque 3.975 km an. Der Ort liegt in einem Hochgebirgstal, und breitet sich wie eine Krake in alle Richtungen aus, durchzogen von Interstates und mehrspurigen Highways. Nach mühsamer Suche mit dem Finger auf dem Autoatlas finden wir außerhalb von Albuquerque ein „State Monument“ mit angeschlossenem Campground. Der eigentliche Platz ist belegt und weist den Weg zum sog. „Overflow Campground“, ca 100 mtr. weiter, direkt am Rio Grande (den wir aufgrund von wenig Wasser gar nicht sehen). Der Platz ist in dieser großen Stadt ein Glücksfall, obwohl der nahegelegene Highway beständig vor sich hin rauscht, können wir sogar ohne Ohropax schlafen, allein auf weiter Flur.
Wider Erwarten bleiben wir 4 Nächte auf diesem Platz. Zum einen wollen wir unsere Web-Seite auf Vordermann bringen, zum anderen besuchen wir Santa Fee, und kaufen Kleinteile, wie zum Beispiel bestimmte Batterien und Bio-Gemüsebrühe in einem Bio-Supermarkt (ein echter Glücksfall für die Hausfrau!) Santa Fee ist wunderschön, ein einziger Andenkenladen im Adobe-Baustil. Aber die Landschaft drum herum mit immer noch schneebedeckten Bergen ist grandios. Das Wetter kann sich nicht so recht entscheiden, und schwankt zwischen Schnee und Staubsturm, alles in allem immer noch lausekalt.
Anbei Bilder von Santa Fe
10.04.13 Heute wollen wir nun nach erfolgreicher Durchquerung der USA von Ost nach West endlich unsere eigentliche Tour beginnen. Der Tag beginnt verheißungsvoll mit blauem Himmel. Nach dem Erwerb eines Paar Teva-Sandalen für Hartmut (irgendetwas muss immer noch besorgt werden), machen wir uns auf den Weg weiter gen Westen, nunmehr jedoch im „Urlaubs-Modus“, will heißen, kürzere Strecken, früheres Pausieren, usw.). Aber das Schicksal ist uns heute nicht hold. Nach ca. 60 km haben wir eine klassische Reifenpanne. Hartmut muss den Ersatzreifen gar von der Befestigungskette sägen, so ungeschickt haben die Werkstattleute ihn angebracht. Wir wuchten den defekten Reifen ins Womo und fahren zurück nach Albuquerque. Nach einigen frustrierenden Versuchen, eine Werkstatt oder einen Reifendienst zu finden, haben wir doch noch Glück, und „Tire-Discount“ hat den passenden Reifen auf Lager (der Nagel saß so unglücklich an der Reifenflanke, dass der Reifen nicht geflickt werden konnte) , wechselt und entsorgt den kaputten Reifen, wuchtet alle fünf noch mal gründlich aus für einen moderaten Preis. Doch noch Glück im Unglück gehabt: wäre uns das in der „Pampa“ passiert!!!
Der Ranger an unserem alten Campround staunt nicht schlecht, als wir am nächsten Morgen nochmals zum Bezahlen bei ihm erscheinen. Nachdem wir den Platz nun zum zweiten Mal „endgültig“ verlassen haben, schauen wir uns an: Das Reiseabenteuer soll doch, bitte schön, nun endlich beginnen, ohne eine einzige Reifenpanne in den nächsten zwei oder drei Jahren. Amerika, wir kommen!!!