Zusammenfassung 19.03. bis 02.04.2016:  Vom Vulkan Osorno aus machen wir einen Abstecher zum See Todos Los Santos. Es ist Wochenende und die Sonne scheint von einem wolkenlosen Himmel, trotzdem finden wir dort einen einsamen Parkplatz mit tollem Blick auf den See, eigentlich ein wunderschöner Übernachtungsplatz. Wir aber fahren weiter zum kleine Weiler Ladrillos an einem Fjord liegend. Direkt am Wasser finden wir keinen Platz, aber ein Stück zurück gibt es einen Waldplatz neben der Straße.

Jetzt geht es wieder zum See LLanquihue, dem zweitgrößten See in Chile. Der Ort Puertos Varas ist eine deutsche Enklave in Chile. Hier bleiben wir im Hostal Compas del Sur finden wir eine Bleibe, auch wenn sie deutlich zu teuer ist.

In Puerto Montt beginnt die Carretera Austral und ein Stück weiter südlich liegt der Pumalinpark des Amerikaners Tomkins, dort wollen wir hin. In Puerto Montt lassen wir bei einem Reifenhändler die Räder wechseln (die Hinterrräder nach vorne und die Vorderräder nach hinten), dann geht es gen Süden. Ein Zwischenstopp im Hostal Campo Santy, dann geht es über eine Kurzfähre bei Arenas zur nächsten Halbinsel. Dort sind es 50 km bis Hornopiren, wo wir am Strand im Ort übernachten.

Die zweite Fähre dauert 3 1/2 h, es ist eine tolle Fjordfahrt zuerst bei Regenwetter, dann bei immer schöner werdendem Wetter entlang unglaublich steiler und hoher Berge. Über 10 km müssen wir per Gravelroad eine weiteer Halbinsel queren, bis es mit der letzten Fähre zur Caleta Gonzales geht, wir sind endlich im berühmten Pumalinipark des Amerikaners Tomkins angekommen. Auch diese letzte Fähre geht durch eine fantastische Bergwelt mit Wäldern und Gletschern, die Berge direkt beim Wasser sind teilweise über 2000 m hoch. Der Pumalinpark ist eines der Highlights unserer gesamten Tour und wir bleiben drei Nächte in diesem Teil, auf dem Campingplatz Las Cascadas, dann auf dem Platz Lago Negro und zuletzt auf dem Campingplatz Vulcan, der einer der schönsten Plätze der gesamten Tour ist. Das Strandcamp Santa Barbara liegt schon außerhalb des Parks, es ist aber trotzdem sehr angenehm, mal wieder mal eine Nacht direkt am Meer zu stehen. Dann geht es in den südlichen Teil des Pumalinparks, wir bleiben auf dem Campingplatz Ventisquero und machen hier eine schöne Wanderung in Richtung der riesigen Gletscher des Vulkans Michinmahuida.

Bei Regenwetter soll es weiter über die Carretera Austral gen Süden gehen, wir kommen aber nicht weit. Wir verlieren bei voller Fahrt das linke Hinterrad. So 20 m rutschen wir auf der Bremse über die Straße und stehen dann dort im Regen, weit weg von jeder Ansiedlung. Der Reifenhändler in Puerto Montt hat ein paar Schrauben nicht so recht angezogen. Zwei Kanadier in einem Tuktuk (indisches Dreiradtaxi) helfen uns, zusammen mit ihnen besorgt Marion im nächsten Miniort (so 20 km zurück) einen Mechaniker, der uns soweit wieder flügge macht, das wir zurück Richtung Puerto Montt fahren können. Zunächst aber übernachten wir auf einem Schotterplatz neben der Straße, um am nächsten Morgen zurück nach Chaiten zu fahren, dem Fährhafen für die Fähren zur Insel Chiloe hinüber, es ist die einzige Möglichkeit, über Asphaltstraße nach Puerto Montt zurück zukommen, der einzigen größeren Stadt in einem Umkreis von 500 km. Am frühen Nachmittag kommen wir in Chiloe an und fahren dann weiter gen Norden bis zum Camping Anderson kurz vor Puerto Montt. Der nächste Tag ist dann ausgefüllt mit Besuchen bei Toyota zur Reparatur des Womos, und des Reifenhändlers, um zumindest einen Teil der angefallenen Kosten ersetzt zu bekommen. Übernachten tun wir nicht in Puerto Montt, sondern im viel hübscheren Puerto Varas. Allerdings ist uns das Hostal Compas del Sur deutlich zu teuer, wir stellen uns im Ort neben stillgelegten Eisenbahngleisen in einer Wohnstraße hin. Am nächsten Tag kaufen wir in Puereto Montt doch einen Satz neuer Reifen, das ist in Chile sehr viel einfacher als in den anderen südamerikanischen Ländern. Dann bekommen wir neue Hinterradbremsen, die alten haben durch den Radverlust etwas gelitten. Und die neuen Radbolzen sind endlich bei Toyota angekommen und werden eingebaut. Unsere Alufelgen haben Spezial-Radmuttern. Die vom verlorenen Rad sind alle weg, wir konnten an der Unfallstelle keines wieder finden. Aber der Toyotahändler treibt in Puerto Montt tatsächlich andere Muttern auf, die passen und so ziehen wir froh los und wollen nochmal einkaufen, ehe es wieder in die Einsamkeit der Carretera Austral geht. Wir kommen genau 2 km weit,dann gibt es hinten einen Knall, wir bleiben mitten in der Rushhour auf einer belebten Kreuzung mit abgefallenem Hinterrad stehen. Was ich daraus gelernt habe???? Radbolzen und Radmuttern müssen zusammen passen, die "neuen" Muttern haben auf den Bolzen nicht gehalten und sich (zum Glück) bereits nach 2 km gelöst. Das war kein Fehler der Montage, die wurde ordnungsgemäß mit Drehmomentschlüssel durchgeführt, ich war dabei. Toyota spendiert mir eine neue Stahlfelge mit den Toyotaschrauben und jetzt endlich geht es los gen Süden. Trotz später Stunde kaufen wir ein, wir übernachten nicht im Hostal Campo Santy, sondern im gleichen Ort am Wasser neben einer Kirche und Schule. Wir eilen nach Hornopiren und wollen die Nachmittagsfähre nach Caleta Gonzales erreichen. Leider haben wir den 1. April und es fährt nur noch die Morgenfähre. Die nehmen wir dann und fahren durch bis zum Strandcamp Santa Barbara. Durch die ganze Geschichte haben wir 6 Tage verloren und können jetzt endlich gen Süden starten.

Samstag, 19.03.2016 In der Nacht hat der Wind alle Wolken weg gepustet, und hat uns einen wolkenlosen Himmel beschert. Wir erleben das mittlerweile als Geschenk von Petrus persönlich, denn normaler Weise ist es um diese Zeit hier längst nicht mehr sonnig, sondern eher „regnerisch“, beginnt doch der Herbst und liegt die jährliche Regenmenge hier bei deutlich über 1 m.

Nach einen sonnigen Frühstück beschließen wir, zum See „Lagos Todos Los Santos“ zu fahren. Hierzu müssen wir zuerst hinunter auf die Straße entlang des Sees und dann im kleinen Ort Ensenada den Abzweig zum Todos Los Santos nehmen

An der Straße entlang des Sees ist aber erst einmal Schluss, ein Radrennen läuft dort und die Straße ist deshalb gesperrt. Die Wartezeit nutzen wir, um etwas oberhalb die besagten Beeren von gestern, „Murta“ genannt, zu pflücken. Ich will daraus zumindest ein paar Gläser Gelee produzieren. Als wir fertig sind damit (Hartmut hilft mir natürlich dabei, obwohl er keine Marmeladenesser ist), ist die Strecke auch wieder frei. Wir reihen uns in einer lange Autokolonne ein, die hinter den letzten Rad-Nachzüglern nach Ensanada schleicht. Nun sehen wir, dass das Radrennen in Wirklichkeit ein Triathlon-Wettbewerb ist. Von hier aus machen sich die Athleten auf die Laufstrecke in Richtung Todos Los Santos. Am wilden Rio Petrohue entlang, vorbei an all den schwitzenden Läufern, geht es durch eine wunderbare Bergwelt, das Grün reicht bis an die Bergspitzen. Der Ort Petrohue am See ist knallvoll, haben wir doch Wochenende und die Sonne strahlt vom Himmel. Aber ein Stückchen weiter finden wir einen großen, freien Parkplatz direkt am Seeufer, an dem wir unsere Mittagspause machen. Eigentlich wäre das ein idealer Übernachtungsplatz, aber für uns ist es einfach noch zu früh.

Nach diesem Ausflug steht noch ein zweiter auf dem Programm: auf Asphaltstraße geht es zum Ort Ladrillos, der liegt an einem Fjord, der also schon Pazifikwasser führt. Wieder geht es durch eine wunderbare grüne Landschaft, ein Wiesental, bestanden mit dichtem „südlichen“ Urwaldgrün, weiß leuchten die Blüten des Ulmo-Baumes. Wir würden gerne am Fjord übernachten, finden aber nichts geeignetes und so müssen wir wohl oder übel etwa 15 Kilometer zurück fahren, bis zu einer offenen Fläche im Wald neben der Straße. Hier kann man halb verdeckt durch Brombeerbüsche stehen, wir haben diese Fläche schon bei der Herfahrt entdeckt.

Sonntag , 20.03.2016 Nach dem Frühstück fahren wir ein Stück die gleiche Strecke wieder zurück, und biegen dann nach Puerto Varas ab am Lago Llanquihue gelegen. Dort gibt es lauf iOverlander das Hostal Compas del Sur mit schnellem Internet. Unterwegs halten wir aber immer wieder an, um den wunderbaren Lago Llanquihue zu bewundern, und einen Topf Ulmo-Honig in Bio-Qualität zu erstehen. Das Hostal ist ein altes Haus mit einem kleinem Garten dahinter, in dem wir, zusammen mit zwei Zelten, stehen. Normalerweise würden wir hier nicht unbedingt übernachten wollen, aber wir können unsere Telefonate machen, Bilder hoch laden, und die dortige Waschmaschine bestücken. Als alles erledigt ist, essen wir direkt am See in einem empfohlenen Restaurant. Reise Know How hat das Restaurant zwar für Fischliebhaber empfohlen, aber genau das hat das Lokal nie auf der Karte, klassischer Irrtum vom Amt! Wir bleiben aber trotzdem, und das Essen ist wirklich gut.

 

Montag, 21.03.2016 Wir verlassen das Hostal „Compas del Sur“ mit dem Gefühl, in einem teurem Etablissement gewesen zu sein. Die Übernachtung kostete 22 €, für Strom und Wasser sollte man noch zusätzliche je 3 € bezahlen (insgesamt 6 €), die Waschmaschinenfüllung schlug mit etwas über 10 Euro zu Buche. Im Preis enthalten ist ein Frühstück, allerdings sollte man für Extras (Muesli, Eier und echter Bohnenkaffee!!) auch noch was drauf gezahlt werden.

Im nahe gelegenen Puerto Montt lassen wir unsere Reifen auswuchten und austauschen, die vorderen Reifen kommen jetzt nach hinten und die hinteren nach vorne, so werden sie hoffnungsfroh länger halten. Dann geht es zu einem letzten Großeinkauf vor der Carretera Austral in den großen Supermarkt vor Ort. Obwohl wir nun schon so lange unterwegs sind, ist es jedes Mal ein „Eiertanz“ genau das einzukaufen, was man für mindestens ein bis zwei Wochen braucht. Oft hat man dann zu viel an Bord, oder eben zu wenig. Da es schon spät ist, kommen wir auch nicht weit. In Lenca steuern wir deshalb das Hostal Campo Santi an, eine Mischung aus Bauernhof plus Cabanas plus Stellplatz für unser Womo, als Beigabe ein äußerst verschmuster Hund. 

Dienstag, 22.03.2016 Im ersten Teil der Carretera Austral bis zum Pumalin-Park muss man dreimal eine Fähre benutzen. Zweimal ist die Strecke kurz, aber einmal dauert sie immerhin 3 ½ Stunden. Für diesen Teil empfiehlt der Reiseführer eindringlich, die Fähre vorzubuchen, selbst außerhalb der Hauptsaison. Grundsätzlich hätten wir das gestern in Puerto Montt machen können, wären dann aber nicht mehr aus dieser Stadt heraus gekommen und hätten uns in diesem Ort einen Übernachtungsplatz suchen müssen.

Es nieselt, als wir in Richtung Arena fahren, für die erste Fähre von den dreien. An der Anlegestelle wartet schon eine lange Autoschlange, aber wir haben Glück, und kommen als vorletztes Fahrzeug auf die Fähre. Es geht entlang einer wunderschönen Fjordküste und wir sehen mehrmals Seehunde im Wasser, damit hatten wir nun gar nicht gerechnet.

Bis nach Arenas hatten wir eine Asphaltstraße, aber jetzt hört sie schnell auf. Es sind 50 km bis nach Hornopiren, dem nächsten Fährhafen. Die Straße ist mehr oder wenig wellig, zum Glück fehlen die großen Löcher, die meinem Rücken doch zu schaffen machen. Hartmut ist etwas nervös wegen der fehlenden Vorbestellung. Wir hoffen aber, dass jetzt, in der Nachsaison, sich das Verkehrsaufkommen in Grenzen hält. Wir beeilen uns deshalb und zum Glück gibt es zwei längere Asphaltstücke, so dass wir rasch in Hornopiren ankommen. Und wirklich, wir könnten sogar noch die Nachmittagsfähre um 16 Uhr nehmen. Aber wir entscheiden uns für die morgige Vormittagsfähre, die Fahrt entlang der Fjordküste soll sehr schön sein und wir wollen die Landschaft lieber am Tag sehen und nicht im Dunkeln. So verbringen wir den Nachmittag noch in dem kleinen Ort. Direkt am Wasser bietet sich eine kleine Fläche als Stellplatz für die Nacht an. Am Abend kommt die Sonne noch einmal hervor, und beleuchtet das Wasser am Fjord wunderbar.

Mittwoch, 23.03.2016 Obwohl wir versuchen, bei Vollmond „alle Schotten dicht zu machen“, schlafe ich bei Vollmond generell schlecht, und wälze mich von einer Seite auf die andere. Heute Morgen bin ich entsprechend müde, zumal wir wegen der Fähre früher aufstehen. Draußen regnet es, und zwar richtig. Der ganze Fjord liegt in dichten Nebel eingehüllt, also: wie se sehn, sehn se nix! Vielleicht hätten wir doch besser die Nachmittagsfähre gestern nehmen sollen.

Um 10.30 befinden sich alle Fahrzeuge auf der Fähre, Platz wäre nur noch für ein Fahrzeug gewesen. Hartmut steht im Regen draußen, und fotografiert die Regenlandschaft. Im Verlauf der Fahrt klart es tatsächlich auf, und sogar die Sonne lässt sich blicken.

Wir schippern durch eine grüne Fjordlandschaft, stellenweise haben wir Blicke auf Gletscher, und Blicke auf das offene Meer. Die Berge ragen hier fast senkrecht empor und sind oft bis oben hin bewaldet, immer wieder sieht man Gletscher, wir sind begeistert. Nach dreieinhalb Stunden verlassen wir die Fähre beim Ort Leptepu; von dort sind es 10 Kilometer bis zur nächsten, halbstündlichen Fährfahrt nach Caleta Gonzales, wo der Parque Pumalin anfängt. Leider müssen wir hier nochmal eine Stunde auf die nächste Fähre warten, unser Fahrzeug war das erste, dass nicht mehr auf die kleinere Fähre passte. So kommen wir um viertel nach vier in Caleta Gonzales an und stehen deshalb vor dem Informationszentrum des Parks quasi vor verschlossenen Türen. Wir wollen Wanderkarten für den Park haben, aber es ist Nachsaison und irgendwie ist alles ausgegangen. Außerdem hätten wir gerne mal einen Blick ins Infocentrum geworfen, aber drinnen ist irgendeine Personalversammlung und der junge amerikanische Manager ist zwar nett, lässt uns aber nicht mal für drei Minuten zum kurzen Gucken hinein, schade.... Aber zumindest schreibt er uns eine Liste der Wanderwege auf, die wir gehen können.

Die Carretera Austral führt jetzt mitten hinein ins tiefe und dichte Grün des gemäßigten Regenwaldes. Wir fahren bis zum Campingplatz Las Cascadas Escondidos, um dort zu übernachten. Im Reiseführer finden wir zum Parque Pumalin folgenden Eintrag: Der Parque Pumalin ist der weltweit größte Naturschutzpark in Privatbesitz. Der amerikanische Millionär Doug Tomkins richtete ihn gegen den teilweise erbitterten Widerstand der Chilenen ein. 2005 wurde der Park zum Naturschutzgebiet erklärt. Der Park schützt zum Beispiel die Alerce – Bestände, das sind Baumriesen, auf die wohl jede Holzkompanie noch heute ein begehrliches Auge wirft.

Der Campingplatz ist vom Feinsten; jeder Site hat einen Rasenplatz für das Zelt, einen Stellplatz für das Auto, und eine komfortable, offene Hütte mit Tisch und Bänken. Es gibt saubere WC, (kalte) Duschen und Waschbecken. So, wie dieser Platz, sind alle weiteren Plätze im Park eingerichtet. In den großen Fuchsienhecken schwirren Kolibris und dicke Hummeln auf Futtersuche hin und her. Für mich ist es faszinierend, die kleinsten Vögel der Welt in großer Zahl in der freien Natur zu erleben.

Leider wartet im Womo wieder einmal eine feuchte Überraschung auf uns: an meinem Kopfende sehen wir, ich weiß nicht, zum wievielten Mal, einen Wasserfleck.Wir drehen die Matratze erst mal zum Fußende hin um, und Hartmut zermartert sich, wieder einmal, sein Hirn, was er tun kann, um die Leckage zu finden und ab zu dichten.

Donnerstag, 24.03.2016 Während Hartmut noch einmal versucht, unsere Dachluke mit Hilfe unserer grünen LKW-Folie aus den USA (die immer weniger wird!!) ab zu dichten, unterhalte ich mich mit einem netten jungen Argentinier, und gehe mit der Kamera auf „Kolibrijagd“, leider ohne Erfolg, die kleinen „Drohnen“ sind einfach zu fix. Als Hartmut fertig ist, machen wir einen Spaziergang auf dem kurzen „Sendero Alerce. Die Alercebäume sind endemische Bäume, und es gibt sie nur noch an wenigen Stellen in Südchile. Sie können bis zu 4 m dick und 60 m hoch werden und erreichen 4000 Lebensjahre. Sie wachsen sehr langsam und haben ein äußerst hartes Holz, die Spanier und später die Holzgesellschaften haben sie gnadenlos abgeholzt.

Die Baumriesen, die wir hier sehen, sind etwa 50 Meter hoch, und auch der Stammdurchmesser ist enorm. Sie sind Moos bewachsen, und beherbergen noch eine ganze Reihe anderer grüner Pflanzen. Durch so einen Wald zu laufen, ist für uns immer ein ganz besonders schönes Erlebnis. Gleichzeitig wird man aber auch etwas traurig und nachdenklich, weil man doch weiß, dass es mittlerweile solcher Parks bedarf, um die Natur, wo auch immer sie bedroht ist, zu schützen.

Am späteren Nachmittag fahren wir zum nächsten Campingplatz, dem Camping Lago Negro. Am nächsten Morgen wollen wir zu einem Mirador am See laufen, heute Abend ist aber wieder Kolibribeschau an den endlosen Fuchsienbüschen angesagt.

Freitag, 25.03.2016 Nach dem Frühstück fahren wir weiter auf der Carretera Austral durch den Park Pumalin. Ich throne dabei auf meinem 10 cm hohen Schaumstoffblock, und versuche, meinen Mann an den vielen Löchern vorbei zu navigieren, was der aber nicht so gerne mag……

Auch heute fahren wir wieder durch Spaliere von blühenden Fuchsienbüschen hindurch, aus denen die Kolibris von einer Straßenseite zur anderen schwirren. Dann taucht vor uns der Vulkan Chaiten auf, an mehreren Stellen rauchend. Wir biegen am Campingplatz Volcan ab, und fahren auf das weitläufige Gelände, auf dem sich gerade mal zwei Zelte befinden. Die ganze Anlage ist traumhaft gelegen, und traumhaft angelegt. Jeder Platz verfügt über einen Autostellplatz, einen Zeltplatz, sowie eine offene, überdachte Hütte mit Tisch und Bänken darin. Wir parken unser Womo, holen Tisch und Stühle, Weinflasche und -Gläser heraus, und genießen, die Sonne im Rücken, das tolle Panorama, was sich uns bietet. Vor uns erstreckt sich die lang gezogene, vergletscherte Bergkette des Vulkans Michinmahuida. Das Grün der Berge reicht bis an die Gletscherkante, einfach toll. Der Vulkan Chaiten ist auf diesem Platz verdeckt, den werden wir Morgen wieder zu Gesicht bekommen.

Am Eingang des Platzes befindet sich eine Rangerstation, und dort beginnt auch ein Lehrpfad mit 50 Stationen; leider gibt es an den Stationen aber keine Erklärung, was sich genau dort befindet, weder auf Spanisch, noch auf Englisch, schade!

Samstag, 26.03.2016 Nur ungern trennen wir uns von diesem schönen Platz, und machen uns auf den Weg nach Chaiten. 2008 ist 10 Kilometer entfernt der Vulkan Chaiten ausgebrochen. Da er sich 9000 Jahre lang nicht „gemeldet“ hatte, war den meisten Menschen seine Existenz überhaupt nicht mehr bewusst. Chaiten wurde 20 cm tief unter einem Ascheregen begraben, die Menschen wurden evakuiert. Zu allem Unglück staute sich der am Vulkan entspringende Rio Chaiten, und suchte sich ein neues Bett. Dabei riss er solche Schlammmassen mit sich, dass er einen Teil der Häuser in Chaiten mitriss, und sich der Strand des Ortes jetzt etwa 200 Meter von der Mole entfernt befindet. Nur der Hafen war noch intakt. Es gab Pläne, den Ort dauerhaft zu verlegen, das scheiterte jedoch am Widerstand der Bewohner.

Es geht noch etwa 15 Kilometer durch den Park, dann fahren wir wieder auf Asphalt. Unterwegs, auf einem Parkplatz, beobachten wir Delphine, die in Ufernähe auf Jagd nach Fischen sind. Sie versuchen, in Gruppen die Fischer zusammen zu treiben und kommen dabei immer wieder an die Wasseroberfläche.

In Chaiten selber steht erst mal der Kurzbesuch im Supermarkt an, danach wird getankt, und dann gratulieren wir Hartmuts Schwester zum Geburtstag. Dazu sitzen wir in Chaiten vor einem alten Reisebus, den zwei junge Deutsche in eine Art bessere Imbissbude umgewandelt haben, mit WIFI-Anschluss, versteht sich!

Übernachgen wollen wir am Strand Santa Barabara so 15 km zurück. Der soll schön sein, vor allem soll man dort ebenfalls Delphine und auch Seehunde sehen können. Schnell, bevor es kühl wird, stellen wir auch hier wieder Tisch und Stühle auf, um einen „Sundowner“ zu trinken, und den Delfinen und Seehunden, die hier am frühen Abend jagen, zuzuschauen. Leider kommen Wolken auf, und es wird hier am Pazifik dann wirklich schnell richtig kalt. 

Sonntag, 27.03.2016 Nach dem Osterfrühstück ( ich habe sogar ein paar „essbare“ Schokoeier aufgetrieben), geht es nach Chaiten zurück, wo Hartmut meinen Brief Nummer 36 samt vielen Bildern an Patrick schickt. Da das etwas dauert, kommen wir auch erst am Mittag los. Wir wollen zum Sektor El Amarillo des Park Pumalin fahren. Am dortigen Campingplatz Ventisquero gibt es einen Wanderweg, der zum Gletscher des Vulkan Michinmahuida führt.

Dieser Teil des Parks ist wirklich wie ein Park angelegt. Der Weg führt durch weite Rasenflächen, die von den Meter hohen Rhabarberpflanzen eingerahmt werden. Dann wieder fahren wir durch dichtesten Nebelwald, bis zum Campingplatz, der wieder in einem Park ähnlichen Gelände liegt. Wohl wissend, dass die komplette Wanderung hin und zurück etwa sieben Stunden dauert, machen wir uns auf den Weg; wir können zu jeder Zeit umkehren. Wir laufen entlang des Flusses aus dem Gletscher, der ist unglaublich breit und voller toter Bäume. Wir laufen über eine ebene Fläche, die dick mit der Asche des letzten Vulkanausbruchs des Chaiten bedeckt ist. Immer noch wachsen hier wilde Fuchsien und Büsche mit weißen, rosafarbenen, lilafarbenen und dunkelroten dicken Beeren daran. Aus der Ferne sehen diese Beeren wie Blumen aus. Langsam zieht sich der Himmel zu, und wir kehren um. Als wir am Womo sind, fängt es an, zu nieseln. Mal sehen, wie der morgige Tag wird.

Montag, 28.03.2016 Als wir heute morgen los fahren, nieselt es etwas, und wir nehmen zwei junge Backpacker mit, die sonst nur auf Schusters Rappen aus dem Park kämen, immerhin so um die 10 Kilometer. Im kleinen Ladengeschäft von Puma Verde, das sowohl Proviant, Bekleidung von North Face, als auch hochwertige Handarbeiten anbietet, schauen wir uns noch etwas um. Draußen fährt ein merkwürdiges Gefährt vor, dem zwei dick eingepackte junge Männer entspringen: was macht ein voll beladenes Tuk Tuk hier in Patagonien??? Es sind Dustin und Adrian aus Kanada, alte Freunde, die gerade von Kolumbien nach Tierra del Fuego „tuckern“, und von ihrer Reise einen Film drehen, den sie an eine Fernsehanstalt in den USA verkaufen können. Sie werden also eine ähnliche Reiseroute haben, wie wir. Unterwegs überholen wir die Beiden noch einmal, und dann fahren wir davon.

Ein paar Kilometer weiter, kurz hinter einer Brücke, ereilt uns dann das Unglück, es gibt ein Rattern hinten und dann ein Knall, das Womo macht einen Satz und schleift dann hinten über die Straße. Entsetzt steigen wir aus, hinten links liegt das Womo auf der Hinterradbremse, vom Hinterrad ist weit und breit nichts zu sehen und die Bremstrommel liegt im Straßengraben, wir liegen schief auf der Straße und es nieselt leise, nach Norden hin ist der nächste (Mini)Ort ist so 20 km entfernt, nach Süden kommt über 100 km gar nichts. Kurze Zeit später kommen die beiden Kanadier mit ihrem TukTuk vorbei und halten an. Sie sind es auch, die das Hinterrad im Wald neben der Straße entdecken und sie helfen uns bei dem Weiterem, in den nächsten Stunden sind sie uns eine verlässliche Stütze.

Das Womo liegt auf der Bremse und kann so nicht bewegt werden. Hartmut bockt es erst einmal mit dem Wagenheber hoch und beschaut den Schaden. Von den 6 Radbolzen sind drei abgerissen und drei sind total krumm und schief, die 6 Radmuttern sind irgendwohin verschwunden. Anscheinend hat der Reifendienst in Puerto Montt die Muttern nicht so richtig angezogen. Drei haben wir während der Fahrt verloren und die drei anderen Bolzen sind dann durch die Überlast abgebrochen. Die nächsten größeren Städte sind Puerto Montt (in ca 300 km Entfernung) und Calafate (in ca. 500 km), die Lage ist also etwas trostlos.

Wir müssen zum Einen das Womo von der Straße weg bekommen und dann müssen wir einen Abschleppdienst organisieren, der uns dahin bringt, wo es repariert werden kann. Dustin und ich fahren, so schnell es geht, zum Ladengeschäft von Puma Verde zurück, um einen Abschleppwagen zu organisieren. Die ganze Zeit nieselt es heftig, es ist ungemütlich kalt. Nach dem wir der jungen Verkäuferin den Ernst der Lage klar gemacht haben, tut sie ihr Bestes, um einen Ansprechpartner aus Chaiten ans Telefon zu bekommen. Nach gefühlten zwei Stunden taucht dann ein junger Mechaniker auf, der mit mir zum Auto fährt, um sich ein Bild der Lage zu machen.

In dieser Zeit hat Hartmut die total verbogene Rückwand der Bremstrommel etwas gerichtet und es nach vielen Versuchen geschafft, das Rad mit zwei der drei noch vorhandenen Bolzen zu befestigen, der dritte war nicht zu gebrauchen. Sie haben das Womo dann wieder abgelassen und es schrittweise und gaaaaanz langsam auf einen kleinen Schotterplatz neben der Straße wenige Meter zurück zu fahren.

Der Mechaniker besichtigt den Schaden und versichert dann, er könne das Rad wieder so weit gangbar machen, dass wir damit zumindest erst mal fahren können. Dann düst er zurück nach Chaiten (40 km zurück), um Werkzeug und vor allem 6 neue Radbolzen und -schrauben zu holen. Um 6 Uhr ist er wieder da und montiert die Bolzen und dengelt das total verbogene Hinterteil der Bremse so weit aus, dass sich die Bremstrommel wieder dreht, auch wenn die Schleifgeräusche deutlich hörbar sind. Dann will er das Rad wieder montieren und muss erkennen, dass seine Radschrauben nicht in unsere Alufelge passen. Also packt er das komplette Rad ins Auto und düst wieder nach Chaiten, um dort den Reifen auf eine normale Stahlfelge zu ziehen, für die seine Radmuttern passen. Um 9:30 Uhr ist er wieder mit dem „neuen“ Rad da, es wird montiert und dann mache ich eine kurze Probefahrt, jetzt ist es 10:30 und schon seit langem stockdunkel. Der Mechaniker kassiert sein Geld und verschwindet im Dunkeln. Wir wollen die Nacht auf dem Schotterplatz verbringen und morgen früh nach Chaiten zurück fahren, es soll dann von dort aus eine Fähre nach Puerto Montt gehen. Dustin und Adrian haben beschlossen, die Nacht, neben uns, auf einem Rasenstück zum verbringen. Dustin schläft in seinem Zelt, Adrian hat seine Hängematte kurzerhand unter die Brücke über den Fluss gehängt, wir sind beeindruckt. Wir beeilen uns, in unser Bett zu kommen, vielleicht haben wir ja Glück mit der Fähre morgen. Logischerweise sind wir total erledigt.

Dienstag, 29.03.2016 Am frühen Morgen fahren wir, angespannt bis in den letzten Nackenmuskel, die 40 Kilometer zurück nach Chaiten. Wird das Rad halten, was der Mechaniker versprochen hat?? Es hält (im doppelten Wortsinn), aber die angekündigte Fähre nach Puertzo Montt fährt erst in zwei Tagen, heute gibt es nur eine Fähre zur Insel Chiloe. Nach einiger Überlegung entschließen wir uns, nicht die zwei Tage in Chaiten zu warten, sondern die Fähre nach Chiloe zu nehmen und von dort aus über Asphaltstraße die 250 km bis Puerto Montt zu fahren. Um 11 Uhr befinden wir uns dann auf der Fähre und am Nachmittag landen wir auf der Insel. Wir fahren gleich weiter und Hartmut hält immer wieder an, um das Hinterrad zu prüfen. Die Bremstrommel schleift und wird ganz schön heiß. Mit der Zeit schleift sie sich aber ein und die Hitze nimmt ab. Wir schaffen es tatsächlich bis kurz vor Puerto Montt, wo wir nach einiger Sucherei einen offenen Campingplatz finden, den Campingplatz Anderson.

 

Mittwoch, 30.03.2016 Als wir im Nieselregen auf Puerto Montt zu fahren, kommt mir der Begriff „Großkampftag“ in den Sinn, und genau so läuft dann auch alles ab. Im Toyota-Servicebetrieb wird die Bremse ausgedengelt; leider haben sie keine Bremsbolzen für uns. Erst jetzt, auf mein intensives Nachfragen hin, erfahren wir vom eigentlichen Toyota-Betrieb in der Stadt, und machen uns sofort auf den Weg. Wir haben Glück im Unglück, denn der Geschäftsführer mit deutschen Großeltern spricht perfekt Deutsch.

Aber trotzdem können wir nichts beschleunigen, denn Einiges muss gemacht werden: die Stoßstange und das Schutzblech werden repariert, ein Luftfilter und das Rücklicht erneuert, die Stehbolzen sollen bis morgen Mittag in der Werkstatt sein. Das Problem mit den verlorenen Radschrauben löst der Werkstattmeister auf seine Weise: irgendwo in der Stadt hat er solche Schrauben nämlich schon mal gesehen.Nach der Mittagspause und einem Streifzug durch die Stadt kommt er mit den erforderlichen Schrauben triumphierend zurück.

Der Geschäftsführer fährt zwischendurch mit Hartmut zum Reifenhändler, dessen „Service-Kräfte“ den ganze Schlamassel verursacht haben. Dieser verspricht, nach Rücksprache mit seinem Chef um 15 Uhr in die Werkstatt zwecks Besichtigung des Schadens zu kommen. Als nach erfolgter Reparatur am späten Nachmittag immer noch Niemand aufgetaucht ist, fahren wir zum Reifenhändler, in der festen Absicht, uns dort nicht weg zu rühren, bis er für den finanziellen Schaden aufgekommen ist. Wir stellen uns quer vor die Fahrzeuge, die gerade gewartet werden, und konfrontieren den Geschäftsführer mit unserem Ansinnen. Es geht hin und her, es wird telefoniert, Rechnungen addiert, mit dem Chef telefoniert, die Polizei erscheint auf der Bildfläche, ebenso der von uns herbei gerufene Geschäftsführer von Toyota: großes Theater vor Publikum. Der Toyotageschäftsführer telefoniert nun lange und eindringlich mit dem Chef des Betriebes (der es vor gezogen hat, nicht zu erscheinen), und erreicht, dass wir wenigstens den Teil der Unkosten ersetzt bekommen, für den wir Rechnungen vorlegen können. Für das Geld für den Mechaniker auf der Carretara Austral haben wir natürlich keine Rechnung und außerdem fehlt das Geld für die Bremsenreperatur, deren Notwendigkeit wir erst am nächsten Tag erkennen mussten. Und dann ist da immer noch das ausgedengelte Rückteil der Bremse, das bei Rechtskurven doch vernehmlich an der Bremstrommel schleift. Besser wäre ein Neuteil, aber dessen Beschaffung hätte zu lange gedauert. Anschließend fahren wir die 10 Kilometer nach Puerto Varas, wo wir in einer stillen Seitenstraße tatsächlich eine ruhige Nacht haben.

 

Donnerstag, 31.03.2016 Schon gestern haben wir beschlossen, doch alle 4 Reifen in Chile zu erneuern. Chile ist für ein recht breites Reifenangebot bekannt und ich will nicht später in Uruguay oder Argentinien Probleme bei der Reifenbesorgung haben. Toyota hatte sich ein Angebot vom größten Reifenhändler der Stadt geholt, das uns zusagte, und so sind wir früh um kurz nach 9 Uhr bei diesem Händler. Als der Mechaniker die Bremstrommeln abnimmt (um die Handbremse nachzustellen), sieht er, dass am Unglücksrad der Bremszylinder defekt ist und außerdem der Handbremszug gerissen ist. Für alles hat er Ersatzteile und so wird die ganze Angelegenheit etwas größer.

Angeboten hatte er uns die Goodyear-Reifen, die ich auch auf dem Womo habe. Plötzlich stellt es sich aber heraus, dass er eben diesen Reifen nicht in passender Größe hat, sondern „nur“ einen Michelinreifen, den ich dann nehme. Mittags wollen wir bei unserem Unglücksreifenhändler sein, um das Geld abzuholen und dann um 3 Uhr beim Toyotahändler, um die neuen Radbolzen einzubauen, die Zeit war also knapp. Leider verrinnt die Zeit, immer wieder stehen wir neben dem zuständigen Mechaniker, der gern für ein Schwätzchen zum Kollegen gegenüber enteilt. Wir drängeln beim Chef, es werden dann tatsächlich auch zwei Mechaniker abkommandiert, die aber nur unregelmäßig am Auto werkeln. Und so wird es 14 Uhr, ehe wir fertig werden, wir eilen zum anderen Reifenhändler zwecks Geldabholen und sind dann um 15:30 bei Toyota. Dort werden die neuen Radbolzen eingesetzt und alles ordnungsgemäß montiert.

Endlich ist alles fertig, und unter großer Anteilnahme rollen wir, unendlich erleichtert, aus der Werkstatthalle. Wir streben dem nächsten großen Supermarkt zu, gibt es doch weiter südlich nur wenig einzukaufen. Es ist Rush-Hour und wir kriechen im Stau um eine Kreuzung, als es hinten wieder rumpelt und knallt und es einen Schlag gibt, wir stehen mal wieder ziemlich schräg auf der Straße. Das neu montierte Hinterrad hat sich wieder gelöst und das Womo liegt auf der Bremstrommel auf, die 6 Radmuttern können wir auf der Straße einsammeln. Es ist nicht weiteres beschädigt worden, nur die Alufelge hat einige Blessuren bekommen, wir sind zum Glück sehr langsam gefahren. Aber trotzdem bekomme ich fast einen Nervenzusammenbruch, so langsam reicht es mir mit den abfallenden Rädern.

Ein Autofahrer ruft bei Toyota an und nach weiteren 30 Minuten sind sie da und beschauen sich das Ganze. So recht verstehen sie es nicht, wurde doch das Rad ordnungsgemäß mit Drehmomentschlüssel montiert. Sie besorgen rasch das „alte Hinterrad“ vom Reifenhändler mit dem alten Reifen, montieren es auf das Womo und so fahren wir zurück zu Toyota. Auch hier rätseln die Experten, was passiert ist. Wie vergleichen die neuen mit den Originalmuttern von Nesgtle, die „neuen“ Radmuttern sind etwas dünner als die Originalmuttern, haben aber natürlich dasselbe Gewinde, außerdem sind sie verchromt. So recht nachvollziehen können wir es nicht, dass sich die Muttern bereits nach 2 km alle gelöst haben, aber wir müssen feststellen: eine Radbefestigung geht korrekt nur dann, wenn Bolzen, Felge und Radmuttern exakt aufeinander abgestimmt sind, „fremde“ Muttern sind gefährlich. Toyota selber trifft keine Schuld, alle Montagen wurden ordnungsgemäß mit Drehmomentschlüssel durchgeführt, wir waren dabei. Toyota spendiert eine Stahlfelge und die passenden Radmuttern, der enue Reifen wird darauf montiert. Wir packen unsere Alufelge ein, und treten zum zweiten Mal unter noch deutlicherer Anteilnahme dewr Toyota-Mitarbeiter die Weiterreise an. Um Zeit zu sparen, hetzen wir zum nächsten Supermarkt, schmeißen in den Wagen, was wichtig ist, und fahren an diesem Abend noch 50 Kilometer die Carretera Austral entlang. Wir übernachten wieder in Lencas, allerdings nicht mehr im Hostal Camp Santy, sondern neben einer Kirche und Schule direkt am Wasser der Bucht. Wir haben insgesamt 6 Tage verloren.

Freitag, 01.04.2016 Beim Frühstück beobachten wir das Treiben vor der Schule und machen uns dann bei schönstem Wetter auf den Weg, wir kennen die Tour ja schon. Wir wollen versuchen, die Nachmittagsfähre in Hornopiren zu bekommen und beeilen uns deshalb. In letzter Sekunde geht es auf die erste Fähre in Las Arenas, dann folgen 50 Kilometer Gravelroad und Asphalt, immer abwechselnd. Wir beeilen uns und sind tatsächlich schon um 13:30 in Hornopiren. Hier ist aber alles totenstill, niemand ist da, um auf die Fähre zu warten. Wir erfahren, seit heute (dem 1. April) gilt der Winterfahrplan und der sieht nur eine Morgenfähre vor. Um 15 Uhr können wir aber zumindest für den nächsten Tag die Fähre buchen; trotzdem, für mich heißt das: wieder ein Tag mehr weg!

 

Samstag, 02.04.2016 Um 10.30 geht die Fähre los, und da es draußen ziemlich bewölkt und kalt ist, bleiben wir die meiste Zeit im Womo. Als die Fähre in Leptepu anlegt, fahren wir, so schnell es der Wagen erlaubt, die 10 km Gravel zur nächsten Fähre, denn wir wollen nicht noch einmal mit einer Fähre später fahren , nur weil wir zu spät ankommen. Der Angestellte der Fährgesellschaft dirigiert jedoch ein Fahrzeug nach dem anderen an uns vorbei, und ich bekomme einen Wutanfall. Als eines der drei letzten Fahrzeuge dürfen wir dann doch noch an Bord und fahren die Schlussetappe nach Caleta Gonzales. Im Pumalin Park füllen wir an einem der Campingplätze unser Wasser auf, und fahren durch bis kurz vor Chaiten, wo wir am Strand von Santa Barbara den Abend und die Nacht verbringen, genau so wie vor 6 Tagen.

Zusammenfassung 03.04. bis 05.04.2016: Nun geht es endlich gen Süden auf die Carretera Austral. Wir verlassen das Strandcamp Santa Barbara und fahren an Chaiten vorbei. Der Vulkan Chaiten raucht kräftig, im Gegenlicht gut zu sehen.Es geht auch vorbei am Abschnitt Amarillo des Pumalinparks, die Gletscher des Vulkans Michinmahuida leuchten im Sonnenlicht und vorbei an unserer Unfallstelle, hier finde ich nur noch Splitter eines gebrochenen Rücklichts von unserem Womo. Es geht vorbei am wunderschönen See Yelcho, wo wir in einer Edellodge unser Sonntagsmittagsessen haben, entlang von Flüssen in einsamen Waldtälern, bis wir zum Rio Palena kommen, an einem Nebenarm des Flusses übernachten wir. Am nächsten Tag geht es vorbei ab der Reserva Nacional Lago Rosselet und dem Nationalpark Quelat, wir kommen zum kleinen Ort Puyuhuapi, der an einem Fjord liegt. Hier waren wir schon auf unserer Fahrradtour vor 9 Jahren, Volker hatte hier einen Sturzschaden auskuriert.

Entlang des Fjordes geht es weiter durch den Nationalpark Quelat, wir queren einen Pass und kommen dann zum See Las Torres, wo wir übernachten.

In Coyhaique, der einzigen größeren Stadt hier, wollen wir eigentlich etwas bleiben, vor allem zum Wäschewaschen, aber auch zum bummeln. Aber das Wetter ist schön (am nächsten Tag soll es regnen) und so fahren wir gleich weiter durch eine (Überraschung!!!) Steppenlandschaft. In den 40er Jahren wurde hier der Wald durch Brandrodung beseitigt, die Landschaft leidet heute noch darunter. Bei schöner Sonne geht es bis in die Reserva Nacional Cerro Castillo, wo wir auf einem Nationalparks-Campingplatz Laguna Chiguuay übernachten. Und wirklich, am nächsten tag regnet es, es ist kalt und wir fahren weiter nach Argentinien. Die Berichte hierzu sind im Kapitel Argentinien zu finden.

Sonntag, 03.04.2016 Nach einem kurzen Strandspaziergang machen wir uns auf den Weg gen Süden. An der Unfallstelle halten wir nochmal kurz an. Wir haben ein Auslassventil unseres Abwassertanks hier verloren, finden den aber nicht. Dafür finden wir Teile unseres kaputten Rücklichts, dann geht es weiter. Recht schnell beginnt dann auch die Gravelroad, Coyhaique, die nächste größere Stadt an der Carretera, ist ungefähr 500 Kilometer entfernt; hier sollte jetzt nichts mehr passieren. Nach kurzer Strecke kommen wir zum Lago Yelcho, der wunderbar in den vergletscherten Bergen liegt. Hier ist es absolut einsam, am See liegt aber das schöne Hotel/Restaurant Yelcho En La Patagonia. Wir kommen gerade zur Mittagszeit vorbei, stoppen und genießen dort ein vorzügliches „Sonntagsmenue“. Bedient werden wir von einem Argentinier, den wir vor 9 Tagen im Pumalinpark getroffen haben. Er hat hier ganz frisch angefangen, so klein ist die Welt.

Es geht entlang des Parque National Corcovado, der wunderbare Blicke auf Schnee und Eis bedeckten Bergen bietet. Leider ist er total unzugänglich, es gibt nicht einen Wanderweg hinein. Douglas Tompkins, der den Park mit begründet hat, schenkte dem chilenischen Staat 80.000 ha, wenn das Militär weitere 80.000 ha dazu gibt und der Staat nochmal 167 000 ha. Die Regierung stimmte zu und so wurde um 2008 ein Nationalpark daraus. Tompkins Ansinnen war aber mehr der Schutz der Natur und nicht das „Menschenvergnügen“ darin, so ist er bislang total abgeschlossen und nicht zugänglich.

Im Ort Villa Santa Lucia kommen Erinnerungen hoch: hier ist Hartmut mit seinen beiden Freunden Jochen und Volker, aus Argentinien kommend, in die Carretera eingebogen. Es geht immer weiter entlang des Corcovado Parks und dann entlang des Rio Palena. Am Abend stellen wir uns in der Nähe des Ortes La Junta auf einen vergleichsweise engen Platz an einem Fluss. Auch hier verhindern die Zäune die weitere Suche, es ist mit der einzige zaunlose Zugang zum Fluss. Hier bekommen wir Besuch von einigen Kühen, denen wir offensichtlich den gewohnten Weg zum Wasser versperren. Sie starren uns viele Minuten regungslos an, aber auch Kühe sind lernfähig, und wählen nach ein paar Minuten einen kleinen Umweg über einen Hügel.

Montag, 04.04.2016 Heute Morgen will die Sonne nicht so recht hervor kommen, erst im Laufe des Tages entdecken wir etwas blauen Himmel. Die Strecke führt jetzt entlang des Lago Risopatron und ist zum großen Teil von Baustellen gekennzeichnet. In ein paar Jahren wird bald die ganze Carretera Austral asphaltiert sein. Natürlich passt die alte Straße optisch viel besser zu den Schnee bedeckten Bergen und dem dichten Grün, andererseits könnten dann aber auch Menschen diese Strecke befahren, die aus gesundheitlichen Gründen bisher davor zurück geschreckt sind.

In Puyuhuapi kommen wir zum einzigen Mal auf der Strecke an einen Fjord, direkt am Fjord machen wir unsere Mittagspause. Der Ort wurde 1938 von vier Junggesellen aus Schlesien gegründet; einer der Männer baute in einem Nachbarort eine Teppichfabrik auf, die noch heute existiert, und Einzelaufträge aus aller Welt ausführt.

Beim Verlassen des Ortes fahren wir auch am Hostel Alemania vorbei, in dem seinerzeit Hartmut mit seinen Fahrradfreunden übernachtet hat. Wir fahren zunächst immer am Fjord entlang, dann verläuft die Strecke mitten durch den Nationalpark Queulat, der ebenfalls viele Gletscher vor zu weisen hat. Die Straße windet sich einen Pass empor, wir bewundern die dichte Vegetation und riesige, uralte Bäume. Vor der Passhöhe dann gibt die Straße den Blick auf ein großes Gletscherfeld frei, direkt hoch über uns. Ein paar Wanderer stehen verfroren auf dem Parkplatz, und sind froh, über jedes Mitnahmeangebot in Richtung Norden. Dann geht es in abenteuerlichen Kehren den Pass hinunter, dabei haben wir immer die Schnee bedeckten Berge mit ihren Gletschern in einer ansonsten menschenleeren Landschaft im Blick, rechts von der Straße glitzert der wilde Rio Cisnes. Am Lago Las Torres finden wir, etwas unterhalb der Straße, einen einsamen CONAF-Campingplatz, auf dem wir trotz der Nähe zur Straße eine ruhige Nacht verbringen.

Dienstag, 05.04.2016 Unser Plan für heute: nach Coyhaikque zu gelangen, und dort eventuell zu waschen und zu telefonieren. Es soll dort ein Hostal mit deutschen Inhabern geben; oft kann man in solchen Hostals über Nacht stehen und die Waschmaschine benutzen.Wir folgen dem Lauf des Rio Manihuales, ein mittlerweile schon breiterer Fluss. Wir bewundern die immer noch blühenden Fuchsien, sowie die Rosenbüsche, deren rote Früchte aus der Ferne wie Blüten aussehen. Die Gegend wird jetzt deutlich trockener, und als wir Coyhaique endlich sehen, liegt diese Stadt inmitten einer Steppenlandschaft; wir sind total überrascht. Das Hostal erweist sich als Flop, im kleinen Minigarten hat nur das Fahrzeug des Besitzers Platz. Also gehen wir Einkaufen, Wasser fassen, Tanken, Sika Flex Klebstoff und einen Ersatz für unseren beim Unfall abgerissenen Abwasserhahn kaufen. Weil das Wetter ab Morgen schlecht werden soll, beschließen wir, den heutigen Sonnentag noch zu nutzen, und auf die große Wäsche zu verzichten und gleich weiter zu fahren. An drei Tankstellen versuchen wir, unseren Wassertank aufzufüllen, leider vergeblich. Auf unsere Bitten hin dürfen wir schließlich Wasser im Hostal gegen eine kleine Spende für die Kaffeekasse auffüllen. Es geht weiter durch eine regelrechte Steppenlandschaft, überall Gras und kaum Bäume oder Büsche, Rinder sieht man kaum. Wo sind nur die vielen grünen Wälder geblieben??

Wir kommen bis zu einem CONAF-Campingplatz in der Reserva Nacional Cerro Castillo. Mittlerweile ist es lausekalt geworden, die Sonne ist verschwunden. Dort treffen wir auf ein freundliches junges Paar aus Tschechien, das den dortigen Holzofen gefüttert hat, um an eine heiße Dusche zu kommen. Da so ein Badeofen deutlich mehr heißes Wasser enthält, als für zwei Duschen notwendig ist, haben sie gleich noch in einem großen Behälter Wäsche gewaschen, und das alles bei Temperaturen kaum über Null Grad. Eine Heizung haben die beiden jungen Leute in ihrem alten Toyotabus natürlich nicht, aber angeblich warme Schlafsäcke, und außerdem, mit 25 oder 30 Jahren friert man nicht so schnell, wie wir. Wir dagegen starten unserer Heizung und haben es schnell mollig warm in unserem Womo.

Wir fahren am nächsten Tag hinein nach Argentinien. All das kann im Kapitel Argentinien nach verfolgt werden.